Wachstum über Menschenleben: Facebook-Memo sorgt für Aufregung
Ein Memo eines bekannten Facebook-Managers, Andrew „Boz“ Bosworth, sorgt derzeit für Aufsehen. Der Vice President für Consumer Hardware bei Facebook schrieb im Juni 2016 in einem nun geleakten internen Memo, dass Facebook Wachstum über alle stellen soll, auch über Menschenleben - auch wenn das „hässlich“ sei. „Wir verbinden Menschen miteinander. Punkt. Darum ist all das, was wir tun um zu wachsen, gerechtfertigt. All die fragwürdigen Methoden, um Kontakte zu importieren. All die ausgetüftelte Sprache, nur um sicherzustellen, dass Menschen von Freunden gefunden werden können“, schreibt Bosworth unter anderem.
„Wir verbinden Menschen miteinander. Das kann schlecht sein, wenn sie es negativ darstellen. Vielleicht kostet es jemanden sein Leben, wenn er Bullies ausgesetzt wird. Vielleicht stirbt jemand in einem Terrorangriff, der über unsere Dienste geplant wurde“, heißt es weiter im Memo. Das Memo wurde kurz nach einem Mord, der auf Facebook Live übertragen wurde, verfasst. Facebook kam durch diesen Vorfall stark unter Druck und musste den Live-Streaming-Dienst stark überarbeiten und gewalttätige Inhalte markieren. Bosworth wollte daraufhin offenbar mit Durchhalteparolen den bisherigen Kurs beibehalten. „Die besten Produkte gewinnen nicht. Es sind die, die jeder verwendet“, rechtfertigt Bosworth das bisherige Vorgehen.
Zuckerberg: "Zweck heiligt nie die Mittel"
Bosworth zählt zu den einflussreichsten Managern des US-Konzerns. Er schloss sich dem Unternehmen 2006 als Vice President an und arbeitete an zahlreichen verschiedenen Facebook-Produkte, unter anderem dem News Feed, VR und Facebook-Gruppen. Zuvor war der Harvard-Absolvent bei Microsoft tätig. Der 35-Jährige gilt als jemand, der einen rauen, direkten Ton anschlägt. Das bestätigt auch Facebook-CEO Mark Zuckerberg, der in einer ersten Stellungnahme die Inhalte des Memos ablehnt.
„Boz ist eine talentierte Führungspersönlichkeit, die oftmals provokative Dinge sagt. Dieses Memo war eine der Inhalte, die die meisten Menschen bei Facebook, mich eingeschlossen, abgelehnt haben. Der Zweck heiligt niemals die Mittel“, so Zuckerberg. Laut Zuckerberg wurde daher auch das Firmenziel vergangenes Jahr angepasst, weil es nicht ausreicht, nur Menschen miteinander zu verbinden.
Bosworth verurteilt Leak
Bosworth zeigte in einem Twitter-Posting Reue für das Memo: „Ich stimme dem Memo heute nicht mehr zu und ich habe dem nicht einmal zugestimmt, als ich es geschrieben habe.“ Er habe vielmehr Themen an die Oberfläche fördern wollen, die seiner Meinung nach im Unternehmen besprochen werden sollten. Das Memo würde aber weder seine Ansichten noch die des Unternehmens widerspiegeln.
Berichten zufolge war das Memo auch intern stark umstritten. Laut The Verge verfasste Bosworth nun in einer internen Facebook-Gruppe einen weiteren Post, in dem er den Leak verurteilte und betonte, dass es sich lediglich um die Basis für Diskussionen handelte. „Diese Diskussion ist nun verschwunden. Und ich werde nicht derjenige sein, der sie zurückholt, aus Angst, ich könnte von der breiten Öffentlichkeit missverstanden werden, weil man nicht den vollen Kontext dazu hat, wer wir sind und wie wir arbeiten.“