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Arbeitsmarkt

Frauenmangel in der IT-Branche

Die Diskussion rund um den geringen Anteil von Frauen in IT-Berufen reißt nicht ab. Erst kürzlich veröffentlichte Cisco eine Studie, die in Kooperation mit dem European Schoolnet entstanden ist und der Frage nachging, warum es derart wenige Frauen in der IT-Branche gibt. Die Kernaussagen: Lediglich ein Viertel der Beschäftigen im Computer- und Information System Management sind weiblich, bei Computer Hardware Technologien wird sogar nur jeder zehnte Posten von einer Frau besetzt. Hierfür sind vielfältige Gründe verantwortlich, die von der Ausbildung über Mangel an Vorbildern bishin zur Familienplanung reichen.

Auch wenn die Zahl der Studentinnen und weiblichen Berufstätigen höher ist, als jene der Männer, gleichen sich die Zahlen in der IT-Branche nicht an. Die Ursachen hierfür sind mannigfaltig und können unter anderem auf die Schulausbildung zurückgeführt werden, wobei sich hierbei in der EU ein Gefälle zeigt. So interessieren sich Mädchen zwischen 15 und 18 Jahren in Frankreich und den Niederlanden weniger dafür, in der IT-Branche Fuß zu fassen, als dies in Polen oder England der Fall ist.

Eine Studie des Anita Borg Institute for Women and Technology in den USA kam zu dem Schluss, dass sich Schülerinnen weniger für Mathematik interessieren und zudem die mangelnde Unterstützung von Lehrern und Eltern dazu führt, dass der Start für eine Karriere in der IT-Branche für Frauen holpriger ist. Nur ein Prozent der Schülerinnen, die in den USA den SAT, einen standardisierten Test, der von Studienplatzbewerbern bestanden werden muss, gemacht haben, gaben an, dass sie einen Studienabschluss in Informatik oder Informationswissenschaft anstreben. Während 1985 noch 83% Prozent der Collegeabsolventen der Studienrichtung Informatik in den USA Frauen waren, waren es 2008 nur noch 18 Prozent.

Mangel an Vorbildern

Lediglich sechs Prozent der Top 100 Technologie-Firmen werden von Frauen geführt und lediglich 22 Prozent aller Programmierer in IT-Firmen sind, laut dem National Center for Women and Information Technology, weiblich. Für Anu Shukla, selbst Gründern von drei IT-Start-Ups, liegt die Ursache für die Kluft zwischen den Geschlechtern in der Informationstechnolgie-Branche nicht nur in der Ausbildung, sondern auch bei dem Mangel an geeigneten Vorbildern, die Mädchen dazu animieren könnten, eine Karriere in der IT-Branche anzustreben und in dieser Leitungspositionen einzunehmen.

Die Anzahl der Frauen in hochdotierten Positionen in IT-Unternehmen ist gering. Zu den prominentesten Vertreterinnen zählen Marissa Mayer, eine leitende Angestellte bei Google, Meg Whitman, die ehemalige Chefin von eBay, Carly Fiorina, ehemalige Chefin von Hewlett-Packard und Führungskraft bei AT&T sowie Carol Bartz, Chefin von Yahoo. Bartz ist sich der Problematik durchaus bewusst: "Wenn man sich in den unteren Managementebenen oder auch in den Rängen der Programmierer oder Produktentwickler umsieht, sieht man dort wenige Frauen. Das sagt einem schon rein aus mathematischen Gründen, dass es für sie daher schier unmöglich ist, aufzusteigen und eine Firma zu leiten", so Bartz gegenüber der //New York Times//.
Sapna Cheryan, Dozentin am Psychologie-Institut der Universität von Washington, die untersucht hat, warum sich so wenige Frauen für eine berufliche Laufbahn in der IT-Branche entscheiden, bestätigt dies und glaubt, dass das Bild, das man gemeinhin von Informatikern hat, einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Berufswahl hat. "Es gibt ein ganz besonders starkes Bild, das man von Informatikern hat. Demnach sind diese männlich, dünn, haben kein Sozialleben, essen Fast Food, spielen Computerspiele und mögen Science Fiction. Dieses Bild macht es für Menschen, die nicht diesem Bild entsprechen schwierig, dies als möglichen Weg zu erkennen", so Cheryan gegenüber der //New York Times//. In Stanford hat eine Gruppe von Absolventen aus diesem Grund eine Gruppe namens Women in Computer Science ins Leben gerufen, die Studienanfängerinnen ein realitätsnahes Bild von Informatikerinnen vermitteln soll.

