Prototyp einer japanischen Railgun

Prototyp einer japanischen Railgun

© Acquisition, Technology and Logistics Agency

Militärtechnik

Railgun gegen Russland: Deutschland und Frankreich kooperieren mit Japan

Kürzlich wurde bekannt, dass Japan Hilfe von den USA bekommt, um seine Railgun weiterzuentwickeln. Jetzt bekommt das asiatische Land auch Unterstützung aus Europa.

Die japanische Behörde ATLA, die für Rüstungsentwicklungen zuständig ist, hat die Partnerschaft auf X verkündet. Demnach habe man sich mit Deutschland und Frankreich auf eine Zusammenarbeit bei der Entwicklung der Railgun-Technologie geeignet.

China und Russland als potenzielle Bedrohung

Der Zweck davon ist, die Entwicklung zu beschleunigen, damit Railguns möglichst rasch bereit für den Einsatz sind. Japans Grund zur Sorge sind die wachsenden Spannungen mit China. Sollte China seine Drohung wahr machen und Taiwan angreifen, werden die USA möglicherweise Taiwan beistehen. Da Japan ein Verbündeter der USA ist und die USA in Japan mehrere Stützpunkte haben, würde auch Japan in den Krieg hineingezogen werden.

Für Deutschland und Frankreich ist Russland das Bedrohungsszenario. Der russische Präsident Putin hat mehrfach allen Ländern gedroht, die die Ukraine mit Waffenlieferungen unterstützen.

➤ Mehr lesen: Russland droht zivile Satelliten abzuschießen

Was ist eine Railgun?

Die Railgun funktioniert ähnlich wie ein Katapult. Ein Schlitten läuft zwischen 2 Schienen – daher auch der Name Railgun (rail = Schiene). Eine Schiene ist positiv, die andere negativ geladen. Durch den stromleitenden Schlitten wird der Kreislauf zwischen den beiden Schienen geschlossen.

Dadurch entsteht ein Magnetfeld. Dies erzeugt Lorentzkraft, bei der ein Magnetfeld Kraft auf bewegte Ladungen ausübt. Der Schlitten wird dadurch beschleunigt, entgegen der Richtung der Energiequelle, also hin zur Mündung der Railgun. Das Projektil auf dem Schlitten wird dadurch mit extrem hoher Geschwindigkeit weggeschossen.

Vorteile von Railguns:

  • Mehr als die 10-fache Reichweite eines normalen Geschützes
  • Gelenktes Railgun-Projektil kostet weniger als 20 Prozent einer Rakete
  • Platz- und Gewichtsersparnis bei der Munition: Treibladungen für Granaten/Geschosse sind nicht mehr notwendig

Nachteile von Railguns:

  • Hohe Hitze beim Schießen beschädigt Schienen und andere Bauteile und reduziert so die Haltbarkeit
  • Leistungsstarke Railguns sind noch zu groß, um sie mobil einsetzen zu können

➤ Mehr lesen: Was ist eine Railgun?

Railguns als Schiffsgeschütz und zur Luftabwehr

Japan hat einen Prototyp seiner Railgun im Oktober 2023 auf einem Schiff getestet. Dabei wurde ein Projektil im Kaliber 40mm abgefeuert.

Auch aufgrund der geografischen Lage dürfte davon auszugehen sein, dass Japan vorrangig ein Railgun-Schiffsgeschütz entwickelt, um bessere Chancen im Kampf mit der chinesischen Flotte zu haben. China rüstet seine Marine seit Jahren massiv auf und entwickelt ebenfalls eine Railgun für den Einsatz zu See.

➤ Mehr lesen: China schießt Hyperschall-Bombe mit Railgun in die Stratosphäre

Japan hat aber auch recht früh klargemacht, dass man die Technologie für andere Waffensysteme nutzen möchte. Das schließt etwa die Küstenverteidigungen ein, indem die Railgun auf Lkw montiert wird, ähnlich wie Selbstfahrlaffetten mit Artilleriegeschütz, wie etwa das japanische Typ 19.

Außerdem möchte man die Railguns zur Luftabwehr einsetzen – etwa auch um Hyperschallraketen abzufangen. Besonders daran dürften Deutschland und Frankreich interessiert sein. Die ständigen Raketen- und Drohnenangriffe Russlands, auch gezielt auf zivile Infrastruktur, haben gezeigt, wie wichtig die Luftabwehr und deren Versorgung ist. Durch die ständigen Angriffe konnten andere Länder auch gut beobachten, um wie viel höher der angerichtete Schaden ist, wenn den Verteidigern die Munition ausgeht. Und hier kommt die Railgun ins Spiel.

