
Greenpeace Aktivisten protestieren gegen ein Deep Sea Mining-Schiff von der Metals Company.
Was man über Deep Sea Mining wissen sollte
Donald Trump ist auf Schatzsuche. Nach Grönland und der Ukraine hat er nun die Tiefsee ins Visier genommen. Vor Kurzem hat er angeordnet, die Erkundung und Genehmigung von Tiefseebergbau in amerikanischen und internationalen Gewässern zu beschleunigen.
Dabei handelt es sich um ein hoch kontroverses Vorhaben. Noch gibt es viele offene Fragen in Bezug auf die Gewinnung von Rohstoffen an einem der unerforschtesten Orte der Erde.
Gleichzeitig brauchen wir aber Rohstoffe für die Energiewende. Zum Beispiel für die Herstellung der Akkus und Elektromotoren von E-Autos. Laut Schätzungen der Internationalen Energieagentur IEA werden wir im Jahr 2040 doppelt so viele kritische Rohstoffe brauchen wie heute. Wenn wir die Klimaziele erreichen wollen, brauchen wir 4-mal so viel wie heute.
Wie sollen wir also umgehen mit diesem Dilemma? Hier sind Antworten auf 7 Fragen zum Tiefseebergbau.
1. Was ist Deep Sea Mining?
Unter Tiefsee versteht man Gebiete, die rund 5.000 Meter unter der Meeresoberfläche liegen. Mithilfe von Tiefseebergbau sollen wertvolle Metalle und Mineralien vom Boden der Ozeane gewonnen werden.
Diese können in 3 Bereichen der Ozeane gefunden werden. Eine Quelle dafür sind Manganknollen (polymetallische Knollen), die zum Beispiel Eisen, Nickel, Kobalt, Kupfer und Mangan enthalten. Die zweite Quelle sind hydrothermale Tiefseequellen. Dort findet man beispielsweise Gold, Silber, Zink oder Blei. Bei der dritten Quelle handelt es sich um „Unterwasserberge”, die beispielsweise Kobalt enthalten.
Damit sich Mineralien und Metalle in der Tiefsee bilden, braucht es vor allem Zeit. Denn die Knollen bilden sich, indem sich Mineralien ablagern, etwa auf Muschelschalen. Sie wachsen nur ein paar Millimeter pro einer Million Jahre. Manche dieser Knollen sind bis zu 600 Millionen Jahre alt.
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2. Wie funktioniert Deep Sea Mining?
Um die Metalle und Mineralien zu gewinnen, müssen Roboter in die Tiefen geschickt werden. Diese würden die Metalle samt der oberen 10 bis 15 Zentimeter des Meeresbodens einsammeln - zumindest nach derzeitigem Stand der Technik.
Mithilfe von einem Sauggerät und kilometerlangen Rohren werden die Rohstoffe an die Oberfläche des Meeres geschickt. Daneben verläuft ein zweites Rohr, über das die herausgefilterten, nicht erwünschten Sedimente zurück in den Ozean gepumpt werden.
3. Wo findet man die Vorkommen?
Laut der US-Behörde Geological Survey enthält die Clarion-Clipperton-Zone, ein Bereich im östlichen Pazifik, zwischen Hawaii und Mexiko, mehr Nickel, Kobalt und Mangan als alle Reserven auf dem Festland zusammen. Dort allein sollen 21,1 Milliarden Tonnen der Manganknollen zu finden sein.
17 Explorationsverträge wurden bereits in dieser Region mit Unternehmen abgeschlossen. Sie erforschen den Tiefseebergbau in dieser Region, auf einer Fläche, die so groß ist wie Ägypten. Weitere Vorkommen sieht man in diesem Video:
4. Brauchen wir die Rohstoffe aus der Tiefsee für die Energiewende?
Befürworter des Tiefseebergbaus argumentieren, dass die Rohstoffe für die Energiewende benötigt werden. Man brauche sie unter anderem, um die steigende Nachfrage nach Stromspeichertechnologien, wie Batterien, zu decken.
Der European Academies Science Advisory Council (EASAC) ist jedoch skeptisch. „Die Behauptung, der Tiefseebergbau sei für die Erreichung unserer Klimaziele unverzichtbar und daher eine grüne Technologie, ist irreführend", sagt Michael Norton, EASAC-Umweltdirektor. Denn der Tiefseebergbau würde die benötigten Mengen nicht liefern.
