Meinung

Warten auf den Weltuntergang

Die Erde ist zweifellos einer meiner Lieblingsplaneten. Ich wohne jetzt schon seit meiner Geburt hier, und man könnte sagen, das hat sich bewährt.

Trotz intensiver Suche nach Exoplaneten haben wir es noch immer nicht geschafft, irgendwo da draußen einen ähnlich lebensfreundlichen Himmelskörper zu finden, schon gar nicht in erreichbarer Nähe. Mit Übersiedelungsplänen müssen wir also noch warten. Aber wie lange wird unser Planet eigentlich noch so einladend und lebensfreundlich aussehen wie heute?

Weltuntergangsszenarien gibt es ja viele. Harmlose Varianten wie Atomkriege oder Kometeneinschläge ignorieren wir vorerst mal – sie könnten vermutlich die Menschheit ausrotten, aber das Leben auf der Erde würde weiterbestehen. Von Weltuntergang könnte also eigentlich keine Rede sein. Vielleicht würde dann die Evolution nach ein paar Dutzend Millionen Jahren auch wieder eine Spezies hervorbringen, die ähnlich intelligent ist wie wir. Die würde dann möglicherweise unsere Überbleibsel finden und wissenschaftliche Studien über urzeitliches intelligentes Leben auf der Erde anstellen. (Hoffentlich stoßen die dann nicht auf irgendwelche versehentlich konservierten Bücher von Erich von Däniken.)

Viel interessanter finde ich aber die Frage, wie lange es überhaupt noch Leben auf der Erde geben kann – menschlich oder nicht. Das hängt natürlich ganz entscheidend von der Sonne ab.

Die Sonne nimmt ab und wird trotzdem dicker

Die Sonne ist ein Stern in den besten Jahren. Seit ungefähr viereinhalb Milliarden Jahren fusioniert die Sonne in ihrem Inneren Wasserstoffatome zu Heliumatomen. Ein Heliumatom wiegt ein kleines bisschen weniger als die Bestandteile, aus denen es zusammengebacken wird. Die Differenz wird in Energie umgewandelt und letztlich nach außen abgestrahlt.

Bis heute hat die Sonne erst ungefähr 20 Prozent ihres ursprünglichen Wasserstoffs zu Helium verbrannt. Dabei ist sie kaum leichter geworden: Sie hat bisher ungefähr 90 Erdenmassen verloren, das ist angesichts der über dreihunderttausend Erdenmassen, die unsere Sonne noch immer wiegt, kaum der Rede wert. Man schätzt, dass die Sonne noch weitere 6,5 Milliarden Jahre so weitermacht. Dann wird sie im Inneren großteils aus Helium bestehen, die Kernfusion findet dann hauptsächlich in den äußeren Schichten statt, irgendwann wird sich die Sonne aufblähen, sie wird zum Roten Riesen.

Merkur und Venus werden dann von der Sonne verschluckt. Ob es der Erde auch so gehen wird, oder ob die Erdkruste durch die Hitze der aufgeblähten Sonne aufgeschmolzen wird, ist nicht ganz klar. Fest steht aber: Mit dem Leben ist es dann vorbei. Nicht mal in Wien, wo sich die meisten Trends bekanntermaßen erst mit etwas Verspätung durchsetzen, wird man es dann aushalten. (Einziger Vorteil: Die Grundstückspreise sinken endlich wieder.)

6,5 Milliarden Jahre – das klingt nach ziemlich viel. Dummerweise wird es mit dem Leben auf der Erde aber schon viel früher vorbei sein. Die Sonne strahlt nämlich nicht mit konstanter Leuchtkraft, sie wird im Lauf der Jahrmillionen langsam immer heller. Das Zusammenspiel ihrer Helligkeit mit den komplizierten Eigenschaften unserer Atmosphäre dürfte schon in etwa 800 Millionen Jahren dazu führen, dass alles Leben auf der Erde ausstirbt. Die Sonne wird dann noch immer fröhlich Wasserstoff verbrennen und kaum anders aussehen als heute, aber ein bisschen mehr Sonneneinstrahlung als jetzt dürfte schon ausreichen, um einen verheerenden Treibhauseffekt in Ganz zu bringen, der schließlich die Ozeane verdampfen lässt. Übrig bleibt am Ende bloß eine wüste, von Erosion eingeebnete, rostrote, tote Erdkugel.

