“Vater des russischen Internets” muss ins Gefängnis
Der russische Internetpionier Alexei Soldatov wurde zu 2 Jahren Gefängnis verurteilt, weil er während seiner Zeit als stellvertretender Minister für Kommunikation sein Amt missbraucht haben soll. Er hat die Anschuldigungen zurückgewiesen und sieht das Urteil politisch motiviert, wie das Center for European Policy Analysis berichtet.
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Kurze Zeit in der Politik
Der ausgebildete Nuklearwissenschaftler leitete Anfang der 90er-Jahre das RELCOM-Computernetzwerk in der damaligen Sowjetunion. Als die Sowjetunion zerfiel, half er beim Aufbau verschiedener Organisation mit, die seither das Rückgrat des russischen Internets bilden. 2008 wurde Soldatov stellvertretender Minister für Kommunikation unter dem Präsidenten Dmitri Medwedew.
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Seine Amtszeit dauerte nur 2 Jahre, da er nicht bereit war, Ideen der Regierung wie etwa die Entwicklung eines russischen Computerbetriebssystems und einer nationalen Suchmaschine zu unterstützen. Dies hätte zur Folge gehabt, dass sich das russische Internet stärker vom globalen Netz trennen würde.
Unrechtmäßig IP-Adressen verkauft
Der damalige Minister für Kommunikation, Andrei Lipov, beschuldigte Soldatov bereits 2019, in seiner Zeit als Vizeminister illegal Rechte an 470.000 IPv4-Adressen an ein Unternehmen in Tschechien übertragen zu haben, das Soldatov mitbesitzt. Lipov ist mittlerweile Leiter der russischen Internetzensurbehörde Roskomnadsor.
IP-Adressen sind nötig, um Geräten im Netz zugewiesen und sie somit adressierbar und erreichbar zu machen. Das Internetprotokoll IPv4 bietet theoretisch etwas über 4 Milliarden IP-Adressen, was in der Anfangszeit des Internets mehr als genug war. Mit der Verbreitung des Internets drohten die IPv4-Adressen allerdings auszugehen.
Durch das Protokoll IPv6 sollte dieses Problem umgangen werden. Es stellt 340 Sextillionen Adressen zur Verfügung, der Übergang verlief allerdings schleppend, sodass es mehrmals zu IP-Adressen-Knappheiten kam.
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Unheilbar krank
Laut russischen Medien geht die Anklage gegen Soldatov allerdings auf einen Streit um einen Internet-Domainnamen mit einem hohen Regierungsbeamten zurück. Soldatovs Sohn Andrei, ein im Ausland lebender Investigativjournalist, der in Russland wegen seiner Kritik an den russischen Militäraktionen in der Ukraine angeklagt ist, kritisierte das Urteil. Laut ihm dürfe sein 72-jähriger Vater gar nicht hinter Gitter gebracht werden, da er unheilbar krank sei.
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