Firmengründungen durch Frauen

Während es einige Frauen geschafft haben, sich an die Spitze von IT-Unternehmen hochzuarbeiten, wagen nur wenige Frauen den Sprung in die Selbstständigkeit. Ausschlaggebend hierfür ist unter anderem die Finanzierung der Projekte. So wurden laut dem Center for Women’s Business Reseach zwar 40 Prozent der privaten Unternehmen von Frauen gegründet, IT-Unternehmen stellen jedoch nur acht Prozent der IT-Start-Up-Unternehmen dar, in die Risikokapital investiert wurde. Viele Investoren sehen davon ab, in diese Firmen zu investieren, schlichtweg weil diese von Frauen geleitet werden. Dies verhält sich bei Firmen, die Risikokapital vergeben und von Frauen geleitet werden anders. Sie investieren eher in Firmen, die von Frauen geleitet werden. Dies steht nicht nur im Zusammenhang mit den Netzwerken, in denen sie sich bewegen und die meist aus den Vertretern desselben Geschlechts bestehen, sondern auch damit zusammen, dass Menschen vorzugsweise mit Personen, die ihrem eigenen Geschlecht angehören zusammenarbeiten.

In puncto Firmengründung spielt für Frauen auch die Familienplanung eine wichtige Rolle. Da die ersten Jahre nach der Gründung einer Firma die zeitintensivsten sind, bleibt nur die Wahl die Familiengründung entweder auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben oder auf die Selbstständigkeit zu verzichten und in einer großen Firma angestellt zu sein. Wenn sich Frauen doch dafür entscheiden Kindern zu bekommen, verlieren schnell den Anschluss an die Technikbranche, die einem steten Wandel unterliegt, durch den kontinuierliche Fortbildung unerlässlich ist.

Ausgewogenes Geschlechterverhältnis für Fortschritt

Es geht bei der Diskussion rund um ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis in der IT-Branche nicht nur um Gerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt, sondern auch um Ideen und Produkte, die künftig auf den Markt kommen und auch Frauen ansprechen sollen. Ein typisches Beispiel aus der jüngsten Zeit: Viele US-Frauen dachten bei "iPad" eher an einen Monatshygieneartikel, als an ein mobiles Endgerät. Dies ist nur einer von vielen Fällen, der hätte verhindert werden können, wenn Frauen maßgeblich an der Entwicklung des Produktes beteiligt gewesen wären. Dies belegen auch diverse Studien, weshalb Unternehmen wie das National Center for Women and Information Technology Kampagnen gestartet haben, die auf diesen Missstand aufmerksam machen und Projekte gestartet haben, die von frauengeleitete Unternehmen und Investoren zusammenführen sollen. Studien haben gezeigt, dass Gruppen, in denen Frauen und Männer zusammenarbeiten, weitaus erfolgreicher arbeiten und innovativere Ideen aufbringen. Gemäß dem National Center for Women and Information Technology werden Patente aus der Informationstechnologie, die in Gruppen entstanden sind, die aus Vertretern beider Geschlechter bestehen zwischen 26 und 42 Prozent häufiger herangezogen als dies beim Durchschnitt der Fall ist.

Es wird bereits daran gearbeitet, schon kleinen Mädchen einen Beruf in der IT-Branche schmackhaft zu machen. Dies beginnt schon beim Spielzeug. So bringt Mattel seit diesem Jahr eine Barbie heraus, die nicht als Model, sondern als Informatikern tätig und mit einem pinken Laptop ausgestattet ist. Nach wie vor Bedarf es jedoch Vorbildern aus Fleisch und Blut, sowie mehr Unterstützung, damit sich mehr Frauen eine Karriere in der IT-Branche entscheiden und für sie die Chancen steigen, höhere Positionen einzunehmen.

(Irene Olorode)

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