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Im Test: PlayStation-Handy Xperia Play

Die Idee das „Gaming-Phones“ ist nicht neu. Nokia versuchte sich an der Kombination aus Handy und Spielkonsole schon 2003 und 2004 mit dem „N-Gage“ und „N-Gage QD“. Der Versuch scheitere kläglich, der N-Gage gilt noch heute als einer der größten Flops des finnischen Unternehmens.

Alles besser will Sony Ericsson mit dem Xperia Play (649 Euro) machen. Es ist zwar nicht schwer den N-Gage zu übertrumpfen, allerdings muss sich das Xperia Play gleich auf zwei Ebenen beweisen: Es muss ein vollwertiges Smartphone sein, das mit aktuellen Modellen mithalten kann, und es soll gleichzeitig auch Spielkonsole sein, die zumindest den Nintendo DSi ersetzt. Das Ergebnis der Fusion von Gaming-Device und Handy liegt irgendwo dazwischen.

Xperia Play als Smartphone
In seiner Rolle als smarter Alltagsbegleiter hat es das Xperia Play aufgrund seiner verspielten Eigenschaften schwer. Die zusätzlichen Gaming-Tasten, die bei Nichtgebrauch unter dem Touchscreen verborgen sind, machen das Handy 16mm dick und 175 Gramm schwer. Das ist zwar nur geringfügig dicker als aktuelle Android-Handys mit Tastatur (HTC Desire Z 14,2mm), erscheint aber durch die abgerundete Form der Rückseite geradezu fett. Vorteil der Beleibtheit: Im Inneren ist ein Akku mit 1500mAh untergebracht, ausreichend für das Tageswerk mit gelegentlichem Spielen.

Als Betriebssystem ist Android 2.3 (Gingerbread) installiert. Viel merkt man aber davon nicht, da nahezu die komplette Benutzeroberfläche durch Sony Ericssons eigenes Design ersetzt wurde. Das Programm-Menü ist im iPhone-Stil gehalten, anstatt nach unten scrollt man seitlich durch mehrere Bildschirme. Dafür kann man aber die Icons nicht nur sortieren lassen, sondern auch selbst in eine beliebige Reihenfolge bringen.

Anstatt sieben Homescreens wie bei Android-Smartphones von HTC, LG und Samsung, sind fünf beim Xperia Play vorgegeben. Ein Grund für die Kürzung könnte das Aushänge-Widget „Timescape“ sein. Die 3-D-Darstellung fordert dem 1GHz-Prozessor des Xperia Play anscheinend viel ab, weshalb es beim Scrollen durch die Homescreens öfters zu Rucklern kommt. Im Extremfall bauen sich die Icons im Programme-Menü nur im Sekundentakt auf. Dies passierte einige Male im Test, etwa wenn man aus einem Spiel ausstieg, auf dem Homescreen mit Timescape landete und von dort aus ins Programme-Menü wechselte. Ansonsten gibt es nur Kleinigkeiten, die stören, wie etwa keine automatische Helligkeits-Einstellung für das Display und dass die Aktualisierung für Timescape (beinhaltet Facebook und Twitter) zwar auf automatisch gestellt werden kann, aber nicht das Aktualisierungs-Intervall einstellbar ist. Unverständlich ist, wieso die Schultertasten des Spiele-Handys nicht als Kamera-Auslöser genutzt werden können – deren Position wäre wie geschaffen für diese Funktion.

Stichwort Kamera: Die rückseitige 5-MP-Kamera macht zwar zufrieden stellende Fotos, kann aber Videos nur in der Auflösung von 800 x 480 Pixel aufnehmen. Die Aufnahme von HD-Videos in 720p wird nicht unterstützt. An der Front gibt es eine VGA-Kamera für Videochats.

Xperia Play als Spielkonsole
Der Federmechanismus der Spieletasten ist stark genug, um ein unbeabsichtigtes Öffnen in der Tasche zu verhindern. Trotz der Kopflastigkeit liegt das Xperia Play im „Gaming-Modus“ für eine portable Spielkonsole recht gut in der Hand. So komfortabel wie ein Original PlayStation-1-Controller ist es jedoch nicht. Das Steuerkreuz und die Aktionstasten sind eine Spur kleiner und flacher als bei Sonys Spielkonsole PSP. Der Anschlag der Tasten ist in Ordnung, nur die L- und R-Tasten sind etwas schwammig.

Zwischen Steuerkreuz und Aktionstasten befinden sich zwei Analogflächen, die die Sticks des PlayStaion Dual-Controllers imitieren. Da man aber, ähnlich wie bei einem Touchpad, keine Form von Widerstand hat, ist die Steuerung mit den Analog-Feldern kaum zu gebrauchen. Das vorinstallierte Fußballspiel FIFA 10, Rennspiel Asphalt 6 und der Weltraum-Shooter Star Battalion spielten sich mit dem digitalen Steuerkreuz deutlich angenehmer als mit dem Analog-Pad.

Das 4-Zoll-Display hat eine Auflösung von 854 x 480 Pixel, was für Games durchaus geeignet wäre. Allerdings ist das Display, verglichen mit denen aktueller anderer Geräte, wie dem HTC Incredible S, Sony Ericsson Arc und LG Optimus 2X, dunkler, blasser und Kontrast-ärmer. Bei Schlechtwetter fällt das nicht weiter auf, lacht aber die Sonne vom Himmel, trübt das den Spaß am Freiluft-Gamen.

