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Deutschland

Breite Front gegen Aus für Anonymität im Netz

„Die Forderung von Innenminister Friedrich ist völlig illusorisch“, sagte der FDP-Medienexperte Burkhardt Müller-Sönksen der „Berliner Morgenpost“ vom Montag. Friedrich hatte am Wochenende

, anonyme Interneteinträge zu verhindern. Hintergrund sind Blog-Einträge von Rechtsextremen im Vorfeld der Anschläge im Juli in Norwegen.

"Absurd"
„Sie können nicht Millionen Einträge mit einer Handvoll Mitarbeiter überwachen“, sagte dazu Müller-Sönksen. Kommentare und Blogs seien im weltweiten Netz nicht kontrollierbar. Ähnlich argumentierte auch der Grünen-Netzexperte Konstantin von Notz. „Der Innenminister will die Anonymität im globalen Netz abschaffen, ist aber nicht einmal in der Lage, einen vernünftigen Datenschutz in Deutschland durchzusetzen. Das ist absurd“, sagte der Grünen-Abgeordnete der „Berliner Zeitung“ vom Montag. Zudem sei das Internet Teil des öffentlichen Raums und die freie Meinungsäußerung dort von der Verfassung geschützt.

"Massive Überwachung"
Auch aus der SPD kam erneut heftige Kritik. Eine Umsetzung der Pläne Friedrichs würde eine „massive Überwachung“ voraussetzen, „die viele Rechte im Internet stark einschränkt“, sagte ihr netzpolitischer Sprecher Lars Klingbeil der „Berliner Morgenpost“. Er verwies auch auf die aktuellen Entwicklungen in Ländern wie Syrien oder Libyen, die zeigten, wie wichtig es sei, auch unter Pseudonym Beiträge im Internet veröffentlichen zu können. Sei dies nicht mehr möglich, würden „internationale Blogger in Diktaturen, die für Demokratie und Menschenrechte kämpfen, sich in Lebensgefahr begeben“.

"Unglaublich naiv"
Der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz wertete die Überlegungen als „Ausdruck von Hilfslosigkeit“. Es sei „unglaublich naiv“, wenn Friedrich glaube, die Probleme mit dem Extremismus auf diese Weise in den Griff zu bekommen, sagte Wiefelspütz dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Herr Friedrich greift hier einen der Grundpfeiler unserer Demokratie an“, kritisierte der Vorsitzende der Piratenpartei, Sebastian Nerz.

Friedrich: "Grundsatzdebatte"
Friedrich verteidigte am Montag seien Vorstoß. „Es geht mir darum, dass wir jetzt eine Grundsatzdebatte führen“, sagte Friedrich. In der von ihm angestoßenen Debatte gehe es darum, ob die in der „Offline-Welt“ geltende Rechtsordnung auf das Internet übertragen werden könne und solle. So stelle sich unter anderem die Frage, ob Volksverhetzung nur in der analogen Welt ein Straftatbestand sein solle.Die Grundsatzdebatte müsse „jetzt national und international geführt werden“, so Friedrich. „Denn alle anderen Länder, von den USA bis nach Russland, stehen vor dem gleichen Problem.“ Wer gleichsam in Konkurrenz zu Medien und Zeitungen im Internet als Informationsquelle auftrete, „der sollte meiner Ansicht nach schon auch seine wahre Identität preisgeben“.

"Keine gesetzliche Pflicht"
Das deutsche Bundesinnenministerium ist um eine Glättung der Wogen bemüht. Es gebe keine Pläne gegen Anonymität im Internet vorzugehen, sagte ein Sprecher. Es wäre ein Missverständnis, die Äußerungen des Ministers in einem „Spiegel“-Interview so zu interpretieren. Friedrich habe sich lediglich für eine demokratische Streitkultur im Netz ausgesprochen. Er sei nach wie vor der Ansicht, dass es auch im Internet durchaus Bereiche gebe, in denen Anonymität sinnvoll sei. Es gehe nicht um eine gesetzliche Pflicht, sich im Netz überall auszuweisen zu müssen.

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