Das Ende ist nah!

800 Millionen Jahre – das ist zwar immer noch ziemlich lange, aber es ist wenig Zeit, verglichen mit den ungefähr vier Milliarden Jahren, in denen die Erde bisher bereits Leben beherbergt hat. Der Großteil der Zeit, die unserem Planeten für die Evolution zur Verfügung stand, ist bereits um. Eigentlich ist das traurig.

Man könnte also sagen, die Erde hat es nur knapp geschafft, intelligentes Leben hervorzubringen. Hätte sich die Evolution dreißig Prozent länger Zeit gelassen, wäre das Erdenleben von der Sonne einfach wieder eingeschmolzen worden, ohne dass jemals jemand einen Zeitungsartikel darüber schreiben hätte können. Vielleicht ist das ein Grund dafür, dass wir bisher keine Signale außerirdischer Intelligenz finden konnten? Hatten wir hier einfach ein kleines bisschen mehr Glück als die anderen, und auf anderen ähnlichen Planeten dauert die lebensfreundliche Epoche einfach nicht lange genug um so seltsame Wesen wie uns hervorzubringen?

Aber wir haben doch gerade erst angefangen!

Ganz stimmt das nicht. Die Sache mit der Evolution ist ein bisschen komplizierter. Wir finden tatsächlich Indizien für Leben auf der Erde, die Milliarden Jahre alt sind, doch fast die gesamte Erdgeschichte hindurch war das Leben hier ziemlich langweilig: Es gab eukaryotische und prokaryotische Einzeller – keine besonders intellektuelle Gesellschaft, allerhöchstens Apres-Ski-Party-Niveau. Komplizierte, vielzellige Organismen entstanden ziemlich plötzlich in der sogenannten „Kambrischen Explosion“ vor etwa einer halben Milliarde Jahre. Innerhalb einer sehr kurzen Periode von bloß einigen Millionen Jahren entwickelte sich eine ungeheure Artenvielfalt. Der Grund dafür ist nicht ganz klar: Vielleicht erreichte irgendein wichtiger Parameter wie der Sauerstoffgehalt im Ozean oder die Temperatur erst zu diesem Zeitpunkt einen kritische Wert, der höheres Leben ermöglichte.

Von der großen kambrischen Explosion bis zum Auftreten der Dinosaurier dauerte es dann ähnlich lange wie von den ersten Dinosaurieren zu uns – und in diesen paar hundert Jahrmillionen hat sich die Biologie auf unserem Planeten ganz schön verändert.

So betrachtet bleibt bis zum Weltuntergang eigentlich noch ganz schön viel Zeit: Vermutlich mehr als vom ersten Auftreten höherer Organismen bis heute vergangen ist. Es besteht also doch Hoffnung, dass sich die Evolution noch einige spannende Dinge einfallen lässt, bis es hier wirklich ungemütlich heiß wird. Vielleicht entsteht auf unserem Planeten eines Tages sogar noch richtig intelligentes Leben. Wer weiß?

Florian Aigner ist Physiker und Wissenschaftserklärer. Er beschäftigt sich nicht nur mit spannenden Themen der Naturwissenschaft, sondern oft auch mit Esoterik und Aberglauben, die sich so gerne als Wissenschaft tarnen. Über Wissenschaft, Blödsinn und den Unterschied zwischen diesen beiden Bereichen schreibt er jeden zweiten Dienstag in der futurezone.
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Florian Aigner

Florian Aigner ist Physiker und Wissenschaftserklärer. Er beschäftigt sich nicht nur mit spannenden Themen der Naturwissenschaft, sondern oft auch mit Esoterik und Aberglauben, die sich so gerne als Wissenschaft tarnen. Über Wissenschaft, Blödsinn und den Unterschied zwischen diesen beiden Bereichen, schreibt er regelmäßig auf futurezone.at und in der Tageszeitung KURIER.

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