Polizei-Standorte sind nicht auf ein Blackout vorbereitet
Expert*innen warnen seit Jahren davor, dass ein flächendeckender Stromausfall in ganz Europa immer wahrscheinlicher wird. Vor kurzem haben wir dazu 4 Gründe aufgelistet, warum das Risiko dafür stetig wächst. Auch Innenminister Karl Nehammer bezeichnete ein Blackout vor kurzem als eine der „größten Bedrohungen für moderne Staaten“.
Dennoch ließ eine Aussendung des Innenministeriums am Montag aufhorchen: Denn daraus ging indirekt hervor, dass zahlreiche Polizei-Standorte noch nicht ausreichend gerüstet sind und im Falle eines flächendeckenden Stromausfalls nicht resilient sind. Das bedeutet, dass die Polizei von bestimmten Standorten aus bei einem großflächigen Stromausfall nicht für öffentliche Sicherheit sorgen kann.
Erst die Hälfte der 100 Standorte resilient
Die futurezone hat beim Innenministerium nachgefragt, ob tatsächlich gerade erst damit begonnen wird, Standorte resilient – also unabhängig von externen Stromquellen - zu gestalten. Das Innenministerium bejaht und nennt dabei sich selbst, sowie wichtige Zentralen wie das Bundeskriminalamt (BKA), die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN), die Cobra, die Landespolizeidirektionen sowie die Bezirkspolizeikommanden als Standorte, die für eine derartige Aufrüstung in Frage kommen. Das bedeutet: Die Polizeiinspektion ums Eck ist dafür in der Regel gar nicht vorgesehen.
Man habe gerade erst „die Definition der Standorte durchgeführt“, die resilient werden sollen, heißt es seitens Harald Sörös, Ressortsprecher des Innenministers. Dazu sollen bis Ende des Jahres Pläne erarbeitet werden. „Aktuell sind rund die Hälfte dieser genannten BMI- und Polizeistandorte resilient“, so Sörös zur futurezone. Dementsprechend wären die meisten Polizeiinspektionen in Österreich im Falle eines Blackouts ebenfalls ohne Strom und deshalb nur bedingt einsatzfähig.
„Aktuell sind rund die Hälfte dieser genannten BMI- und Polizeistandorte resilient."
Keine Notstromversorgungsanlagen
Die genannten Standorte von Polizei, Geheimdiensten, Cobra und Bundeskriminalamt sollen bis Ende 2024 resilient – also für ein Blackout – gerüstet werden. „Das betrifft vor allem Maßnahmen betreffend Notstromversorgungsanlagen“, sagt Sörös. „Wir müssen aber damit rechnen, dass es bereits in den nächsten Monaten zu kritischen Ereignissen, bis hin zum Blackout, kommen kann“, sagt Herbert Saurugg, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Krisenvorsorge (GfKV).
Sollte ein großflächiger Stromausfall vor diesem Zeitraum eintreffen, „wäre es möglich, dass die Standorte noch nicht resilient genug“ seien. „Erforderlichenfalls müssten in einem Blackout-Fall entsprechende Ersatzmaßnahmen getroffen werden“, heißt es dazu seitens des Innenministeriums.
Digitalfunkgeräte für das BOS-Funknetz
Eine Kommunikationsverbindung mit dem Netzbetreiber Austria Power Grid (APG) gibt es jedoch im Fall des Falles. „Der APG wurden bereits Digitalfunkgeräte für die direkte Kommunikation zur Verfügung gestellt. Also die APG ist damit auch Teilnehmerin am gemeinsamen BOS-Funknetz, dem Funksystem für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben“, heißt es aus dem Innenministerium. Im Fall eines Blackouts bricht nämlich auch das Mobilfunknetz nach nur wenigen Stunden komplett zusammen.
Doch neben der Polizei sollte sich auch die Bevölkerung auf derartige Ereignisse vorbereiten. „Ohne vorgesorgte Bevölkerung ist eine Blackout-Bewältigung nicht möglich. Niemand kann Millionen Menschen versorgen, wenn die üblichen Strukturen nicht funktionieren“, warnt Saurugg.
Vorbereitung auf den Ernstfall
Es werde in so einem Fall quer durch Europa mit „chaotischen Ausfällen in der Produktion und Logistik“ zu rechnen sein und Szenarien, wie sie gerade in Großbritannien herrschen, wo es aktuell massive Engpässe beim Treibstoff- und der Lebensmittelversorgung gibt, werden gang und gebe sein. „In so einem Fall hilft auch keine Polizei oder kein Bundesheer mehr, wenn sich nach spätestens 7 Tagen rund 6 Millionen Menschen nicht mehr ausreichend selbst versorgen können“, so Saurugg.