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Werbung: "Opt-out-Raten sind extrem niedrig"

Was bewegt die US-Werbebranche derzeit am meisten?
Der größte Trend im Werbegeschäft ist derzeit Facebook. Die liefern pro Monat mehr als eine Billion Ad Impressions aus, das ist mehr als Google, Microsoft und AOL zusammen. Der durchschnittliche Nutzer verbringt pro Monat 400 Minuten auf der Webseite. Das ist ein außergewöhnliches Potenzial, und deswegen fokussieren Marketing-Manager in den USA derzeit sehr stark darauf, um herauszufinden, wie man Facebook am effektivsten nutzen kann.

Facebook hat kürzlich mit Handy-Werbung gestartet. Wird das ein Erfolg, oder wird das die Nutzer stören?
Das ist eigentlich nur eine Erweiterung ihrer bisherigen Werbe-Strategie. Geräte werden immer konvergenter, und der Unterschied zwischen deinem Mobiltelefon und deinem PC verschwimmt, und auch die Nutzer nehmen die Geräte nicht mehr als sehr unterschiedlich wahr. Deswegen wird das ziemlich sicher ein Erfolg.

Auch Twitter ist fast zeitgleich mit mobilen Anzeigen gestartet, Google ist in dem Bereich tätig, genauso wie Apple mit seinen iAds. Wer wird das Rennen gewinnen?
Es wird viele Gewinner geben. Die große Frage ist noch, welches Format sich durchsetzt. Noch werden die Möglichkeiten nicht voll ausgereizt. Der Markt experimentiert damit noch herum, nimm etwa iAds. Das war ein kleiner Erfolg, aber Apple hat sicher nicht den Nagel auf den Kopf getroffen.

Google ist immer noch der große Player im Online-Werbegeschäft. Kürzlich haben sie ihre Datenschutzbestimmungen geändert. Hat Google das getan, um ihre Werbung zu stärken?
Ja. Sie können so Nutzerdaten aus verschiedenen Google-Diensten kombinieren und das Werbe-Targeting verbessern. Das ist sehr mächtig und wird ein großer Erfolg für sie.

Eine Achillesferse hat Google aber: YouTube. Die Videowerbung dort läuft noch nicht sehr erfolgreich.
YouTube ist zwar unglaublich populär, aber die Werber tendieren dazu, Content abzulehnen, der nicht redaktionell kontrolliert wird. Und der YouTube-Content ist eben nicht das, was Werber ein sicheres Gefühl gibt. Werber mögen saubere und vorhersagbare Umgebungen für ihre Anzeigen, und deswegen ist YouTube werbetechnisch noch kein Erfolg.

Das heißt also, dass Google mehr professionellen Content braucht.
Ja, wenn sie Inhalte bekommen, die Werber mögen und von den Nutzern angesehen werden, dann werden die Werbe-Dollar fließen.

Ein aus Nutzersicht großes Problem ist das Nutzer-Tracking durch Werber, das auch die US-Politik auf den Plan gebracht hat. Wie haben Online-Werber reagiert?
In den USA informieren immer mehr Werber die Nutzer, warum eine bestimmte Werbung angezeigt wird und ob sie aufgrund von früherem Internet-Verhalten geschaltet wird. Die User haben so auch die Möglichkeit, ein "Opt-out” zu machen.

Wie viel Prozent der Nutzer lehnen diese personalisierte Werbung ab?
Wir sehen derzeit Opt-out-Raten, die extrem niedrig sind, vielleicht ein Tausendstel eines Prozents (zeigt eine Statistik auf seinem Notebook). Bei 78 Millionen Ad Impressions, die wir im vergangenen Monat ausgeliefert haben, haben 75 Nutzer ein Opt-out gemacht.

Personalisierte Werbung wird in den USA also als nützlich wahrgenommen?
Nein, das sagt nichts darüber aus, ob die den Menschen die personalisierte Werbung gefällt. Viele Leute glauben, dass wir ihre eMail-Adressen und detailliert ihre persönlichen Interessen sammeln, aber das stimmt so nicht.

Mit dem Freemium-Model vieler Web-Dienste zeigt sich, dass Nutzer immer mehr gewillt sind, für diese zu zahlen. Ist das nicht eine Gefahr fürs Werbegschäft, wenn die Finanzierung durch Anzeigen unwichtiger wird?
Nein, das glaube ich nicht. Diese beiden Dinge ergänzen sich. Die Menschen haben auf der einen Seite immer schon für Inhalte gezahlt, und auf der anderen hat es immer schon werbefinanzierte Angebote gegeben. Digitales Marketing wird sich ähnlich entwickeln, für bestimmte Inhalte werden die Leute zahlen, und andere werden komplett werbefinanziert sein, und dazwischen wird es Hybrid-Modelle geben.

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Jakob Steinschaden

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