Indonesien auf dem Weg zum Start-up-Mekka
“Die Zahl der mobilen Internetnutzer in Indonesien wächst rapide. Mittlerweile nutzen etwa 15 Millionen Menschen mobile Geräte, um ins Netz einzusteigen”, sagt Pontus Sonnerstedt, Country Manager von Yahoo in Indonesien, im futurezone-Interview. Der Internetkonzern sieht großes Potenzial im indonesischen Markt und investiert derzeit kräftig in lokale Start-ups. Vor einem Jahr hat Yahoo den indonesischen Internetdienst Koprol aufgekauft, ein Location-Based-Service nach dem Vorbild von Foursquare, der Check-ins und das Teilen von Fotos und Informationen via Smartphone ermöglicht.
“Im vergangenen Jahr hat das Koprol-Team eine lebendige Community aufgebaut, die speziell auf junge User und deren Art und Weise Handys zu nutzen abgestimmt ist”, erklärt Sonnerstedt. Die Nutzerbasis habe sich seit der Akquisition von Yahoo verzehnfacht, derzeit zählt Koprol etwa 1,5 Millionen User, pro Stunde werden im Schnitt acht neue Standorte angelegt. Für Firmen sind vor allem die Nutzerinformationen, die über die Plattform zugänglich sind, interessant - für Yahoo ein lohnendes Geschäft. Noch sind die Koprol-User hauptsächlich in Indonesien beheimatet, künftig wolle man mit dem Service aber auch in in anderen südostasiatischen Ländern sowie in Indien und Brasilien punkten, so Sonnerstedt.
Riesiger Markt
Von heimischen wie auch speziell von ausländischen Unternehmern wurde das Potenzial Indonesiens als Internetnation lange Zeit unterschätzt. Dabei ist Indonesien heute bereits die zweitgrößte Facebook- und die viertgrößte Twitter-Nation. Als 2010 der Film “Iron Man 2” in die Kinos kam, brachten die Indonesier ihren ersten Super-Swarm-Badge auf Foursquare zustande - etwas das man sonst meist nur von amerikanischen Tech-Konferenzen kennt. Kaum jemand weiß, dass das Land tatsächlich die größte Foursquare-Nutzergemeinde weltweit aufzuweisen hat.
Anders als etwa in China oder Indien gab es bis vor wenigen Jahren trotzdem kaum Internet-Unternehmen, die in Indonesien investierten. Yahoo hat hier mit dem Kauf von Koprol durchaus einen markanten Schritt gesetzt, und auch andere Investoren werden nach und nach auf das Land aufmerksam. Die Zahlen legen stetig zu, immer mehr Geld wird in indonesische Tech-Start-ups investiert.
Tatsächlich ist 2011 eine Art Trendwende eingetreten. Auch Konzerne wie Google wollen noch in diesem Jahr einen Standort in Indonesien eröffnen. Der Schnäppchenservice Groupon hat unlängst die indonesische E-Commerce-Plattform Disdus.com übernommen. Daneben zeigen auch andere asiatische Investoren zunehmend Interesse am indonesischen Markt. East Ventures beispielsweise, eine Firma mit Hauptsitzen in Japan und Singapur, kaufte die indonesische Craigslist-Kopie Tokopedia auf. Laut Batara Eto, Mitbegründer von East Ventures, sieht sein Unternehmen enormes Potenzial in Indonesien, wo derzeit vor allem der Mittelstand wächst und das Prokopf-Einkommen inzwischen auf 3000 Dollar pro jahr gestiegen ist.
Mobiles Internet als Wachstumsmotor
“Indonesien ist der am schnellsten wachsende Onlinemarkt in Südost-Asien. Außerdem hat das Land ein enormes Potenzial, was den jugendlichen Markt angeht - es ist einer der wichtigsten Treiber des Gesamtwachstums am Verbrauchermarkt sowie bei Internettrends”, sagt Sonnenstedt. Besonders vielversprechend entwickelt sich neben der herkömmlichen die mobile Internetnutzung im Land. Anders als in den meisten westlichen Ländern gilt in Indonesien allerdings nicht das iPhone, sondern der BlackBerry als hippes Device. “Die mobile Internetnutzung in Indonesien hat sich in den vergangenen drei Jahren verdreifacht”, ergänzt Sonnenstedt. Sechs von zehn Personen würden heute ein Smartphone oder Tablet als bevorzugtes Gerät nutzen, um ins Netz einzusteigen.
Während es beim amerikanischen Web-Publikum zunächst einmal um Information und Transaktionen geht, die Wurzeln der chinesischen Internet-Gesellschaft bei Online-Videos und -Games liegen, dreht sich bei den indonesischen Usern alles um Social Networks. Aussagen über die konkreten Internetnutzungszahlen in Indonesien variieren. Je nach Erhebung geht man derzeit von 20 bis 40 Millionen Usern aus.
Schwierige Bedingungen
Dass Indonesien lange Zeit von ausländischen Investoren ignoriert wurde, hatte politische ebenso wie wirtschaftliche Gründe. Die asiatische Finanzkrise Ende der Neunziger Jahre traf Indonesien mit am härtesten und als sich der Markt Anfang der 2000er-Jahre langsam wieder zu erholen begann, brachte der verheerende Tsunami im Jahr 2004 den nächsten Rückschlag. Hinzu kam in der Ära nach 9/11 die allgemeine Zurückhaltung gegenüber Indonesien als größtem muslimischem Land der Welt. Heute hat sich Indonesien als Wirtschaftsstandort unter Präsident Susilo Bambang Yudhoyono (SBY) weitgehend stabilisiert und wird Nationen wie den Philippinen oder Thailand mittlerweile vorgezogen.