Digital Life

Smarte Schule: "Schulbücher vermisst keiner"

"Unsere Schüler haben schon seit Jahren keine Schulbücher mehr gesehen. Obwohl ich ein alter Buch-Leser bin, glaube ich, dass digitale Materialien die Zukunft sind. Kein Schüler vermisst Schulbücher", sagt Kjaer Andersen bei seinem Vortrag in Krems. Im Oerestad Gymnasium in Kopenhagen hat jeder Schüler seinen Laptop oder sein Tablet. Vor fünf Jahren wurde an der Schule begonnen, den Unterricht auf digitale Lernmaterialien umzustellen. Schulbücher wurden abgeschafft.

"Das kann allerdings nur funktionieren, wenn Lehrer ihre eigenen Lernmaterialien zusammenstellen und mit anderen Lehrern teilen. Wir haben die Regel eingeführt, dass Lehrer im ersten Jahr das Material von anderen Lehrern verwenden dürfen, ab dem zweiten Jahr müssen sie selbst Materialien produzieren und mit anderen teilen. Das ist obligatorisch", erklärt Kjaer Andersen.

Lehrer teilen Unterlagen und Wissen
Am Gymnasium, das von rund tausend 16- bis 19-Jährigen besucht wird, gibt es eigene Organisationseinheiten für Lehrer. Sie arbeiten in Gruppen zusammen, teilen ihr Wissen miteinander und unterstützen sich gegenseitig beim Planen des Unterrichts und tauschen digitale Lehrmaterialien aus. "Das ist sehr wichtig und erfordert große organisatorische Änderungen im Vergleich zu herkömmlichen Schulen", sagt Kjaer Andersen.

Die Schule habe bei der Umstellung allen Lehrern die Wahl gelassen, ob sie sich auf den digitalen Unterricht einlassen, oder liebe die Schule wechseln wollen. Viele sind geblieben. Für die gab es ab sofort klare Regeln, wie mit Technologie umgegangen wird. "Wenn man den Lehrern die Wahlmöglichkeit gibt fallen sie von selbst wieder in alte Verhaltensstrukturen zurück. Das wollten wir verhindern."

Schüler arbeiten mit digitalen Medien
Doch der digitale Unterricht wird am Oerestad Gymnasium nicht nur von den Lehrern gesteuert, er erfordert auch viel Beteiligung von den Schülern. "Wir glauben an eine aktive Rolle der Schüler im Lernprozess. Dazu gibt es viele interaktive Materialien, durch die auch Gruppenarbeiten ermöglicht und gefördert werden", erklärt Kjaer Andersen. In einem eigenen "virtuellen Raum" schreiben Schüler Blogbeiträge, produzieren Podcasts und verwenden verschiedene Medien, um sich auszudrücken. Dieser kreative Umgang mit Medien und Kommunikation macht einen großen Teil des pädagogischen Ansatzes aus. "Ganz haben wir es noch nicht geschafft, aber es war am Ende nicht so schwierig, wie wir erwartet hatten. Ich kann jeder Schule nur raten: Versucht es!"

Einzigartiges Raumkonzept
Das Oerestad Gymnasiumhat allerdings auch die räumlichen Voraussetzungen, um ein derartiges Schulkonzept umzusetzen. Die Schule wurde im Jahr 2005 nach der dänischen Schulreform von einem jungen Architekten-Team namens 3xN (Three Times Nielsens) erbaut und war von Anfang an ein Beispiel dafür, wie die breite pädagogische Reorientierung in Dänemark funktionieren könnte.

Das Gebäude besteht aus einem riesigen Box-Baukasten mit vielen leeren Flächen und einer breiten, großen Stiege, rund um diese sich Flächen befinden, die sich zum Lernen oder für Pausen eignen. Es gibt dafür kaum traditionellen Klassenräume. Lediglich für die Unterrichsstunden, bei denen neue Informationen vermittelt werden, gibt es eigens konzipierte Räume. Ansonsten gebe es Gruppen-Zonen, Treffpunkte, individuelle Bereiche und Plenarsäle für Veranstaltungen, so der Direktor. Wenn das Wetter es zulässt, wird auch am Dach unterrichtet, oder in offenen Plätzen rund ums Schulgelände, z.B. direkt am Wasser.

"Bring Your Own Device" problematisch
An der Kopenhagener Schule lief jedoch nach der Umstellung nicht alles von Anfang an reibungslos ab. Probleme gab es vor allem durch das Konzept "Bring Your Own Device". Das sei sehr teuer für seine Schüler und nicht immer effektiv gewesen. "Die Organisation einer Klasse ist mit einer einzigen Technologie einfach einfacher, weil ich die als Lehrender auch kenne. Man kann als Lehrer nicht Experte für alle technischen Geräte sein, bei `Bring Your Own Device` werde dies aber erwartet.

Ab dem kommenden Schuljahr werden alle ersten Klassen (Schüler ab 16) mit iPads ausgestattet, erklärt Kjaer Andersen. Die Schule verfüge über nicht mehr Budget als jede andere Schule in Dänemark. Die Finanzierung der iPads sei für die Schule eine "Frage der Budget-Einteilung", so der Direktor.

Urheberrecht als Problem bei Lerninhalten
Das technisch aufwendigste sei die Installation von WiFi-Verbindungen in allen Klassenzimmern gewesen, die auch dann nicht zusammenbrechen darf, wenn Schüler sie mit mehreren Geräten verwenden. Das größte Problem sei vor allem am Anfang das Urheberrecht gewesen, da man gedruckte veröffentlichte Lerninhalte nicht einfach digitalisieren und im Unterricht verwenden kann. "Wir wollen unseren Unterricht legal gestalten. Dazu setzen wir auf digitale Textbücher mit Lizenz, freie Internet-Ressourcen und Materialien, die von Lehrern und Studenten produziert werden."

Für Schulen, die das Konzept von Oerestad nachmachen wollen, empfiehlt Kjaer Andersen: "Netzwerken ist sehr wichtig. Es ist eine große Gefahr für Schulen, sich von der Außenwelt abzuschotten. Wir hätten unseren Unterricht niemals auf digital umstellen können, wenn wir nicht mit anderen Schulen, Unis und Netzwerken kooperiert hätten, sagt Kjaer Andersen: "Das ist für die Inspiration und die Teams wichtig."

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Ideenwettbewerb
Wie soll das Klassenzimmer der Zukunft aussehen, wie soll es funktionieren und wie stellen sich Schüler den Unterricht vor?

Futurezone.at und Samsung starten den Ideenwettbewerb „Samsung Smart School", der vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur unterstützt wird. Nähere Infos sowie die Teilnahmebedingungen finden Sie hier.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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