Wie Menschen im künstlichen Winterschlaf zum Mars fliegen könnten
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In Science-Fiction-Filmen ist es so natürlich, wie Weltraumparasiten und Risse im Raum-Zeit-Gefüge: der künstliche Winterschlaf. Auf langen Reisen werden die Menschen, meist in einer Art Kapseln, eingefroren, um dann kurz vor der Ankunft wieder aufgeweckt zu werden. Das in Atlanta angesiedelte Unternehmen SpaceWorks will diese Vision Wirklichkeit werden lassen.
SpaceWorks hat dazu bereits in zwei Finanzierungsrunden Geld von der NASA erhalten. Das Ziel ist, Menschen 14 Tage im künstlichen Winterschlaf zu versetzen, ohne, dass diese Schäden davon tragen. „Wir sind sehr zuversichtlich dieses Ziel zu erreichen“, sagt John Bradford, Präsident von SpaceWorks, gegenüber Cnet.
Dazu wird die Kerntemperatur des Körpers um 5 Grad Celsius gekühlt, um den Zustand der Hypothermie zu erreichen. In diesem Zustand ist der Grundumsatz des Körpers um 50 bis 70 Prozent gesenkt. Das heißt der Mensch benötigt weniger Wasser, Nährstoffe und Sauerstoff. Es ist in etwa vergleichbar mit dem Winterschlaf von Bären.
Viele Vorteile
Für die Reise zum Mars hat das mehrere Vorteile. Wenn weniger verbraucht wird, müssen weniger Ressourcen für die Reise mitgenommen werden. Da sich die Menschen für den Großteil der Reise im Winterschlaf befinden, benötigen sie weniger Platz. Man könnte also bei gleicher Kapazität des Raumschiffs mehr Menschen oder mehr Material zum Mars schicken.
Nur dauert die Reise zum Mars nicht zwei Wochen, sondern mehrere Monate. Der Plan ist, dass nach den 14 Tagen die Menschen aufwachen, ein paar Tage Zeit haben sich zu erholen und dann wieder in die Hypothermie versetzt werden. Mit der richtigen Organisation könnte man eine Art Dienstrad machen, bei der immer ein Teil der Crew im Winterschlaf ist, während sich ein anderer gerade erholt.
Ein weiterer Vorteil sei, dass in diesem Zustand kein Muskel- und Knochenabbau stattfindet. Die Marspassagiere würden also fitter beim roten Planeten ankommen, als wenn sie die Reise ohne Hypothermie-Kammern antreten würden. Derzeit wird auch erforscht, ob dieser Zustand gegen kosmische Strahlung schützen kann.
Wenig erforscht
Wenn es so viele Vorteile hat, warum steckt man die Menschen dann nicht gleich für die ganze Reise in den „Kühlschrank“? Hypothermie wird bereits als Therapieform eingesetzt, meist aber nur in der Länge von ein bis drei Tagen. In einem Einzelfall wurde ein Patient auch schon mal 14 Tage im künstlichen Winterschlaf versetzt. Der Patient erholte sich danach, es wurde nicht von Spätfolgen berichtet. Deshalb geht man bei SpaceWorks momentan davon aus, dass 14 Tage möglich sein sollten, ohne schädliche Folgen für die Menschen. Bradford sieht es als durchaus realistisch, dass man die Zeit in der Hypothermie im Weltraum später auf 30 Tage ausweiten kann.
SpaceWorks will jetzt mit Tests an Menschen beginnen. Dazu muss ein Medikament für die Studie genehmigt werden. Dieses täuscht dem menschlichen Körper vor, dass er eine Kerntemperatur von 32 statt 37 Grad Celsius haben will – eine Voraussetzung für den künstlichen Winterschlaf. Danach wird untersucht, was im menschlichen Körper passiert, wenn er mehr als nur drei Tage in der Hypothermie ist. Wichtig sei etwa herauszufinden, welche Prozesse dabei im Gehirn passieren.
Sollte das Konzept tatsächlich in die Realität umgesetzt werden können, wird die Reise zum Mars für die Passagiere keine acht Monate mehr dauern, sondern gefühlt nur ein paar Wochen – mit 15 langen Nickerchen dazwischen.
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