Ratchet & Clank Rift Apart im Test: Gut, dass es das nur für PS5 gibt
Ich, beim Installieren des Spiels: „Aja, Ratchet & Clank gibts immer noch. Meh.“ Ich, 2 Stunden im Spiel: „ES IST SOOOOO FLAUSCHIG!“
Ratchet & Clank Rift Apart (PS5, 76 Euro bei Amazon) ist aber mehr als nur flauschig. Es ist atemberaubend schön. Es ist groß, unterhaltsam, freundlich, nur herausfordernd wenn man es will, ein bisschen selbstreflektierend: Es ist ein fast perfekter Sommer-Shooter.
Flucht in eine andere Dimension
Das letzte Spiel der Ratchet & Clank-Reihe ist 2016 erschienen und war ein PS4-Remake des ersten Games. Rift Apart ist ein neues Spiel – auch wenn es manchmal wie ein „Best of“ wirkt.
Ratchet der Lombax (flauschig) und sein Roboterfreund Clank (nicht flauschig) sind aufgrund ihrer zahlreichen Heldentaten zu galaktischen Helden geworden. Es scheint ruhig zu sein, doch da taucht Dr. Nefarious wieder auf, trotz seiner unzähligen Niederlagen gegen Ratchet & Clank.
Sein neuer Plan: In eine Dimension flüchten, in der er nicht der ewige Verlierer ist. Das gelingt ihm zwar, dabei reißt er jedoch Risse in die Dimensionen. Ratchet und Clank folgen ihm.
Rivet & Ratchet & Clank
Die unbekannte Dimension ist anders, düsterer und doch ähnlich: Man trifft auf alte Bekannte in neuen Versionen, allen voran Rivet (flauschig hoch 2), eine weibliche Lombax.
Wie sich das auf das Gameplay auswirkt: gar nicht. Je nach Mission spielt man Ratchet oder Rivet, selbst aussuchen kann man sich das nicht. Die beiden können das Gleiche, auch freigeschaltete Fähigkeiten, Kleidungsstücke und Waffen sind ident.
Dennoch ist Rivet etwas mehr als nur ein „weibliches Skin“. Sie hat ihre eigene Hintergrundgeschichte, ihre eigene Persönlichkeit und damit ihre eigenen Stärken und Schwächen. Dasselbe gilt für Ratchet, Clank und andere Charaktere. Es ist überraschend, dass dadurch Tiefe in dem bunten Gute-Laune-Shooter steckt, der so auch zur Selbstreflektion anregt. Keine Angst, der typische Humor der Spielereihe ist dennoch erhalten gelieben.
Bombastische Grafik
Diese Tiefe ist umso überraschender, wenn man das Spiel zum ersten Mal sieht. Es sieht nämlich bombastisch gut aus. Es ist schwer zu glauben, dass neben so viel Grafik-Schönheit überhaupt etwas anderes Platz hat.
Lichteffekte, Partikel überall, detaillierte Texturen, Raytracing, in 4K und HDR: Es ist als würde man das erste Mal ein Next-Gen-Spiel sehen. Das Game ist so detailliert, dass man in der rasanten Action oft nicht einmal mitbekommt, wie detailliert es ist.
Der wirkliche „Wow-Moment“ kommt, wenn man mitten in der Action pausiert und den Fotomodus öffnet, um die Kamera frei zu bewegen. Was hier grafisch in Echtzeit abgeht, ist gewaltig. Ratchet und Rivet sind superflauschig, in den Pupillen spiegelt sich das Licht der Blastergeschosse. Die Licht- und Partikeleffekte sind überall, ohne, dass das Spiel merkbar langsamer wird. Hätte ich ein paar der Screenshots, die ich im Fotomodus gemacht habe, irgendwo online gesehen, würde ich nicht glauben, dass die Bilder tatsächlich im laufenden Spiel, ungeschönt, auf einer PS5 entstanden sind, anstatt auf einem Highend-PC.
