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Versandhandel

Online-Händler leiden unter Gratis-Rückversand

Der Online-Versandhandel boomt, fast 40 Prozent aller Österreicher bestellte laut der Österreichischen Verbraucheranalyse im Vorjahr bei Shops wie Amazon oder Zalando. Doch der Erfolg ruft auch Kritiker auf den Plan. In Österreich wurden 2012 allein von der Post mehr als 65 Millionen Pakete transportiert, davon entfielen rund 20 bis 30 Millionen Stück auf den Versandhandel (Sendungen und Rücksendungen). Vor allem die Rücksendungen, die bei vielen Anbietern sogar kostenlos sind, erhöhen das Lieferaufkommen deutlich.

Einige große Online-Versandhändler wie Amazon, Zalando, Otto, mytoys, C&A, H&M und Lidl haben in einer Umfrage der Bild allerdings schon erklärt, dass sie von der neuen Regelung keinen Gebrauch machen und die Rücksendekosten weiterhin übernehmen wollen.

So wird beispielsweise bei Amazon, dem derzeit größten Online-Versandhändler, mit einer Retourenquote von rund 30 Prozent gerechnet. Das bedeutet, dass jedes dritte Paket wieder zurückgeschickt wird. Dieser Umstand ist vor allem auf Mode-Artikel zurückzuführen, auf die als einzige Produktgruppe ein umfassendes Rückgaberecht gewährt wird. Alle anderen Produkte müssen defekt, falsch zugestellt oder beschädigt sein. Beim Mode-Händler Zalando wird sogar mit einer Rücksendequote von 50 Prozent gerechnet.

Falsche Größe bald kostenpflichtig
Viele verschätzen sich ganz einfach bei der Wahl der Größe, der Aufwand für den Transport fällt dennoch an. Laut einer Studie, die 2011 in Deutschland durchgeführt wurde, war "falsche Größe" in 75 Prozent der Fälle der Grund für die Rücksendung von Schuhen. Optische Gründe, wie "Gefällt mir nicht" oder "Hatte mir den Artikel anders vorgestellt" sind in der Minderheit.

Nach der Rücksendung werden die meisten Produkte neuverpackt oder im Falle von beschädigten Artikeln repariert, dennoch sind knapp zehn Prozent aller Retouren nicht mehr für den Weiterverkauf geeignet. Das ist ein großer finanzieller Aufwand für die Versand-Händler, die

ab dem 13.Juni 2014 jedoch zumindest die Kosten für den Versand an die Kunden weitergeben könnten. In Deutschland wollen rund 76 Prozent aller Online-Versandhändler davon Gebrauch machen, vor allem kleine Shops.

Otto, Amazon und Zalando wehren sich
Doch gerade die großen Unternehmen sträuben sich derzeit noch dagegen und wollen die Retour-Pakete weiterhin kostenlos entgegen nehmen. Die Otto-Gruppe (mit Universal, Otto und Quelle in Österreich vertreten) will nach eigenen Angaben die EU-Richtlinie nicht umsetzen. Gegenüber der futurezone betonte man, dass die Retourenquote mit besserer Kundeninformation statt höherer Kosten für den Kunden reduziert werden soll. Pro Tag gehen knapp 8.000 bis 10.000 Retourenpakete bei Otto Österreich ein. Auch Zalando will die EU-Richtlinie trotz

nicht umsetzen.

Selbstbedienung bei der Post
Die Post versucht derzeit die Last auf anderen Wegen zu reduzieren. Mit Hilfe von Abgabeboxen sowie Post24-Stationen soll es künftig einfacher möglich sein, Pakete aufzugeben oder entgegenzunehmen. Insgesamt gibt es in Österreich 110 derartige Abgabeboxen, an denen Pakete ohne Hilfe des Mitarbeiters aufgegeben werden können. Diese werden vor allem für Retouren verwendet, laut Post gehen 80 Prozent dieser Pakete an Versandhändler.

Auch die Zahl der Post24-Filialen - Selbstbedienungsfilialen, in denen man Sendungen empfangen und Retouren versenden kann - soll bis zum Ende des Jahres von 25 auf 35 wachsen. In den bereits bestehenden Filialen sollen laut Michael Homola, Pressesprecher der Post, Abholwände eingerichtet werden, die eine "Indoor-Variante der Post 24-Stationen" sein sollen.

Amazon Blacklist
Eine etwas ungewöhnliche Idee zur Reduzierung der Quote kommt von Amazon. Auf einer sogenannten "Blacklist" kann der Amazon-Kunde Produkte eintragen, die er auf keinen Fall geschenkt bekommen möchte. Wählt nun ein anderer Amazon-Kunde das "unerwünschte" Produkt aus und will es ihm als Geschenk schicken, erhält der Beschenkte automatisch eine Gutschrift über den Betrag und der Schenker erfährt nichts davon. Die Funktion wurde bislang noch nicht implementiert, allerdings bereits vor einigen Jahren von Amazon patentiert.

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Klassischer Versandhandel in der Krise:
Laut der Österreichischen Verbraucheranalyse gab es 2012 erstmals seit Jahren wieder mehr Kunden, die ihre Produkte online, per Brief oder Telefon bestellten. Nahmen 2008 noch 43 Prozent aller Befragten Versandangebote in Anspruch, fiel dieser Wert bis 2011 auf ein vorzeitiges Tief von 32 Prozent. Im Vorjahr ging es mit 34 Prozent erstmals wieder aufwärts, nicht zuletzt dank des massiven Wachstums im Online-Versandhandel.

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