GMARS: Die Evolution der Raketenartillerie kommt aus Deutschland
Der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall hat GMARS vorgestellt. Dabei handelt es sich um ein Mehrfachraketenwerfer-Artilleriesystem. Es kombiniert die Feuerkraft des MLRS mit der Mobilität des HIMARS.
Das beste beider Systeme
MLRS wurde 1983 bei der US-Armee als M270 in Dienst gestellt und ist bis heute aktiv. Auch in mehreren anderen Ländern wird es genutzt, darunter Deutschland, Frankreich, Japan und Großbritannien. Es nutzt einen Kettenantrieb auf Basis des Bradley-Panzers und 2 Pods, wovon jeder bis zu 6 Raketen im Kaliber 227mm aufnehmen kann.
Schon bald wurde erkannt, dass MLRS zu schwer ist, um es schnell zu transportieren und einzusetzen. Also wurde HIMARS geschaffen. Es nutzt ein Lkw-Fahrgestell und hat nur noch einen Pod. Seit 2010 dient es bei der US-Armee als M142. Export wurde es ua. an Rumänien, Polen und Singapur.
Rheinmetall will mit GMARS das beste auf den beiden Systemen kombinieren. Es hat zwar ein Lkw-Fahrgestell, aber trotzdem 2 Pods.
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Schneller und mehr Reichweite
Das Lkw-Fahrgestell ist das HX 8x8 von Rheinmetall. Trotz eines Leergewichts von 31 Tonnen (MLRS: 21 Tonnen), kann GMARS auf der Straße bis zu 100 km/h schnell fahren. MLRS schafft hier nur 65 km/h und HIMARS 85 km/h.
HIMARS kommt 480 Kilometer weit. Rheinmetall verspricht beim GMARS bis zu 700 Kilometer Reichweite. GMARS misst 9,8 x 2,5 x 3,9 Meter. Damit ist es deutlich länger als das HIMARS (7 x 2,4 x 3,2m), aber nur ein wenig breiter und höher. Als Besatzung reichen 2 Personen, die Kabine bietet insgesamt 3 Personen Platz.
Shoot & Scoot
Wie wichtig eine hohe Mobilität ist, hat der russische Angriffskrieg auf die Ukraine gezeigt. Die USA haben der Ukraine 39 HIMARS zur Verfügung gestellt, die sehr effektiv eingesetzt werden, besonders mit der „Shoot & Scoot“-Taktik. HIMARS wird dabei zum Einsatzort gefahren, feuert seine Raketen in weniger als einer Minute ab und fährt wieder los, bevor ein Gegenschlag erfolgen kann.
Rheinmetall zufolge ist GMARS ebenfalls Shoot & Scoot-fähig. Informationen dazu, wie schnell GMARS nach der Ankunft am Abschussort alle Raketen starten kann, gibt es noch nicht.
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Moderne Raketen
Rheinmetall betont, dass GMARS das weltweit einzige radbasierte 2-Pod-Werfersystem auf Basis des MLRS ist. Das heißt: Es können alle Raketen verschossen werden, die schon jetzt mit MLRS und HIMARS kompatibel sind. Außerdem soll das GMARS darauf vorbereitet sein, moderne Munition zu verschießen und solche, die gerade noch entwickelt wird.
Dazu gehört etwa die Rakete PrSM, die seit Oktober 2023 beim Einsatz in der US-Armee ist. Sie hat eine Reichweite von 500 Kilometern. In weiteren Entwicklungsstufen soll die Reichweite erhöht werden. Angepeilt sind 1.000 Kilometer.
Pro MLRS-Pod können 2 PrSM geladen werden. GMARS kann also 4 Stück davon transportieren und starten. Die PrSM nutzt einen Splittergefechtskopf. Durch die verschiedenen Zünder (Aufschlag, Abstand, Verzögerung) soll dieser universal einsetzbar sein. Die PrSM kann somit zur Bekämpfung von Fahrzeugen, Panzern, Truppenverbänden und Bunkern bzw. befestigten Stellungen genutzt werden.
Marschflugkörper für GMARS
Als „zukünftige Munitionssorten“ nennt Rheinmetall auf der GMARS-Website einen Marschflugkörper, mit mehr als 370km Reichweite. Damit dürfte der JFS-M sein, der derzeit von MBDA entwickelt wird. Wie andere moderne Marschflugkörper fliegt er tief und hat Stealtheigenschaften, damit er schwieriger von Luftabwehr erfasst werden kann.
Angedacht ist die Integration von Künstliche Intelligenz, um Ziele im Einsatzgebiet zu identifizieren und nach Priorität anzugreifen. Je nach Mission kann er mit Sprengstoff bestückt werden oder mit Sensoren und Kameras zur Aufklärung. Auch zur elektronischen Kriegsführung ist er geeignet oder als Lockvogel, um die feindliche Luftabwehr auf sich zu ziehen. Zu Ausbildungszwecken kann er feindliche Flugkörper simulieren.
Munition der israelischen Konkurrenz
Rheinmetall nennt ebenfalls eine 122mm-Rakete als zukünftige Bewaffnung für GMARS. Damit könnte gemeint sein, dass GMARS mit Pods kompatibel ist, um russische 122mm-Raketen zu verschießen. Das macht das System etwa für europäische Staaten interessant, die diese Raketen noch aus Sowjetbeständen in den Arsenalen haben.