Flottes und abwechslungsreiches Gameplay
Die Grafikpracht wird genutzt, um verschiedene Planeten in Szene zu setzen, die man im Laufe der Handlung besucht. Besonders beeindruckend sind hier Orte, die voll mit anderen Charakteren sind, die ebenfalls alle großartig und detailliert aussehen.
Das Haupt-Gameplay von Rift Apart ist nach wie vor ein Third-Person-Shooter. Dazwischen gibt es 2 Sorten von Mini-Games/Puzzles. Diese sind vom Abstand her gut platziert, sodass sie nicht nerven. Dasselbe gilt für kurze, meist optionale Plattform-Passagen, Flug- und Rennsequenzen und das für die Spielereihe typische Schienenrutschen. Auch eine Arena gibt es, in der Wellen von Gegnern besiegt werden müssen. Sogar eine Mini Survival-Horror-Passage wurde eingebaut, mit einem Monster, dem man aus dem Weg gehen muss.
Dazu kommen einige neue Waffen, die gelevelt und mit Ressourcen aufgerüstet werden können, ein neuer Dash zum Ausweichen und ein Mittel zur schnelleren Fortbewegung. Die verschiedenen Gegnertypen machen die Kämpfe abwechslungsreich und manchmal angenehm chaotisch. Unangenehm stressig wird es nicht. Wer es noch entspannter haben will, kann im leichtesten Schwierigkeitsgrad sogar Unverwundbarkeit aktivieren.
Und warum ist das Game nur fast perfekt?
Bei all dem was Rift Apart zu bieten hat, wirkt es trotzdem so, als wurde Potenzial verschenkt. Das Spielestudio Insomniac hat sich voll auf die Stärken der Spielereihe konzentriert und liefert die hohe Qualität ab, die man sich erwartet.
Vielleicht wundert man sich nach dem Durchspielen deshalb, ob nicht mehr drin gewesen wäre. Die Handlung ist sehr gut, aber auch sehr genau in Form gepresst. Die Risse in den Dimensionen sind nur Mittel zum Zweck, anstatt etwas Besonders, das es zu erforschen gilt.
Und dass Ratchet und Rivet genau dieselben Fähigkeiten haben, ist auch schade. Dann kommen da noch die vielen Nebencharaktere hinzu, von denen man gerne mehr gewusst hätte.
Und dieses „da wäre mehr gegangen“ ist der Grund, warum es gut ist, dass es Rift Apart nur auf der PS5 gibt. Denn hier kann der Wow-Faktor der Grafik noch einiges rausreißen: Man freut sich einfach, wie grandios das Game aussieht und kann über die Schwächen hinwegsehen. Auf der PS4 würde es diesen Bonus aber nicht geben. Rift Apart wäre dort dann tatsächlich nur ein „aja, Ratchet & Clank gibt es wieder. Meh.“
Fazit
Ratchet & Clank: Rift Apart ist ein Sommer-Hit. Wenn man nicht will, muss man sich nicht allzu sehr anstrengen. Es ist abwechslungsreich, die Grafik treibt Freudentränen in die Augen und bis man es durchgespielt und alles eingesammelt hat, vergehen 15 bis 20 Stunden. Danach kann man sich mit Game+ an einem höheren Schwierigkeitsgrad versuchen.
Doch ähnlich wie bei Sommergerichten, die lecker sind und toll in die Zeit passen, hat man manchmal danach noch Gusto auf etwas mit mehr Substanz. Das Potenzial von 2 Lombaxes und den Dimensionssprüngen wurde nicht voll genutzt. Dadurch sollte man sich aber nicht die Freude an Rift Apart trüben lassen.
Wer die Vorgänger-Games nicht kennt, wird dieses Problem des verschenkten Potenzials nicht so stark empfinden. Für die treuen Fans der Serie muss sich Insomniac für den nächsten Teil aber etwas einfallen lassen. Oder bis zur PS6 warten, um wieder den Next-Gen-Bonus nutzen zu können.