Gelsenvertreiber im Test: Nur eine Methode wirkt
Sommerabende könnten so schön sein, wären da nicht die Stechmücken. Wenn die Sonne vom Himmel verschwindet und die Temperatur angenehm wird, tauchen die kleinen Plagegeister auf und stören die Ruhe.
Wer sich Stechmücken vom Hals halten will, findet unzählige Hausmittelchen, Ratschläge und technische Hilfsmittel. Aber nur die wenigsten halten, was sie versprechen. Mitten in der Gelsensaison haben wir Smartphone-Apps und technische Hilfsmittel zum Fernhalten von Stechmücken getestet. Da ein solcher Test eigentlich nur unter Laborbedingungen möglich ist, wurde zusätzlicher Rat bei Experten geholt.
Beim Suchbegriff "Mosquito" spuckt der Playstore an die 240 Apps aus, die angeben mit hochfrequenten Tönen Stechmücken zu vertreiben. Ähnlich viele Anwendungen stehen für iOS-Devices zur Verfügung. Was in der Theorie praktisch klingt, ist in der Praxis nutzlos.
Denn die Geräusche, mit denen die Apps die Plagegeister versuchen zu vertreiben, beeindrucken die Gelsen keineswegs. Sie sind allerdings für das menschliche Ohr deutlich hörbar und zählen nicht gerade zu den angenehmen Tönen. Von sechs zufällig ausgewählten Apps war keine einzige in der Lage, den Gelsen etwas entgegenzusetzen.
Anti-Blutsauger als Datensauger
Bei genauerer Betrachtung entpuppen sich manche der Anti-Blutsauger-Apps als regelrechte Datensauger. Bei vielen kommt Flurry-Analytics zum Einsatz, das Daten wie Geschlecht, Alter, Standort, Wohnort, iPhone-Identifikationsnummer und Nutzungsverhalten auslesen kann. Manche andere der Gratis-Apps können explizit auf Anrufinformationen, Kalendereinträge, Adressbuch, Standortdaten, Browserhistory, Web-Bookmarks, lokal gespeicherte Dateien und WLAN-Verbindungen zugreifen.
Bei den Anti-Mosquito-Apps heißt es also aufpassen, dass neben dem Blut nicht auch noch jede Menge Daten abgesaugt werden.
Hochfrequente Töne
Bei den zahlreichen, speziellen Anti-Gelsen-Geräten, die Plagegeister mithilfe hochfrequenter, für das menschliche Ohr kaum bis nicht hörbaren Geräuschen vertreiben wollen, steht es um die Wirksamkeit ähnlich schlecht wie bei den Apps. So konnte der Exbuster Solar-Vario-Schutz (UVP: 11,90 Euro), der BioMetrixx S4 Solar (UVP: 27,50 Euro) und der Mückenvertreiber MR-001 (UVP: 4,99 Euro) im Test nicht überzeugen.
Die Gelsen auf einer Terrasse waren von Exbuster und BioMetrixx unbeeindruckt und ließen sich von deren Tönen nicht abschrecken. Noch dazu sind die Geräusche für das menschliche Ohr deutlich hörbar, was nicht gerade angenehm ist.
Bei beiden Geräten kann die Frequenz der Töne verändert werden, sodass auch Hunde, Katzen, Marder, Fliegen, Flöhe, Spinnen, Mäuse oder Ratten verschreckt werden können. Doch den anwesenden Katzen waren die hochfrequenten Töne, sowohl vom Exbuster als auch vom BioMetrixx, egal und ließen sich dadurch nicht aus der Ruhe bringen. Ob die beiden Geräte auch bei Flöhen, Hunden oder anderen Tieren wirken, wurde nicht getestet.
Der Mückenvertreiber MR-001 von Conrad neutralisierte zwar eine Gelse im Schlafzimmer, dafür war beim Aufwachen Kopfweh angesagt. Ob dafür der Ton des Mückenvertreibers verantwortlich war, ist nicht sicher.
Guter Ansatz ohne Wirkung
Vertreibungsmittel, die angeben mithilfe hochfrequenter Töne Stechmücken zu vertreiben, können ihre Versprechen leider nicht halten. Die Geräte versuchen die Fluggeräusche männlicher Stechmücken nachzuahmen und damit weibliche Gelsen fernzuhalten. Denn die Weibchen, diejenigen, die auch zustechen da sie eine Blutmahlzeit benötigen, meiden - außer beim Paarungsvorgang - die Gesellschaft des anderen Geschlechts.
"Der Ansatz ist ja gut", erklärt Heinrich Stemberger, Leiter des Instituts für Reise- und Tropenmedizin, "allerdings funktioniert das nicht. Entweder wird das Fluggeräusch der Männchen nicht gut genug imitiert oder die Angst der Weibchen vor diesen Tönen wird überschätzt."
