Abu Izzadeen bei seiner Festnahme im Jahr 2015 in Ungarn
Abu Izzadeen bei seiner Festnahme im Jahr 2015 in Ungarn
© APA/AFP/FERENC ISZA

Crowd-Lynchen

Online-Hetzjagd auf falschen London-Attentäter

Es ist zur traurigen Gewohnheit geworden. Nur Stunden nach einem Anschlag werden im Internet Namen von Tätern und Opfern verbreitet. Da diese Informationen aber nicht von den Behörden kommen, sind sie oft falsch – und potenziell gefährlich.

Während 2013 die Fahndung nach den Boston-Attentätern lief, wurden auf Reddit und 4Chan von den Usern mehrere Personen fälschlicherweise verdächtigt. Einige Medien übernahmen diese Informationen und beteiligten sich damit an der Hetzjagd auf die Unschuldigen. Die Unschuldigen wurden daraufhin auf Facebook beschimpft und bedroht, ebenso deren Familien. Einige bekamen deshalb Angst um ihr Leben und suchten bei der Polizei Schutz.

Vermeintlicher London-Attentäter

Im Falle von Abu Izzadeen war das nicht nötig. Der saß nämlich im Gefängnis, als ihn das Internet als den Täter des Londoner Anschlags identifizierte. Am Mittwoch, nur wenige Stunden nach dem Anschlag, wurden sein Name und Foto im Internet verbreitet.

Mehrere Online-Medien und der britische Fernsehsender Channel 4 griffen diese Fehlinformation auf und nannten Izzadeen den Mann, der den Anschlag verübt hatte. Auf Wikipedia wurde in dem Eintrag von Izzadeen geschrieben, dass er der Attentäter von London ist.

Erst nachdem der Anwalt von Izzadeen bestätigt hatte, dass dieser sich im Gefängnis befindet, entschuldigte sich Channel 4 spätabends für die falschen Anschuldigungen. Auch der Wikipedia-Artikel wurde richtig gestellt. Am Donnerstag veröffentlichten die Behörden den Namen des tatsächlichen Täters: Khalid Masood.

Izzadeen dürfte aufgrund seiner kriminellen Vergangenheit ins Fadenkreuz der Internetgemeinschaft geraten sein. 2008 wurde er wegen Terrorismus-verwandter Verbrechen zu viereinhalb Jahren verurteilt. 2014 wurde er erneut festgenommen. Nachdem er 2015 entlassen wurde, wurde er aus Ungarn zurück nach England überstellt, weil er gegen das Reiseverbot der britischen Behörden verstoßen hatte.

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