Rogue One: A Star Wars Story sinkt wie die Titanic
Rogue One ist für eingefleischte Star-Wars-Fans spannend, obwohl es „nur“ ein Spin-Off ist. Denn Kritiker warfen Disney schon bei der Ankündigung des Films vor, dass Rogue One ein Lückenbüßer ist, um die Zeit bis Episode VIII zu überbrücken. Somit gilt es herauszufinden, ob Disney Star Wars so stark melkt, bis es kaputt geht.
Der weniger pessimistische Fan sieht in Rogue One den ersten Kinofilm, in dem Disney auf das erweiterte Universum von Star Wars eingeht, das abseits der Episoden I bis VII existiert. Wirklich glücklich wird keiner der zwei Fan-Typen werden, denn Rogue One ist weder ein kompletter Reinfall, noch der erhoffte, ultimative Fan-Service.
Zwischenspiel
Falls jemand Episode IV und die Trailer von Rogue One nicht gesehen hat: Ab hier nicht mehr weiterlesen, sondern zum Fazit springen und danach schnellstmöglich Episode IV ansehen. Rogue One spielt zeitlich Jahre nach Episode III und sehr kurz vor Episode IV. Eine Gruppe von Rebellen will die Pläne einer neuen Superwaffe des Imperiums stehlen: des Todessterns.
Bis es zu diesem Showdown kommt, gibt es bekannte Filmrezepte zu sehen, die bis ins Jahr 1939 zurückgehen. Wie in „Zauberer von Oz“ schließen sich ein paar Gefährten zusammen, um gemeinsam das Ziel zu erreichen. Auf den Weg dorthin findet einer seinen Mut, ein anderer seinen Glauben und ein Dritter sein Gewissen.
Musik auf der Titanic
Dabei wird zwar nicht gesungen, allerdings ist fast jeder Dialog mit typischer Star-Wars-Orchester-Musik unterlegt. Einige Male wirkt das unpassend, da jedem Gespräch dadurch eine tiefere Bedeutung unterstellt wird, als es eigentlich hat. Hier hat Disney den Schauspielern wohl nicht zugetraut, Emotionen ohne unterstützende Hintergrundmusik rüberzubringen.
Die Musik spielt bis zum Schluss: Ähnlich wie die Band im Film Titanic. Und wie bei Titanic weiß man auch wie Rogue One endet, da ja bekannt ist, wie Episode IV beginnt. Das macht es für Star-Wars-Fans nahezu unmöglich nicht sofort zu erkennen, was passieren wird. Spannend ist Rogue One deshalb eher für Außenstehende, die ihre Jugend nicht Blastern, Lichtschwertern und dem Perfektionieren ihrer Darth-Vader-Imitation gewidmet haben.
Fan-Momente
Das heißt aber nicht, dass der Film keine Momente für Fans bietet. Es beginnt schon beim Titel. Das „Rogue“ ist Fans aus den Star-Wars-Videospielen Rogue Squadron und Rogue Leader bekannt. Man erfährt endlich, wieso das Imperium eine Superwaffe in Mondgröße baut, die von einem einzelnen X-Wing zerstört werden kann und was die Energiequelle für den planetenvernichtenden Laser ist. Man sieht einen AT-ACT ohne Frachtbehälter im Körper, den U-Wing als Transporter und in der Air-Support-Rolle, neue Shuttles des Imperiums, den Tie Striker und Küstentruppler. Und Jyn Erso verwendet einen Blaster, der auf Basis einer alten Luger P08 Pistole gebaut wurde. Ein nettes Detail, da bei Star Wars IV bis VI viele der Blaster auf Basis von echten Waffen aus dem Zweiten Weltkrieg gebaut wurden.
Achtung: Spoiler in den nächsten zwei Absätzen. Wer Star Wars Rebels Staffel 2 noch nicht gesehen hat (und noch sehen will), sollte diese Absätze überspringen.
Mit Saw Gerrera ist zudem erstmals ein Charakter in einem Star-Wars-Film zu sehen, der aus der Animationsserie The Clone Wars stammt. Auch auf die Animationsserie Star Wars Rebels wird Bezug genommen. Da Darth Vader in Rogue One kurz in einen Regenerationstank zu sehen ist, könnte dies auf die letzte Folge der Staffel Zwei von Star Wars Rebels deuten, in der Vader im Kampf verletzt wurde.
