Netzpolitik

"The Daily": Murdoch präsentiert iPad-Zeitung

Das Geheimnis ist gelüftet: Medienmogul Rupert Murdoch hat heute in New York seine lang erwartete iPad-Zeitung "The Daily" präsentiert. Das Produkt ist ab sofort über den App Store in den USA verfügbar und wird ausschließlich auf dem Tablet erscheinen - eine Online- oder Printversion soll es nicht geben. Die Anwendung geht weit über eine herkömmliche Zeitung hinaus und bietet sowohl Text als auch Fotos, HD-Videos und Audioinhalte - allerdings wenig, was nicht schon von anderen Magazin-Apps bekannt ist. Pro Ausgabe sollen täglich rund 100 Seiten an Inhalten produziert werden. "Neue Zeiten brauchen neuen Journalismus", so der 79-jährige Murdoch.

Social Media spielt eine zentrale Rolle bei der iPad-Zeitung, Inhalte können direkt aus der App heraus mit Freunden auf Facebook und Twitter geteilt werden. Außerdem können auf umgekehrtem Weg auch Twitter-Inhalte integriert werden.

Abo-Modell
Wer die Applikation in Apples App Store kaufen möchte, muss pro Woche 99 Cent oder pro Jahr 39,99 Dollar berappen. Die technische Umsetzung erfolgte in enger Zusammenarbeit mit Apple. Zunächst einmal musste eine Abo-Funktion im App Store geschaffen werden, über die das Produkt abgerechnet werden kann. Wie bei allen Anwendungen üblich, wird Apple auch an "The Daily" 30 Prozent mitverdienen. Über weitere Vereinbarungen zwischen News Corp und Apple ist offiziell nichts bekannt. Murdoch verdeutlichte im Zuge der Präsentation neuerlich seine Begeisterung für das iPad und bedankte sich bei Apple für die Unterstützung bei der Umsetzung von "The Daily".

In das Projekt wurden kolportierte 30 Millionen Dollar investiert. Murdoch soll renommierte Autoren sowohl von Magazinen wie "New Yorker" und "Forbes" als auch ehemalige Mitarbeiter der "New York Times" und Blogger von "Gawker" für die inhaltliche Umsetzung seiner iPad-Zeitung angeheuert haben.

"The Daily" gilt als eines der ambitioniertesten Projekte des 79-Jährigen Medienmoguls, der fest an den Erfolg von Onlinemedien glaubt und vehementer Verfechter von Bezahlinhalten ist. Eigentlich hätte die iPad-Zeitung bereits am 19. Januar gemeinsam mit Apple-Chef Steve Jobs in San Francisco vorgestellt werden sollen. Nachdem dieser sich jedoch aufgrund seiner Erkrankung erneut eine Auszeit genommen hatte, wurde die Präsentation verschoben und nach New York verlegt, wo jetzt der Apple-Manager Eddy Cue gemeinsam mit Murdoch auf die Bühne trat.

Experten sehen hohe Erfolgschancen
"Ich bin verwundert, dass Murdoch "The Daily" als reine iPad-Zeitung konzipiert hat und damit wohl andere Tablet-PCs ausschließt. Dennoch halte ich die Erfolgschancen für hoch", sagt Medienexperte Kai-Uwe Weidlich, Geschäftsführer des Medien Institut in Ludwigshafen, im Gespräch mit der FUTUREZONE. Die Zeit für Zeitungen bzw. Zeitungsinhalten auf mobilen Endgeräten sei fast schon "überreif". Derselben Ansicht ist auch Medienwissenschaftler Manfred Bobrowsky vom Wiener Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, er geht davon aus, dass die iPad-Zeitung langfristig erfolgreich sein wird. "Das iPad ist im Begriff unsere Lesegewohnheiten zu erneuern, wahrscheinlich wird es auf längere Sicht sogar insgesamt mehr Zeitungsleser geben", glaubt Bobrowsky auf Nachfrage der FUTUREZONE.

Dennoch sind derzeit weder aus Österreich noch aus Deutschland konkrete Pläne zu einem ähnlichen Produkt wie "The Daily" bekannt. Verschiedene Zeitungen und Magazine sind zwar auch mit eigenen iPad-Applikationen am Start, reine Tablet-Produkte spielen bisher aber keine Rolle.

Konkurrenzprodukte
Ob "The Daily" auch in Zukunft tatsächlich nur auf dem iPad erscheinen wird, darf bezweifelt werden. Denn immer mehr Hersteller drängen mit Tablet-Computern auf den Markt, die großteils auf Googles Betriebssystem Android laufen und zum Teil auch sehr viel günstiger zu haben sind. Murdoch könnte sich mit der Apple-Exklusivität große Einnahmequellen abschneiden.

Gleichzeitig arbeiten auch andere Zeitungen an eigenen Tablet-Produkten. So will die New York Times laut einem Bericht des Technologie-Blogs Techcrunch mit "News.me" eine Antwort auf "The Daily" liefern. Die Applikation soll allerdings wenig mit Murdochs Produkt gemein haben und vor allem auf Social-Media-Komponenten aufbauen - etwa Postings von Twitternutzern integrieren.

Gewohnheit oder Innovation
Uneinigkeit herrscht bislang darüber, wie Inhalte auf den Tablets aufbereitet sein müssen, um von den Nutzern akzeptiert zu werden. Im Rahmen der Münchner Konferenz "Digital Life Design" (DLD) berichtete Patrick Wölke vom Burda Innovation Lab kürzlich von eigenen Studien, wonach die Applikationen möglichst dem nahe kommen sollten, was die Zeitungsleser bisher von ihrem Printprodukt kennen, um angenommen bzw. auch bezahlt zu werden. Das würde bedeuten, dass die Leser sich eine "Kopie" einer Zeitung - in Erscheinungsbild und Inhalt - wünschen.

Anderer Meinung ist Bobrowsky: "Die iPad-Versionen müssen jedenfalls multimedial aufbereitet sein, reines Faksimilieren ist zu wenig. Die Meldungen dürfen nicht zu lang sein und müssen sich dem Format des iPad anpassen. Überfüllte Darstellungen sind kontraproduktiv und verleiten zur Flucht." Auch Medienexperte Weidlich ist überzeugt davon, dass es generell nicht ausreicht, ein Printprodukt eins zu eins auf das Tablet zu bringen. "Entscheidende Erfolgsfaktoren könnten individuell zusammengestellte Informationen, audiovisuelle Aspekte oder Angebote für Interaktivität sein."

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Claudia Zettel

ClaudiaZettel

futurezone-Chefredakteurin, Feministin, Musik-Liebhaberin und Katzen-Verehrerin. Im Zweifel für den Zweifel.

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