➤ Mehr lesen: Ukraine bekommt mächtige neue Waffe noch vor der US-Armee

Die Schwächen der Luftabwehr mit Raketen

Um den rüstungstechnischen Reiz der Railgun zu verstehen, muss man sich die Schwächen der derzeitigen Luftabwehrsysteme ansehen. Luftabwehrraketen sind teuer. Manche Modelle kosten über eine Million Euro pro Stück. Außerdem dauert die Herstellung lange. Aufgrund ihrer Größe benötigen die Raketen viel Platz. Dieser Platz muss zudem ebenfalls gut geschützt sein, damit etwa das Arsenal nicht bei einem Luftangriff zerstört wird.

Die meisten raketengestützten Luftabwehrsysteme haben nur wenig „Schuss“. Die neuesten Starter des amerikanischen Patriot-Systems können bis zu 16 Luftabwehrraketen aufnehmen – danach heißt es nachladen. Bei der US-Armee dauert das zwischen 30 und 60 Minuten. Ein Sättigungsangriff mit Drohnen und Marschflugkörpern kann also dafür sorgen, dass die Abwehrsysteme leergeschossen sind. Die nächsten Wellen von Drohnen und Raketen erreichen dann innerhalb der Nachladezeit unbehelligt ihre Ziele.

Zu wenig Reichweite mit Kanonen

Eine mögliche Lösung sind moderne Flugabwehrgeschütze, wie etwa das Skyranger-System von Rheinmetall. Die 35mm-Geschosse sind deutlich kleiner als Raketen, billiger und die Kanone kann schneller nachgeladen werden.

Allerdings ist die Reichweite mit 4 Kilometern begrenzt. Zum Vergleich: Eine PAC-3-MSE-Rakete des Patriot-Systems hat eine Reichweite von bis zu 35 Kilometern. Mehr Reichweite bedeutet mehr Abdeckung des Luftraums durch das Abwehrsystem. Zudem hat man mehrere Chance Abwehrtreffer zu landen, wenn das anfliegende Ziel schon frühzeitig bekämpft werden kann.

➤ Mehr lesen: So wird Österreichs Luftraum überwacht

Railgun ist billig und hat hohe Reichweite

Eine Railgun zur Luftzielbekämpfung könnte die Vorteile der Systeme kombinieren und so deren Nachteile ausgleichen. Die Geschoße wären ähnlich günstig und kompakt wie die von Flugabwehrkanonen.

Durch die extreme Beschleunigung wären Reichweiten möglich, die jener von Luftabwehrraketen entsprechen. Die hohe Geschwindigkeit der Projektile und geringere Signatur als Raketen, würde es modernen Marschflugkörpern und Hyperschallraketen erschweren, aktive Gegenmaßnahmen einzuleiten, wie etwa Ausweichmanöver und das Ausstoßen von Täuschkörpern.

Projekt RAFIRA: Eine Salven-Railgun

Deutschland und Frankreich haben bereits ein gemeinsames Rüstungsprojekt, das in diese Richtung geht: RAFIRA. Das Ziel ist eine Railgun im Kaliber 25mm zu schaffen, die Salven mit extrem heuer Feuerrate verschießen kann.

So ein „Burst“ soll bis zu 5 100 Gramm schwere Projektile enthalten, die bis zu 2.400 Meter pro Sekunde schnell fliegen. Das würde Mach 7 entsprechen. Geplantes Einsatzszenario: Schiffe sollen damit Geschosse und Raketen abwehren.

➤ Mehr lesen: Israelisches System Sky Sonic soll Hyperschallraketen abfangen

THEMA: Eine Railgun-Artillerie

Deutschland und Frankreich waren ebenfalls führend beim europäischen Projekt PILUM. Dabei wurde untersucht, ob die Railgun-Technologie als Ersatz für herkömmliche Artillerie dienen kann. Im September 2023 wurde verkündet, dass das Projekt die Erwartungen übertroffen habe. Das Projektil konnte auf Mach 6 beschleunigt werden. Spezielle Materialen reduzierten den Verschleiß der relevanten Komponenten der Railgun und erhöhten so die Lebensdauer.

Die PILUM-Railgun

Die PILUM-Railgun

Im Folgeprojekt THEMA soll bis 2028 eine Railgun-Artillerie auf einem Schießplatz getestet werden. Das Wunschziel ist, dass diese Railgun-Artillerie eine Reichweite von bis zu 200 Kilometern hat.

Das wäre ein gewaltiger Sprung. Artillerie im NATO-Standardkaliber 155mm hat derzeit eine Reichweite von etwa 40 Kilometern

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

mehr lesen
Gregor Gruber

Kommentare