Die Spielumgebung
Das Xperia Play kommt mit vorinstallierten Spielen: Crash Bandicoot, Star Battalion, Tetris, FIFA 10, Bruce Lee und Sims 3. Crash Bandicoot ist eine Portierung des PlayStation-1-Titels und läuft flüssig, auch wenn im Hintergrund Daten geladen werden. Das originale Seitenverhältnis von 4:3 kann auf Wunsch Bildschirmfüllend auf 16:9 gestreckt werden. Die Funktionen der L2- und R2-Tasten vom Original PlayStation-1-Controller werden durch das Berühren der analogen Steuerfelder ausgelöst. Crash Bandicoot ist derzeit das einzig verfügbare PS1-Spiel, zukünftig will Sony Ericsson einen eigenen Shop im Handy für PS1-Titel anbieten. Wann dieser verfügbar sein wird, ist noch nicht bekannt. Derzeit erscheint nur „Dieser Service ist in ihrem Land nicht verfügbar“ am Display.

Die anderen vorinstallierten Spiele finden sich im Menü „Xperia Play“, das sich automatisch öffnet, wenn die Spieletasten hervorgeschoben werden. Hier sind die vorinstallierten Spiele gelistet sowie ein Menü für „Mehr Spiele“. Hier sind Links zu Games, die für das Xperia Play optimiert sind. Installiert man eines dieser Games, findet man es im App-Menü, aber nicht im „Xperia Play“-Menü. Auch die PS1-Titel scheinen nicht im Xperia-Play-Menü auf, sondern nur in der „PlayStation Pocket“. Hier wäre eine App nett gewesen, die alle für das Xperia Play optimierten Spiele bündelt.

Ebenfalls wenig durchdacht wirken die bereits angesprochenen Links zu den Games im „Xperia Play“-Menü. Diese linken teils in den Android-Market, teils zu mobilen Seiten der Spieleanbieter. Lädt man von dort ein Spiel herunter, wie etwa das kostenlose Asphalt 6 HD, muss man erst in den Systemeinstellungen die Installation für Apps von „Unbekannter Herkunft“ zulassen.

Die Spiele
Die vorinstallierten Games Bruce Lee und Star Battalion machen mit den Spieletasten durchaus mehr Spaß, als mit einer reinen Touchscreen- oder  einer Bewegungssteuerungs-Lösung. Grafisch gibt es keinen Unterschied zu einem aktuellen Smartphone, das nicht auf Gaming ausgelegt ist. Denn schließlich handelt es bei allen Xperia-Play-Spielen im Grunde nur um Android-Apps, die zusätzlich die Spieletasten unterstützen. Deshalb sind auch die bereits 60 verfügbaren, für Xperia Play optimierten Spiele, die Sony Ericsson bewirbt, großteils nur Android-Games, die bereits länger verfügbar sind.

Entschließt man sich eines der Xperia-Play-optimierten Games zu kaufen, muss man mit Preisen zwischen 4 und 10 Euro rechnen. Gratis- oder Demo-Versionen sind in der Minderheit. Bei den „HD-Games“, wie Asphalt 6 und Star Battalion, muss man mit Slowdowns rechnen, wenn man sie im Normalbetrieb nutzt. Völlig ruckelfrei geht es nur im Flugmodus. Die grafisch aufwendigeren Spiele sind 300 bis 500MB groß. Gespeichert werden die Daten auf der beiliegenden 8GB großen microSD-Karte. Sollte diese voll sein, kann sie im laufenden Betrieb gewechselt werden, ohne den Akku entfernen zu müssen.

Fazit
Das Xperia Play schreit nach einem Nachfolger oder zumindest nach einem umfangreichen Software-Update. Die verschiedenen Shops und Menüs, in denen installierte und kaufbare Spiele zu finden sind, sind zu verwirrend. Ein einziger Spiele-Hub wäre wünschenswert gewesen. Auch die Belegung der L- und R-Tasten als Kamerauslöser ließe sich relativ einfach verwirklichen. Was ein Software-Update nicht lösen kann, ist der zu dunkle und zu wenig kontrastreiche Bildschirm. Ebenfalls wünschenswert: Mehr als 512MB RAM und eventuell ein Dual-Core-Prozessor, wenn zukünftig auch Games für Mehrkern-Prozessoren erscheinen.

Wo das Xperia Play wirklich glänzt ist die Emulation. Sei es der offizielle PlayStation-1-Emulator, für den es bisher nur ein Spiel gibt, oder diverse selbst installierte Emulatoren, zum Spielen von Retro-Games. Besonders gut eignet sich das Xperia Play übrigens für den kostenlosen Super-Nintendo-Emulator Snes9x EX, da die Anordnung und Anzahl der Spieletasten denen des Super-Nintendo-Controllers entsprechen.

Für Gamer wird das Xperia Play wohl hauptsächlich wegen der Emulationsfähigkeiten interessant sein. Denn, auch wenn die Android-Games mit „HD“ und „3-D-Grafik“ locken, sind es immer noch Apps, die für Smartphones und nicht für dedizierte Spielkonsolen entwickelt wurden. Als Gelegenheitsvergnügen unterhalten die App-Games durchaus. Allerdings würden sie das auch bei einem normalen Smartphone ohne extra Spieletasten – das noch dazu dünner, handlicher und wahrscheinlich auch hübscher ist.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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