Digital Life

Wenn das Carsharing-Auto Tipps gibt

Im Transportsektor werden große Hoffnungen in die künstliche Intelligenz gesetzt, etwa um Verkehrsströme zu regulieren, Städte möglichst staufrei zu machen und Schadstoffemissionen zu reduzieren. Auch im Carsharing findet selbst lernende Software immer mehr Anwendungszwecke. Branchenprimus Share Now etwa beschäftigt sich schon seit Jahren mit der Frage, welche Geschäftsbereiche durch KI-Einsatz optimiert werden können.

Das ideale Geschäftsgebiet

"Vor 4 Jahren haben wir damit begonnen, mit lernenden Algorithmen zu arbeiten. In den letzten 2 Jahren haben wir nochmal einige Schritte nach vorne gemacht", erzählt Share-Now-Technikchef Slavko Bevanda der futurezone. "Von Anfang an haben wir darauf gesetzt, 100 Prozent der Software im eigenen Haus zu kreieren. Mehr als 100 Software-Entwickler*innen arbeiten daran, zusätzlich haben wir rund 20 Datenanalyst*innen."

Eingesetzt wird KI u.a. für das Identifizieren des idealen Geschäftsgebietes in einer Stadt. "Wir haben 13 Jahre lang Daten gesammelt, zusätzlich kaufen wir Bewegungsdaten von Mobilfunkern." Mit dem Material wird die KI gefüttert. Dazu kommen soziodemografische Daten, etwa wie viele Einwohner es pro Quadratkilometer in einem Stadtgebiet gibt. Mit Hilfe der KI lassen sich aber auch Gebiete identifizieren, wo viel Bewegung herrscht, "etwa weil es dort spannende Restaurants oder Kaffeehäuser gibt". Die gilt es dann, ins Geschäftsgebiet zu integrieren.

Slavko Bevanda, CTO von Share Now

Zum Fußballmatch mit dem Auto

KI soll im Dienste des Carsharing-Anbieters aber auch herausfinden, wann wo wie viele Autos gebraucht werden. Ausgangspunkt sind hier historische Daten. "Aus denen kann man sehr zuverlässige Projektionen für die Zukunft entwickeln", meint Bevanda. Entscheidend sei auch das Wetter: "Wenn es regnet, ist das gut fürs Geschäft." Bereits bisher eingestellt hat man sich bei Share Now auf große Veranstaltungen.

"Wenn es etwa ein spannendes Fußballspiel gibt, wird es mehr Nachfrage geben. Hier kommt Dynamic Pricing zum Einsatz, um unsere Kund*innen zu motivieren, ein Share-Now-Auto zu nutzen, um zu der Veranstaltung zu kommen." Welche Veranstaltungen bevorstehen, das haben bisher hauptsächlich lokale Mitarbeiter herausgefunden. Zusätzlich sei man auf dem Weg, Veranstaltungskalender für die eigenen Prognosen heranzuziehen.

Wie dreckig der Innenraum ist

Die Berechnung des "Dirtiness Prediction Score" ist ebenfalls eine Aufgabe, für die KI verwendet wird. Der Wert soll dabei helfen, geeignete Reinigungsintervalle für die Carsharing-Autos festzulegen. "Es gibt da tatsächlich regionale Unterschiede", verrät Bevanda. "In Deutschland und Österreich sind die Fahrzeuge im Durchschnitt sauberer. In den Niederlanden, Italien oder Frankreich werden sie anders behandelt." Auch innerhalb von Ländern gebe es Gefälle: "In München sind die Autos im Schnitt sauberer als in Berlin."

Wie sauber oder dreckig ein Auto ist, stellt Share Now derzeit hauptsächlich durch Kunden-Feedback fest. Künftig könnte dies aber mit KI und Bildanalyse funktionieren. Kameras im Auto könnten etwa nach Beenden der Miete ein Bild vom Innenraum aufnehmen und daraus den Verschmutzungsgrad ableiten. Zusatznutzen: "Man könnte Kund*innen dann auch einen Hinweis geben, wenn sie ihre Tasche im Auto vergessen haben."

Wer nur schnell von A nach B will, hat keine Zeit, sich um Feineinstellungen zu kümmern

Lieblingssender und Einblick in Kalender

Mit Hilfe von Datenanalyse per KI will Share Now sein Angebot auch an anderen Stellen verbessern. Ideen dazu gibt es viele, etwa zur Personalisierung des Carsharing-Erlebnisses. Vorstellbar sei etwa, persönliche Fahrzeugeinstellungen mitzunehmen und bei jedem Mietantritt die bevorzugte Sitzposition, eigene Lieblingsradiosender etc. vorzufinden. Eine Idee ist auch die Verknüpfung des eigenen Kalenders: "Wenn dein Partner Geburtstag hat, könnte das Auto vorschlagen, bei einem Blumengeschäft vorbeizuschauen und die Route dafür optimieren."

Gerade für Personen, die ein Carsharing-Auto nur für eine schnelle Fahrt benötigen, sei es wichtig, ein möglichst unkompliziertes Erlebnis zu bieten: "Nicht jeder wird Zeit haben, sich mit dem Navi zu beschäftigen. Und Lust darauf, sich durch eine Bedienungsanleitung zu quälen, wird niemand haben." Eine Idee sei, Fahrzeugeinstellungen aus dem eigenen Privat-Pkw zu übernehmen und dafür Schnittstellen von Autoherstellern zu nutzen. Liegt das Fahrziel in einem Gebiet mit schwieriger Parkplatzsituation, könnte die Share-Now-App schon beim Auswählen des Fahrzeugs einen Hinweis geben. Etwa: "Du fährst in ein Gebiet mit geringer Parkplatzdichte, da würde ich dir einen Smart empfehlen."

Den Chauffeur gemeinsam bezahlen

Bei der Weiterentwicklung des eigenen Angebots habe das Unternehmen auch bereits autonomes Fahren im Visier. "Hier sind sehr viele Use Cases denkbar", meint Bevanda. "Selbstfahrende Autos werden viel teurer sein, somit stellt sich die Frage, wie du diese Anlage optimal ausnutzt." Es gehe also darum, die Auslastung möglichst hoch zu halten und die Nutzungswahrscheinlichkeit zu steigern. Helfen könnte etwa, den Fahrtpreis mit anderen Nutzer*innen zu teilen. "Das autonome Fahren wird ein Schlüsselthema sein. Es wird ein entscheidender Faktor sein, das intelligent und zuverlässig zu betreiben."

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Energie, Mobilität und Klimaschutz. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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