Auch ist am Anfang des Films auf dem Flugfeld der Rebellenbasis kurz ein Raumschiff zu sehen, das sehr stark wie der Ghost aus Star Wars Rebels aussieht. Bail Organa erwähnt einen Jedi, der seit den Klongkriegen im Verborgenen lebt. Die offensichtliche Vermutung ist, dass es sich dabei um Obi Wan Kinobi handelt. Allerdings könnte es auch Ahsoka Tano sein, die mit ihm zusammen einen Teil der Rebellenbewegung aufgebaut hat. In der letzten Folge von Star Wars Rebels Staffel 2 scheint sie vermutlich zu sterben. So wie Organa aber über sie redet, könnte sie noch leben.
Lebender Toter
Ein anderer Toter hat in Rogue One einen etwas gruseligen Auftritt. Peter Cushing, in Episode IV als Großmoff Tarkin zu sehen, ist auch in Rogue One dabei – obwohl er 1994 gestorben ist. Das CGI ist zwar gut gemacht, aber man sieht doch, dass da irgendwas nicht stimmt. Dasselbe gilt für den kurzen Moment, der Prinzessin Leia zeigt – so jung wie in Episode IV.
Kriegsstimmung
Nicht nur aufgrund dieser CGI-Erinnerung an die Vergänglichkeit des Lebens und der Schönheit ist Rogue One eher ein finsteres Star-Wars-Kapitel. Die Schiffe und Orte wirken schmutzig und staubig, im Gegensatz zu den fast schon sterilen Kulissen von Episode IV bis VI. Selbst die Hochglanz-Sturmtruppen sind teilweise mit fleckigen Rüstungen zu sehen und verlieren weiße Plastiksplitter, wenn sie eine mit dem Kampfstab auf den Helm bekommen.
Auch bei strahlendem Sonnenschein am Strand wird gekämpft, mit Raketenwerfern, Luftunterstützung, Thermaldetonatoren und hinter Deckungen. Die Rebellen und Sturmtruppen stehen nicht mehr einfach in der Gegend herum, sondern werfen sich auch schon mal in den nächsten Sandhaufen, um den Blasterfeuer zu entgehen. Dadurch entsteht der Vibe eines Kriegsfilms. Zusammen mit der vorhersehbaren Story und der klischeehaften Entwicklung der Ereignisse, damit jedes Mitglied der Rebellen-Bande seinen Teil zum Ziel beitragen kann, erinnert das an Zweite-Weltkriegs-Filme, wie „Das dreckige Dutzend“, „Der Adler ist gelandet“ und „Ein dreckiger Haufen“.
Zum Glück wurde nicht versucht, diese bedrückende Stimmung künstlich aufzuheitern. Anfangs gibt es zwar noch den ein oder anderen Witz, hauptsächlich wegen des Droiden K-2SO. Doch je näher der Film dem Ende kommt, desto ernster wird es.
Fazit
Es hat einen Grund warum der Film „Rogue One: A Star Wars Story“ und nicht „Star Wars: Rogue One“ heißt. Wer wegen dem klingenden Namen Star Wars ins Kino geht und ein Sciene-Fiction-Spektakel im Stil von Episode I bis VII erwartet, wird nur einen Kriegsfilm mit viel Action und Blastern statt Maschinenpistolen vorfinden. Daran ändert auch die Dauerbeschallung mit dem typischen Star-Wars-Orchester-Soundtrack nichts.
Für Star-Wars-Fans ist die Sache etwas anders. Dass die Handlung nur rudimentär ist und die Charaktere wenig ausgearbeitet sind, ist egal: Man sieht ohnehin der Titanic beim Sinken zu. Dem ist sich auch Disney bewusst: Fans wissen schon vor dem Film, wie er ausgeht, wozu also Zeit verschwenden um etwas aufzubauen, das keinen Bestand in der Saga hat. Stattdessen gibt es mehr Action, Retro-Anspielungen an die Original-Trilogie und eine kurze Darth-Vader-Kampfszene. Da der Film ohnehin primär für eingefleischte Star-Wars-Fans gedacht ist, hätte ruhig etwas mehr Fan Service und erweitertes Universum in dem Film sein können.