© Mikal Schlosser

Sport

Fußball als Wunderwaffe gegen Alter und Krankheit

Der jüngste war 63, der älteste 70 Jahre alt. Keiner der älteren Herren war krank. Aber fit? Davon konnte keine Rede sein. „Die Männer waren alle untrainiert. Couch Potatoes eben“, erklärt der Sportphysiologe Peter Krustrup. „Und Fußball hatten sie schon seit Ewigkeiten nicht mehr gespielt.“

Das Ergebnis nach nur vier Monaten Fußballtraining zwei Mal pro Woche für jeweils eine Stunde konnte sich sehen lassen: Die Leistung beim Intervaltraining hatte sich um spektakuläre 49 Prozent und beim Sit-to-Stand-Test um 29 Prozent gesteigert. Dass die frischgebackenen Kicker jeweils zwei Kilogramm Körperfett verloren, hat ihnen auch nicht geschadet.

Fußball als Forschungsobjekt

Am Center for Team Sport and Health der Universität Kopenhagen befasst man sich seit gut zehn Jahren intensiv mit Fußball. „Wir haben mehr als 20 Vergleichsstudien mit insgesamt 5000 untrainierten Menschen durchgeführt“, erklärt Peter Krustrup. Der 44-jährige Sportphysiologe hat damit sein Hobby zum Beruf gemacht. „Ich spiele seit meinem vierten Lebensjahr begeistert Fußball“.

Die Studienteilnehmer müssen an Tests absolvieren, was die moderne Medizin technologisch auf Lager hat: Ultraschall des Herzens, Knochendichte- und Körperfettmessung, manchmal auch Blutproben und Muskelbiopsien. Dazu kommen anstrengende Fitnesstests auf Kraft und Gleichgewicht sowie Laufen bis zur Erschöpfung auf dem Laufband.

Rechtzeitig zur Fußball-WM veröffentlichten die Forscher nun in der Fachschrift „Scandinavian Journal of Medicine & Science in Sports“ 16 Studien über den Nutzen von Fußball für etwa übergewichtige Kinder, Prostatkrebspatienten oder Frauen mit hohem Blutdruck. Zur großen Überraschung in Fußballstudien gehört immer wieder, wieviel Frauen und Männer in kurzer Zeit an Knochendichte zulegen. „Wenn die Knochendichte um zwei Prozent zunimmt, heißt das schlicht: Ihr Knochen ist um ein paar Jahre jünger geworden.“

Was in Fußball alles drinnen steckt

Wie kommt es, dass Fußball auch gegenüber anderen anstrengenden Sportarten wie etwa Joggen besser abschneidet? Als sportliche Betätigung fällt Fußball in die Kategorie von HIIT: High Intensity Interval Training. Moderater und Höchsteinsatz wechseln einander ab. Und dennoch ist der Trainingseffekt über längere Zeit insgesamt ein anderer als wenn man etwa Joggen und Sprinten abwechselt.

„Es gibt beim Fußball außerdem viele verschiedene Bewegungsabläufen, die jeweils schnell und mit hohem Energieeinsatz durchgeführt werden“, erklärt Peter Krustrup. „Man kickt, dribbelt, springt, dreht sich, tackelt. Alles zusammengenommen ist das eine spannende Mischung.“

Und nicht zu vergessen: Fußball ist ein geselliger Sport. „Wir wissen von unseren Psychologen, dass es sehr viel leichter ist, insbesondere männliche Krebspatienten zu Bewegung zu motivieren, wenn wir ihnen Fußball anbieten.“ Und über die Kameradschaft im Team entstehen Gespräche. „Und dann fällt es gerade Männern leichter, auch über ihre Krankheit zu reden und wie sie in einer veränderten Situation eine neue Lebensqualität finden können.“

Forscher haben oft ihre liebe Not, Studienteilnehmer an der Stange zu halten und Dropouts zu verhindern. Doch bei den dänischen Fußballstudien steigt kaum jemand aus. „Die Leute sagen uns oft, wie gerne sie zum Training kommen und dass sie sich jedes Mal drauf freuen.“ Einige waren sogar so begeistert, dass sie nach dem Ende der Studien Teams organisierten, um weiterspielen zu können.

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Madeleine Amberger

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