© Hubert Burda Media, DLD

DLD 2016

"Tesla wäre in Europa nicht finanziert worden"

"Teslas Elektro-Autos hätten auch in Europa entwickelt werden können, aber das Unternehmen wären hier nie finanziert worden", sagte Oliver Samwer, Gründer der deutschen Start-up-Schmiede Rocket Internet, am Sonntag bei der Digital Life Design (DLD). Zum Auftakt der Internetkonferenz, die noch bis Dienstag in München stattfindet, stand die europäische digitale Landschaft auf dem Prüfstand.

"Die USA haben das bessere Ökosystem, mehr Entrepreneure, einen einheitlichen Markt und mehr Geld." Anders als in Europa würden in den USA auch große Pensionsfonds in Start-ups investieren, so Samwer. "Wenn man zehn Mal weniger Geld hat, kann man das nicht wettmachen."

"Einige der besten Unternehmen der Welt"

Auch Skype-Gründer Niklas Zennström, der nun dem Risikokapitalgeber Atomico vorsteht, räumte ein, dass in Europa noch Kapital fehle, um das langfristige Wachstum vieler Start-ups zu sichern. Allerdings habe es in den vergangenen Jahren Fortschritte gegeben. Nach Skype, das 2005 für 3,5 Milliarden Dollar von eBay gekauft wurde und heute vollständig im Besitz von Microsoft ist, habe es rund 40 europäische Start-ups gegeben, die mit mehr als einer Milliarde Dollar bewertet wurden, so Zennström. "Wir haben einige der besten Unternehmen der Welt."

Mit seiner Investmentfirma stellt Zennström aufstrebenden Start-ups nicht nur Geld, sondern auch die Expertise erfolgreicher Gründer zur Verfügung. "Viele Gründer fangen selbst an zu investieren. Besseres Geld kann man nicht bekommen", sagte Zennström.

"Starke industrielle Basis"

Europa sei zwar im Consumer-Bereich weit zurückgefallen, habe aber eine starke industrielle Basis, sagte Dominik Stein vom Risikokapitalgeber EQT Partners, der europäischen Unternehmen bei dem Sprung auf den Weltmarkt hilft. Auch bei Medizintechnik, eHealth und im B2B-Bereich sei Europa gut aufgestellt. "Da gibt es enorme Wachstumsmöglichkeiten."

Man müsse Europa Zeit geben, meinte Jeremy Stoppelmann, Gründer des Empfehlungsportals Yelp. "Das Silicon Valley hat auch Jahrzehnte gebraucht, um das zu werden, was es ist."

Die Politik reagiere auf die technischen Entwicklungen zu langsam, meinte der deutsche CDU-Abgeordnete Jens Spahn. Die Entscheidungsprozesse müssten beschleunigt werden. Spahn sprach sich auch dafür aus, Regulatorien zu lockern. "Wir neigen in Europa dazu Risiken überzubewerten und Chancen zu unterschätzen."

Kritik an Googles Übermacht

Das digitale Wachstum werde von den Unternehmen bestimmt, sagte Samwer. Die Politik müsse aber die Rahmenbedingungen schaffen. "Wenn Google und Facebook alle Daten haben, ist das sicherlich nicht gut."

Auch Yelp-Gründer Stoppelman beklagte die Übermacht Googles auf dem europäischen Markt - "Mehr als 90 Prozent Marktanteil sind unglaublich dominant" - und mahnte gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Marktteilnehmer ein. Das Wachstum seines Unternehmens in Europa habe sich jedenfalls aprupt verringert, seit Google eigene Angebote in seinen Suchergebenissen prominent ausspiele.

Gegen Google ist deshalb in der EU auch ein Wettbewerbsverfahren anhängig. Auch die Dominanz des Konzerns mit dem mobilen Betriebssystem Android wird von den EU-Behörden hinterfragt. EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager, die die Auftakt-Keynote der Internetkonferenz hielt, äußerte sich dazu allerdings nicht.

Datenschutz und digitaler Binnemarkt

Sie verwies auf die Bemühungen der EU-Kommission bei der Schaffung eines digitalen Binnenmarktes und auf dieneuen EU-Datenschutzregeln, die voraussichtlich 2018 in Kraft treten werden. Dienste wie Google und Twitter seien nicht kostenlos. Die Nutzer würden mit ihren Daten bezahlen. Das sei nicht nur ein Slogan, sondern die Realität, so die EU-Kommissarin: "Wir haben das Recht, fair behandelt zu werden."

Es sei nicht die Aufgabe der Wettbewerbsbehörde den Datenschutz sicherzustellen, sagte Vestager: "Wir können ihn aber auch nicht ignorieren." Wenn nur wenige Unternehmen die Daten der Bürger kontrollieren würden, könnten sie ihre Macht auch nutzen, um kleinere Rivalen aus dem Markt zu drängen. Das bedürfe aber einer differenzierten Auseinandersetzung. Bei der Übernahme des Online-Werbenetzwerkes Doubleclick durch Google oder beim Kauf der Messaging App WhatsApp durch Facebook, habe es keine Bedenken geben, so die EU-Kommissarin. "Wenn es notwendig ist, werden wir einschreiten."

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

mehr lesen
Patrick Dax

Kommentare