Gelsen werden bekanntlich von Licht angezogen. Genau diese Vorliebe nützt ein anderes Hilfsmittel aus, um Stechmücken anzulocken und sie anschließend durch einen Stromschlag zu töten oder mithilfe eines Ventilators einzusaugen. Diese Taktik hat eine gewisse Wirkung und ist vielleicht besser als nichts, meint Stemberger. Allerdings können damit nicht alle Gelsen unschädlich gemacht werden. Und eine Stechmücke reicht bekanntlich aus, um einen Abend oder eine ganze Nacht zu vermiesen.
Geht es nach der Bedienungsanleitung des UV-Insektenfängers von Conrad (UVP: 15,99 Euro), soll das Licht der LEDs die Gelsen anziehen, wo sie dann die Saugkraft des Ventilators in einen Auffangbehälter befördert, sodass man sie wieder freilassen kann. Doch schon bei der Inbetriebnahme wird klar, dass trotz Anti-Gelsen-Gerät keine ruhige Nacht bevorsteht, da allein der Ventilator ein gewisses Betriebsgeräusch von sich gibt, das in leiser Umgebung deutlich zu hören ist. Am Morgen fand sich dann lediglich eine tote Motte im Auffangbehälter.
Wie Stemberger vom Tropeninstitut erklärt, gibt es neben Düften, die Stechmücken anziehen, auch welche, die auf Gelsen abstoßend wirken. Diese auf der Haut aufgetragenen, so genannten Repellentien reduzieren die Wahrscheinlichkeit eines Gelsenstichs deutlich, so Stemberger.
Auch die Duftstoffe, die durch Verdampfen freigesetzt werden, haben eine stark Mücken abweisende Wirkung. Hier kommt allerdings meist ein Insektizid zum Einsatz, das die Gelsen nicht nur vertreibt, sondern auch tötet. "Die Wirkung dieser Verdampfer ist auf geschlossene Räume beschränkt, weil eine gewisse Konzentration des Insektizids benötigt wird, damit die Wirkung auch eintritt. Im Freien sind diese verdampfenden Duftstoffe mehr oder weniger nutzlos, da sich die Wirkstoffe verflüchtigen", erklärt Stemberger.
Duft wirkt
Das professionellste und auch teuerste Gerät im Test, der portable ThermaCell MR-GJ Insektenvertreiber (UVP: 35,99 Euro) ist genau für solche Anwendungen konzipiert. Er soll Naturfotografen, Jäger oder Wanderer durch Verdampfen eines Duftstoffes vor Insektenstichen bewahren. Zur Hitzeerzeugung kommt eine kleine Kartusche Butangas zum Einsatz. Um den Verdampfer bequem mit sich führen zu können, kann er mittels Trageschlaufe oder Clip am Gürtel oder Rucksack befestigt werden.
Im Test konnte der ThermaCell MR-GJ teilweise überzeugen. Im Freien ist eine breitflächige Wirkung durch die fehlende Konzentration des Anti-Gelsen-Duftes nicht möglich. Wird der ThermaCell MR-GJ allerdings direkt oder sehr nahe am Körper getragen oder aufgestellt, entfaltet sich eine gewisse Wirkung, so dass die Stiche ausbleiben beziehungsweise sich deutlich reduzieren.
"Generell haben die meisten Naturmittelchen bei Stechmücken kaum eine Wirkung", sagt Stemberger, "Etwa auf Rauch reagieren Gelsen überhaupt nicht." Außerdem rät er dringend davor ab, zum Schutz vor Stechmücken ätherische Öle auf die Haut aufzutragen, da dabei meist eine hautreizende Wirkung eintritt.
Wie Stemberger erklärt, wird manchmal empfohlen Vitamin B1 zu schlucken, damit die daraus resultierenden Hautausdünstungen die Gelsen vertreiben. "Allerdings lassen sich Stechmücken davon überhaupt nicht abschrecken. Das einzige, was damit vertrieben wird, sind Mitmenschen, da man wirklich übel zu riechen beginnt."
"Der wirksamste Schutz gegen Stechmücken ist die Kombination von auf der Haut aufgetragenen Duftstoffen und Kleidung, die mit einem Mücken abweisenden Mittel imprägniert wurde", so Stemberger. Tests in den Everglades und Alaska, also Gebieten mit extrem hoher Gelsenbelastung, haben gezeigt, dass diese Kombination den effektivsten Schutz gegen Stechmücken darstellt.
Hochfrequente Töne, egal ob via App aus dem Smartphone oder einem eigenen Insektenvertreibungsgerät, sind weitgehend wirkungslos. Wenn man dennoch eine entsprechende Smartphone-Anwendung ausprobieren will, empfiehlt sich darauf zu achten, dass der Datenhunger der App nicht allzu groß ist.
Duftstoffe wirken selbstverständlich am besten in geschlossenen Räumen. Im Freien bieten sie nur dann einen effektiven Schutz, wenn die Duftquelle sehr nahe am Körper ist. Das Anlocken von Stechmücken per Lichtquelle funktioniert nur bedingt und kann keinen wirksamen Schutz vor Gelsenstichen bieten.
Wer im Freien einen wirklich effizienten Schutz will, muss seine Haut mit entsprechenden Repellentien einschmieren. Wem das noch zu wenig ist, soll zusätzlich seine Kleidung imprägnieren.