Studie: Macht von Internetkonzernen steigt, Regulierung nötig
Internet-Plattformen wie Facebook, Google und Co sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Trotzdem häufen sich die Bedenken gegen die großen Internetkonzerne. Eine neue Studie der Technischen Universität (TU) Wien im Auftrag der Arbeiterkammer zeigt, wie mächtig einige der Internetriesen zunehmend werden und plädiert für eine stärkere Regulierung der Großkonzerne.
Laut Studie, die am Dienstag in der Arbeiterkammer vorgestellt wurde, fallen vier der fünf größten Unternehmen weltweit in die Kategorie der Internet-Plattformen. Sieben der zwölf höchstbewerteten Unternehmen der Welt kommen aus der digitalen Wirtschaft. Dabei steigen die Aktienkurse von Internetkonzernen teils stärker als der Markt selbst, so die Studie. Erst im August hat Apple als erstes Unternehmen erstmals die 1-Billion-Marke durchbrochen. "Die ökonomische Macht der Internet-Konzerne hat in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen. Facebook, Google und Co zählen heute zu den zentralen Konzernen weltweit", erklärte Studienautor Leonhard Plank von der TU Wien.
Marktbarriere
Daneben würden diese Konzerne auch oft langfristig überdurchschnittliche Gewinne erzielen. Bestehen solche überdurchschnittlichen Gewinne systematisch über einen längeren Zeitraum, sei dies ein Hinweis für fehlenden Wettbewerb, so die Studie. Allein Google könnte mit seien enormen Rücklagen alle 20 im ATX notierten Unternehmen aufkaufen, Apple sogar Firmen wie Samsung, Shell oder Pfizer. Dies zeige laut Studie deutlich, welche ökonomische Macht mit diesen Reserven verbunden ist: oftmals würden die Rücklagen zum Aufkaufen anderer Unternehmen und damit potenzieller Konkurrenz verwendet. Die Studie zeigt, dass speziell im IKT-Sektor (Informations- und Kommunikationstechnologie) die Zahl der Übernahmen beständig steigt.
Während die Konzentration und die Profite in der IKT-Branche steigen, nimmt die Zahl der Markteintritte in der Branche ab. Vor allem in den USA zeigt sich ein langfristiger Rückgang von Markteintritten seit den 1980ern. Auch in Österreich sinke die Markteintrittsrate seit Mitte der 2000er, so die Studie. Hierbei seien es vor allem neue Geschäftsmodelle der Datennutzung und -extraktion der großen Internetkonzerne, die massive Eintrittsbarrieren für zukünftige Herausforderer schaffen würden.
Infrastruktur
Die Internet-Plattformen würden auch zusehends versuchen, ihre eigene Infrastruktur aufzubauen, um sich dadurch von Konkurrenten abzuschotten. So würde sich beispielsweise Google mit seinem Browser, seinem Betriebssystem, seinen Glasfasernetzen und Rechenzentren sein eigenes privates Internet aufbauen, heißt es in der Studie. Konsequenz davon sei aber, dass Informationen künftig nicht mehr über die öffentliche Infrastruktur fließen und dadurch die ökonomische Macht der Internet-Konzerne weiter ausgeweitet werde. Auch werde es zunehmend schwieriger, aus diesem Systemen auszusteigen. Ein Beispiel ist Apple mit seinen Produkten, die großteils nur innerhalb der eigenen Linie kompatibel sind.
Die zunehmende Macht der Internet-Konzerne hätte aber nicht nur ökonomische, sondern auch politische Konsequenzen. Viele der Internetplattformen würden laut Studie zunehmend in gesellschaftliche Bereiche eindringen und bewusst und unbewusst das Denken und Handeln der Menschen beeinflussen. "Heute können sich viele ihren Alltag ohne die großen Internet-Konzerne nicht mehr vorstellen", so Plank. "Das zeigt die zentrale Bedeutung dieser Konzerne für Konsumenten und Unternehmen."
Normative Macht
Problematisch sei ebenfalls, dass die Internet-Plattformen durch ihre zunehmende Marktmacht Rahmenbedingungen für soziale und politische Kontexte setzen und damit regelsetzende Macht erlangen würden. Teils hätten sie sogar die Tendenz, die Richtung des öffentlichen Diskurses zu bestimmen. "Vor allem die demokratiepolitische Problematik macht die Notwendigkeit deutlich, regulierend einzugreifen", so Plank. Die Studie stellt vor diesem Hintergrund einige Vorschläge vor, wie man das Feld der Internet-Plattformen regulieren könnte. Vorgeschlagen wird beispielsweise, horizontale Fusionen in den gleichen bzw. ähnlichen Branchen stärker zu beschränken (z.B. Facebooks Übernahme von Instagram bzw. Whatsapp) und vertikale Fusionen generell zu verbieten.
Zudem könnten künftig auch die Kriterien zur Fusionskontrolle erweitert werden. Neben etablierten Kriterien wie den Umsatzanteilen sollten vor allem die Nutzerzahl und die Auswirkungen der Konzerne auf die Medienvielfalt als Kriterien eingeführt werden. Die Studie schlägt auch die Errichtung einer europäischen Schlichtungsstelle vor. Diese könnte zur Anlaufstelle für Konsumenten, Bürger und Unternehmen werden und künftig beispielsweise das Löschen widerrechtlicher Inhalte, diskriminierende Praktiken gegen Nutzer, aber auch die Unternehmensbeziehungen untereinander regeln.
Schließlich könnte man den Umgang mit persönlichen Daten in Analogie zum Briefgeheimnis regulieren, was laut Studie sowohl dem kommerziellen Missbrauch als auch dem Missbrauch durch Geheimdienste oder autoritäre Regime vorbeugen soll.