Auch könnte damit eine Integration der Accular-122mm-Raketen gemeint sein. Diese gehören zu PULS, einer Raketenartillerie, die vom israelischen Unternehmen Elbit gebaut wird. PULS wird als Alternative zum HIMARS beworben.
Nicht nur das System selbst soll günstiger sein, sondern auch die Munition, wie eben die gelenkten Accular-Raketen. Für höhere Reichweiten kann PULS auch den israelischen Marschflugkörper Deliah (250km) verschießen und die Rakete Predator Hawk (300km).
Dänemark und die Niederlande planen bereits PULS anzuschaffen. Auch die deutsche Bundeswehr hat Interesse bekundet.
„Günstiger“ Ersatz für MLRS
Rheinmetall betont, dass GMARS kostengünstig ist. Mit dem kleineren und vermutlich günstigeren PULS wird es preislich wohl nicht mithalten können. Daher wird GMARS eher als Ersatz für die alternden MLRS angeboten werden, bzw. als schlagkräftige Ergänzung zu mobileren Systemen, wie HIMARS und PULS. Daher macht die Munitionskompatibilität zu den 122mm-Accular-Raketen Sinn. Europäische Armeen, die PULS anschaffen, können die Munition bei Bedarf dann auch mit GMARS nutzen.
Ein Preis für GMARS ist noch nicht bekannt oder ob es schon Interessenten dafür gibt. Offiziell präsentiert wird das GMARS während der Rüstungsmesse Eurosatory, die von 17. bis 21 Juni in Paris stattfinden wird.
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Der Stückpreis für ein MRLS liegt in den USA bei derzeit 4,7 Millionen US-Dollar. Der Exportpreis ist üblicherweise deutlich darüber, wie man beim HIMARS sieht: Hier beträgt der US-Preis 4,9 Millionen US-Dollar. Der Exportpreis lag im Jahr 2022 aber bei fast 20 Millionen US-Dollar. Sollte Rheinmetall GMARS für 10 bis 15 Millionen Euro anbieten können, würde das sicher Interesse bei aktuellen MLRS-Nutzerländern wecken.
Als mögliche Kunden wird Rheinmetall nicht nur Deutschland anpeilen, sondern alle Länder, die derzeit MLRS-Systeme im Einsatz haben oder über eine Anschaffung nachdenken. Daher auch der Name: GMARS steht für Global Mobile Artillery Rocket System.
Auch die USA werden als Kundschaft angestrebt. Da hilft es, dass für GMARS offiziell mit dem US-Rüstungsunternehmen Lockheed Martin kooperiert wird. Dieses baut das MLRS und HIMARS baut sowie die dazugehörigen Raketen.
Ursprünge der modernen Raketenartillerie im Zweiten Weltkrieg
Die Grundidee der Raketenartillerie ist, in kurzer Zeit viele Geschosse abzufeuern. Bei normaler Artillerie muss nach jedem Schuss nachgeladen werden, Raketen können aber im Sekundentakt abgefeuert werden. Zudem ist mit Raketen eine höhere Reichweite als mit regulärer Artillerie möglich.
Der Beginn der modernen Raketenartillerie liegt im Zweiten Weltkrieg. Deutschland setzte hier auf seine Nebelwerfer, die trotz des Namens Raketen abfeuerten.
Die USA montierten Raketenwerfer auf Sherman-Kampfpanzer, wie etwa den T34 Calliope.
Am bekanntesten ist die sowjetische Katjuscha. Aufgrund des pfeifenden Geräuschs, das die Raketen verursachten, bekam sie von den deutschen Truppen den Spitznamen Stalinorgel.
Kalter Krieg: Sowjetunion setzt weiter auf Raketenartillerie
Die Sowjetunion setzte die Entwicklung der Raketenartillerie konstant fort. Eines der bekanntesten Systeme ist das BM-21 Grad, das auch heute noch von Russland eingesetzt wird.
Die aktuelle Version, die Russland nutzt, ist das 9A53 Tornado. Dieses System auf einem Lkw-Fahrgestell gibt mit den 122mm-Raketen des Grad, 220mm-Raketen und 300mm-Raketen. Es wurde 2014 in Dienst gestellt und gilt als die russische Antwort auf HIMARS.
MLRS: Die USA sind Nachzügler
In den 70er-Jahren erkannten die USA, dass weder sie noch andere NATO-Länder mit der sowjetischen Raketenartillerie mithalten konnten. Um für das Nachzügeln wettzumachen, entschloss man sich die sowjetische Raketenartillerie mit weniger Raketen, aber mehr Reichweite zu schlagen. Dazu wurde das Multiple Launch Rocket System (MLRS) mit 227mm-Raketen entworfen.
Das MLRS kam in den USA unter den Namen M270 im Golfkrieg und in Afghanistan zum Einsatz. Israel hat damit 2023 Ziele im Gazastreifen beschossen. Neben HIMARS hat die Ukraine auch MLRS geliefert bekommen. Diese kamen aber nicht von den USA, sondern von Großbritannien und Deutschland.
Die neueste Version des MLRS ist das M270A2 der US-Armee. 2019 wurden ältere MLRS mit einem neuen Zielsystem aufgerüstet, um die PrSM abfeuern zu können. Außerdem wurden Motor und Getriebe verbessert, sowie die Panzerung der Kabine.