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Boeing-Whistleblower: “Schrottteile” landeten in Dreamliner

Der strauchelnde Flugzeughersteller Boeing wird erneut von Whistleblower-Nachrichten geflutet. Jetzt meldet sich mit Merle Meyers, ein weiterer ehemaliger Mitarbeiter, zu Wort. Gegenüber CNN warf er dem Konzern vor, ausgemusterte Teile für den 787 Dreamliner weiterzuverwenden. 

Meyers sei 30 Jahre lang im Boeing Werk Everett in Washington als Qualitätsmanager tätig gewesen. Dort hätten Mitarbeiter regelmäßig Teile von einem internen „Schrottplatz“ verwendet, die eigentlich als fluguntauglich aussortiert wurden. „Das ist ein massives Problem. Ein Kernanspruch an ein Qualitätssystem ist, schlechte und gute Teile getrennt zu halten“, sagte er. 

Zeitdruck durch knappe Fristen

Den Grund für diese Praktiken hat man bereits in der Vergangenheit von anderen Whistleblowern gehört: Sie wurden genutzt, weil knappe Produktionsfristen eingehalten werden mussten. Demnach seien interne Konkurrenzkämpfe zwischen Teams entstanden. 

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Dadurch habe sich der Druck erhöht, schneller Teile zu finden. Nach stundenlanger Suche hätten Arbeiter dann das Sicherheitspersonal gebeten, Teile aus dem Lager zu schmuggeln, die noch nicht in der Qualitätskontrolle waren. Auch wurden Teile verwendet, die für andere Flugzeugmodelle vorgesehen waren. Die Mitarbeiter erfanden dafür ein internes Dokument, das diese Praktik zwar absegnete. Da es sich aber nicht um ein offizielles Boeing-Formular handelte, tauchte es nie in einer Qualitätskontrolle auf und war damit bedeutungslos. 

Erst Ende Juni hatte ein Whistleblower Produktionsmängel beim Dreamliner aufgedeckt, die ebenfalls aus Zeitdruck entstanden sind (futurezone berichtete). Dort wurden zu große Löcher gebohrt, um Lackrückstände schneller zu entfernen. 

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50.000 ungeeignete Teile verbaut

Seit den frühen 2000er Jahren sollen so 50.000 ungeprüfte oder ausgemusterte Teile ihren Weg in die 787 Dreamliner gefunden haben. Sie würden von kleineren Schrauben bis hin zu Flügelklappen reichen. Über eine Dekade hätten die eigentlich rot markierten Teile immer wieder die Qualitätskontrolle umgangen und seien auf den Montagebändern gelandet. 

Aus Gesprächen mit aktiven Boeing-Mitarbeitern habe Meyer erfahren, dass inzwischen keine Teile mehr direkt vom Schrottplatz verwendet werden. Allerdings würden Teile direkt nach der Anlieferung verbaut, ohne ihre Qualität vorher zu prüfen. 

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Teil eines Boeing 787 Dreamliner in der Fabrik in South Carolina 

Boeing will Vorwürfe "gründlich prüfen"

Meyers konnte anhand interner Mailverläufe nachweisen, dass er Boeing über Jahre hinweg über diese Praktiken informiert hat. Prüfer hätten dabei unter anderem Augenzeugenberichte ignoriert

Gegenüber CNN erklärte Boeing, man werde „alle Vorwürfe über unangemessenes Verhalten wie unsachgemäße Handhabung von Dokumenten oder unbefugtes Bewegen von Teilen gründlich prüfen. Gegebenenfalls würden dann Verbesserungen vorgenommen. 

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Berichte häufen sich

Ein weiterer Whistleblower machte unlängst ähnliche Vorwürfe gegen Boeing öffentlich. Demnach würden immer wieder nicht konforme Teile in der Produktion von 737-Maschinen landen. Der aktive Boeing-Qualitätsprüfer Sam Mohawk hatte daraufhin eine offizielle Beschwerde eingereicht, die vor einem Untersuchungsausschuss der Arbeits- und Gesundheitsbehörde landetet. Laut Mohawk bestehe das Problem weiterhin. Das berichtete zuerst Bloomberg.

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