
Autorinnen kämpfen gegen Wikipedias Frauenproblem
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Beatrice Alice Hicks war die erste weibliche Ingenieurin, die 1942 von Western Electric angestellt wurde. Bis vor kurzem gab es von der Technikerin keinen Eintrag auf der deutschsprachigen Wikipedia-Webseite. Die Liste der Pornodarstellerinnen ist dagegen sehr ausführlich bestückt und ihre Biografien glänzen mit Detailwissen.
Der Grund dafür: Bei der Online-Enzyklopädie, die von Freiwilligen bespielt wird und bei der jeder Mensch gleichermaßen mitarbeiten kann, beteiligen sich vor allem Männer. Nur rund zehn Prozent der aktiven Autoren sind Frauen. „Frauen sind mit ihrer Perspektive unterrepräsentiert, das hat mit der Prägung und der Wahrnehmung der Autoren zu tun“, erzählt Claudia Garad, die Geschäftsführerin von Wikimedia Österreich.
Edit-A-Thon in Graz

© Jean-Frederic CC BY
„Die Idee zu einem Editier-Marathon zum Thema„Kunst und Feminismus“, kommt ursprünglich aus New York, wo es bereits ähnliche Veranstaltungen mit namhaften Partnerorganisationen wie dem Museum of Modern Art (MOMA) gegeben hat“, erzählt Garad. Obwohl zur Teilnahme aus Gründen der Inklusion alle Geschlechter eingeladen waren, versammelten sich in Graz ausschließlich Frauen, um andere Frauen in die Wikipedia einzutragen.
Frustration durch Löschungen
Nicht alle der Anwesenden hatten bereits gute Erfahrungen gemacht. „Ich hatte vor zehn Jahren einen Beitrag verfasst, aber der wurde massiv verfremdet und im Anschluss wieder gelöscht“, erzählte eine der Teilnehmerinnen. Probleme wie dieses sind bei der Wikipedia auch jetzt noch allgegenwärtig, deswegen fiel im Zuge des Workshops auch relativ rasch das Wort „Frustrationstoleranz“.

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Frauen-Fokus
Weil sich die Community ihrem „Frauenproblem“ sehr wohl bewusst ist, gibt es auch das „Wikiprojekt Frauen“, das zur projektübergreifenden Arbeit an Artikel zu Frauenbiografien einlädt und in einer Liste „fehlenden Frauen“ aus allen Bereichen sammelt. „Das finde ich gut, dass es so etwas gibt. Bisher hatte ich davon noch nie etwas gehört“, erklärte eine der Teilnehmerinnen, die auf der Liste auch das fehlende Profil von Beatrice Alice Hicks entdeckt hatte und die Ingenieurin als eigenen Wikipedia-Artikel angelegt hat. Auch über Frauen im Kunst- und Kulturbereich wurden weitere neue Beiträge angelegt, etwa zur feministischen Autorin Michelle Tea oder der in Österreich lebenden Malerin Anenoma Crisan.
Doch beim Edit-A-Thon war unter den Frauen nicht alles eitle Wonne. Die Wikipedia verzichtet etwa bewusst auf gendergerechte Sprache, das heißt, alle Artikel werden in der Regel in generischen Maskulinum formuliert und Frauen sind „mitgemeint“. Das kam nicht bei allen Teilnehmerinnen gleichermaßen gut an. „Wenn das so ist, bin ich hier fehl am Platz“, so die Teilnehmerin. „Wenn sich das alle Frauen denken, dann wird sich an dieser Praxis nie etwas ändern. Man muss partizipieren, um als Teil der Community etwas zu bewegen“, sagt Garad.
Regelmäßige Treffen

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Disclaimer: Die Autorin dieses Artikels hat den Edit-A-Thon beim Elevate Festival mitorganisiert.
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