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Live aus Sunnyvale

Valley Blog: Eine Ahnung von Abschied

Ich bin mittlerweile 2 Monate und 3 Wochen im Silicon Valley und gleichzeitig das erste Mal in den USA. Dass diese Zeit ein Ablaufdatum hat, war von Anfang an klar, aber in dieser Woche haben die ersten Vorboten an die Tür geklopft. Teams aus den verschiedensten Ländern haben sich im Plug&Play TechCenter versammelt, die meisten davon wie ich für eine begrenzte Zeit, um ihr Glück im wilden Westen zu suchen. Dabei lernt man sich ganz gut kennen, tauscht Ideen, Erfolge und Sorgen aus und wie es sich gehört, sagt man zum Schluss auch auf Wiedersehen. Gleich drei Teams aus Deutschland, Spanien und Österreich haben dem österreichischen Pavilion diese Woche leise Servus gesagt. Die einen mit Muffins, die anderen mit Wein aus dem Napa-Valley, oder gleich mit einem Teil ihres Hausstandes, der nun seine Besitzer wechselt.

Alle aber hatten eines auch dabei: einen großen Erfahrungsschatz und gemischte Gefühle, wenn sie an ihr Zuhause denken. Dabei komme auch ich ins Grübeln... was werde ich am meisten vermissen, was sicherlich nicht. Worauf freue ich mich zuhause und was hätte ich hier anders gemacht, wenn ich jetzt nochmals frisch ankommen würde.

Keine Sorge, diese Aufzählung soll hier nicht passieren, denn ich merke während dem Muffin-Genuss, dass ich eigentlich noch eine Menge zu tun habe und die verbleibende Zeit gerne produktiv genutzt werden will.

FallEXPO Review
Wie zum Beispiel für die Nachbereitung der FallEXPO. Über 600 Leute waren auf dem Event, die größte Anzahl seit dem Beginn der Veranstaltungsreihe. Mein wichtigstes Gespräch hatte ich jedoch ca. 20 Minuten vor dem offiziellen Beginn mit einem Vertreter der Firma Samsung, während ich mich an meinem Demo-Table platziert habe, um an diesem Tag gefühlte 100 mal in kürzester Zeit unsere Software zu präsentieren und die Sinnhaftigkeit von Folgeterminen zu argumentieren. Im Fall von Samsung habe ich mir gleich einen Patzer geleistet – glücklicherweise mit gutem Ausgang. Denn als Dienstleister bin ich es gewohnt, meinem Gegenüber Flexibilität zu gewähren und schlage meist 2 Termin-Optionen vor. Aus Reflex habe ich ihn auch um zwei Vorschläge gebeten. Das ohnehin recht Mimik-arme Gesicht meines Gegenübers verlor jede Regung und er antwortete mit: Don`t be greedy - you get one."

Neben Samsung haben sich alle möglichen Leute an meinem Stand eingefunden, viele generell Neugierige, einige mit gutem Potenzial für ernsthaftere Gespräche und eine überraschend hohe Anzahl an Leuten, um über ihre eigene großartige Lösung im Bereich XY zu berichten. Einige davon nutzen Events wie die FallEXPO offensichtlich für ihre eigene Kundenakquise. Ich habe nun Visitenkarten von Usability-Experten, Personal-Experten, Steuer-Experten, Strategie-Experten und Experten für überhaupt alles. Mit den vielen Angeboten für guten Rat könnte ich sicherlich gleich 5 neue Firmen gründen, ohne selbst auch nur die geringste Ahnung zu haben.

Showtime
Den letzten dieser Experten habe ich dann freundlich abgewürgt, denn es wurde Zeit für meinen lang geprobten Bühnenauftritt. Frei nach Shakespeares „Wie es Euch gefällt" war es nun soweit, nicht all das zu sagen, was wir tun, sondern nur soviel, wie

a) die sehr begrenzten drei Minuten erlauben,

b) wie jemand nach 25 vorangegangenen Pitches verkraften kann, um sich

c) später an mich zu erinnern und mir seine Aufwartung am Demo-Table zu machen.

Ein bisschen verwundert war ich schon, die Hütte trotz spätem Nachmittag immer noch bis auf den letzten der geschätzten 500 Plätze besetzt, die Atmosphäre geladen. Verwundert auch, weil ich beim Anblick der Szene trotzdem sehr ruhig war.

Nach der Ankündigung der Moderatorin mit den Worten „They have a cool name and also a cool Software, welcome PoolParty" atme ich das Letzte mal tief durch, nehme das Mikrofon an mich und steige auf das Podium, rechts und links flankiert von großen Projektionsflächen für meine Slides. Wie so oft geht in diesem Moment die Fernsteuerung an, ich beginne mich selbst zu beobachten und nach 2:42 Minuten wird der Spuk von einem herzlichen Applaus unterbrochen.

Jetzt beim Schreiben denke ich wieder an Shakespeare: „All the world´s a stage, and all the men and women merely players".

Was bleibt
Freundlicherweise wurde mein Pitch auf Video verewigt und ich bin auch heute noch zufrieden mit dem Resultat. Nach meinem Auftritt blieb der große Ansturm auf mein Table dennoch aus. Die Gäste waren wohl nach 30 weltverändernden High-Tech-Lösungen doch schon übersättigt, aber es haben sich im Laufe der folgenden Tage noch einige Kontaktanfragen ergeben, die mir vom Plug&Play-Team übermittelt wurden. Neben so vielversprechenden Namen wie Alcatel, EMC und Hitachi wollen auch 3 Investoren mehr über uns wissen. Auch wenn ich das Thema Venture Capital bislang nicht mal angedacht habe und die Spezies VC nicht auf meinem Jagd-Portfolio auftaucht, freue ich mich doch auf diese Termine, denn zu lernen gibt es sicherlich eine Menge.

Was auch bleibt, ist große Erschöpfung nach dem Event und die Erkenntnis, dass mit der FallEXPO das Ende meines Aufenthalts nahe rückt. Ich bin jetzt gerade froh über mein kleines Zimmer in San José mit dem mittlerweile vertrauten und liebgewonnenen Blick auf den Pool und die Washington-Palme. Ein bisschen komisch... auf der einen Seite freue ich mich darauf meinen Koffer zu packen. Auf der anderen Seite entwickelt sich das Gefühl, jetzt erst so richtig angekommen zu sein, das große Bild zu verstehen, als echter Silicon-Entrepreneur.

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Florian Kondert, COO beim heimischen Softwareunternehmen Semantic Web Company, bloggt drei Monate lang für die futurezone aus dem Silicon Valley. Einmal pro Woche gibt es News darüber, was man als Jungunternehmer dort lernt, wie das Valley tickt und welche Chancen österreichische Start-ups in der Welt von Google, Apple und Co. haben.

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