IV-Präsident Georg Kapsch anlässlich der Eröffnung der "Technologiegespräche" im Rahmen des Europäischen Forum Alpbach 2015
IV-Präsident Georg Kapsch anlässlich der Eröffnung der "Technologiegespräche" im Rahmen des Europäischen Forum Alpbach 2015
© APA/PHILIPP NADERER

Alpbacher Technologiegespräche

"Start-ups zu fördern, löst keine Grundsatzprobleme"

"Wir stehen vor einem Systembruch und einem noch nie dagewesenen Wettstreit unterschiedlicher Gesellschafts- und Wirtschaftsmodelle", sagte Georg Kapsch, Präsident der Industriellenvereinigung (IV) am Mittwoch bei der Auftaktpressekonferenz zu den diesjährigen Alpbacher Technologiegesprächen. Der Politik falle dazu aber nicht mehr ein als kleine, kurzfristig wirkende Maßnahmen. "Start-ups zu fördern sei zwar eine gute Idee. Es ist aber keine Lösung für unsere Grundsatzprobleme."

"Völlige Entsachlichung"

In Österreich sei durch den überbordenden Populismus und stärker werdenden Nationalismus eine völlige Entsachlichung vieler Politikbereiche eingetreten, kritisierte Kapsch: "Die Entscheidungsträger haben Angst vor Veränderung und treffen keine Entscheidungen mehr."

Es gehe nicht mehr um die Frage der Umverteilung in Österreich, sondern wie das Land ein möglichst großes Stück der globalen Wertschöpfung für sich generieren könne. In der Innovation sei Österreich allenfalls noch Mittelmaß. Anstatt Symbolpolitik zu betreiben müssten Wege zu einer nachhaltigen Strukturpolitik gefunden werden.

"Selbstgefällige Provinzialität"

Hannes Androsch, Präsident des Rates für Forschung und Technologieentwicklung (RFT), sprach von einer "selbstgefälligen Provinzialität", die sich in Österreich breitgemacht habe und die sich auch beim Verständnis für Forschung und Bildung zeige.

Österreich habe zwar eine überdurchschnittliche Forschungsquote von drei Prozent, die Innovationsdynamik sei jedoch unbefriedigend, meinte Androsch. Insbesondere für die Grundlagenforschung stünden mit 200 Millionen Euro zu geringe Mittel zur Verfügung. Androsch kritisierte auch das Gießkannenprinzip der Forschungsförderung: "Ein paar Tropfen bringen keine Blume zum Blühen."

"Kunst der Reduktion"

Die Forschungsförderung müsse sich in der "Kunst der Reduktion" üben, mahnte Androsch. Ob es sinnvoll sei sich bei autonomen Fahrzeugen zu engagieren, wolle er dahingestellt lassen: "In der Quantenphysik zählen wir aber zur Weltklasse."

Man sollte sich überlegen, wo Österreich Stärken habe und diese Stärken solle man ausbauen, meinte auch Kapsch. Die Politik tendiere dazu auf Dinge aufzuspringen, die "fancy" seien, und am Ende gehe dann die Luft aus.

"Schreckgespenster der Robotergesellschaft"

Kapsch ortete auch ein Problem in der grundsätzlichen Einstellung zu Fragen der Technik. Die Gesellschaft müsse die Zukunftstechnologien "internalisieren" um den Herausforderungen gewachsen zu sein. Anstatt aber zu sagen, was die Digitalisierung der Gesellschaft bringen könne, würden "Schreckgespenster der Robotergesellschaft" aufgebaut, monierte der Industrielle: "Es ist absurd. Fast jeder spielt mit dem Smartphone und trotzdem haben wir Angst vor Technologie."

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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