Laut Schätzungen der IEA könne eine Steigerung des Recyclings den Bedarf an neu abgebauten Mineralien bis 2050 um 40 Prozent bei Kupfer und Nickel und um 25 Prozent bei Lithium und Kobalt senken. Außerdem können Fortschritte in der Forschung den Bedarf an bestimmten Materialien senken. Zum Beispiel findet eine Verlagerung von Nickel-Mangan-Oxid-Batterien hin zu Lithium-Eisenphosphat-Batterien statt.
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5. Welche Tiefsee-Projekte gibt es?
Bislang gibt es noch kein kommerzielles Projekt für den Tiefseebergbau. Einige Länder, darunter Norwegen, Indien, Japan und die Cook-Inseln, haben Genehmigungen für die Erkundung von Bodenschätzen in ihren eigenen Gewässern erteilt. Für die internationalen Gewässer braucht es eine Genehmigung von der Internationalen Seerechtsbehörde ISA. Und dort befinden sich die meisten Vorkommen.
Das kanadische Unternehmen The Metals Company führte bereits einen laut dem Unternehmen erfolgreichen Feldtest in der Clarion-Clipperton-Zone durch. Nun möchte man im Rahmen der US-Bergbauvorschriften eine Genehmigung für die kommerzielle Produktion in der Region bis Ende Juni 2025 erhalten. Das Unternehmen möchte mit den USA kooperieren, da diese das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (UNCLOS), auf dem die ISA aufbaut, nie unterzeichnet haben.
China macht seit Jahren Fortschritte im Tiefseebergbau, arbeitet laut dem Center for Strategic and International Studies (CSIS) aber im Rahmen der ISA. Am 15. Februar 2025 hat China einen Vertrag mit den Cook-Inseln unterzeichnet, bei dem die Erforschung und potenzielle Gewinnung von Bodenschätzen in der Tiefsee beschlossen wurden.
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6. Was sind die Risiken?
Befürworter des Deep Sea Minings argumentieren, dass durch den Bergbau in der Tiefsee einige Umweltprobleme vermieden werden können, die durch den Abbau an Land entstehen. Tatsächlich ist auch der Rohstoffabbau an Land nicht unproblematisch. Das Problem an der Tiefsee ist allerdings, dass wir diese Ökosysteme bisher noch kaum verstehen. Erst vor Kurzem haben Forscher etwa in der Clarion-Clipperton-Zone 5.000 bisher unbekannte Arten entdeckt.
Die Europäischen Wissenschaftsakademien warnen daher vor den gravierenden Folgen für die Meeresökosysteme und plädieren dafür, zuerst das Potenzial von Recycling weiterzunutzen. „Obwohl unser Verständnis der Umweltauswirkungen in solch abgelegenen Gebieten noch sehr lückenhaft ist, werden sehr große Bereiche des Meeresbodens geschädigt und die Biota (Anm.: Lebewesen in einem Ökosystem) getötet. Außerdem besteht das Risiko erheblicher Sekundäreffekte durch die großen Mengen an freigesetztem Sediment", erklärt Lise Øvreås, Professorin an der Universität Bergen in Norwegen.
In einer Studie schlussfolgern Wissenschaftler beispielsweise, dass der Tiefseebergbau nicht nur bodenlebende, sondern auch freischwimmende Organismen schädigen könnte. Neben direkten tödlichen Folgen, beeinträchtige der Eingriff die Ernährung, das Wachstum oder die Fortpflanzung von Lebewesen in der Tiefsee und darüber hinaus. Das volle Ausmaß sei bisher nicht abschätzbar. Eine Studie des Natural History Museum und des National Oceanography Centre zeigt etwa, dass sich nach einem Tiefseebergbau-Test in den 1970er-Jahren einige sedimentbewohnende Arten erholen konnten, größere Tiere jedoch dauerhaft fernbleiben.
7. Wie geht es jetzt weiter?
Aufgrund der nicht abschätzbaren Folgen, haben Länder wie Deutschland, Österreich oder Frankreich ein Moratorium für den Tiefseebergbau gefordert. Auch Unternehmen wie Google und BMW haben sich verpflichtet, keine Mineralien vom Meeresboden zu verwenden.
Die ISA hätte bis Juli 2023 Standards für den Tiefseebergbau festlegen sollen. Das ist aufgrund mangelnder Einigung aber nicht passiert. Nun wird erwartet, dass die ISA im Juli 2025 ein internationales Regelwerk für den Tiefseebergbau beschließen wird.
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