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"CO2-Vorgabe bricht Autoherstellern das Genick"

Manche Hersteller haben laut Steiger schon Probleme, den von der EU für das Jahr 2020 vereinbarten Wert von 95 Gramm CO2 pro Kilometer zu schaffen. Nehme man das ebenfalls existierende Whitepaper der EU mit den Zielen für 2050 Ernst, das eine 60-prozentige CO2-Reduzierung im Verkehr vorsieht, seien allerdings viel dramatischere Effizienzsteigerungen beim Antrieb notwendig. "Bis zu einem Wert von 84 g/km kann man auch konventionelle Antriebe optimieren. Darunter geht es dann nur noch mit Elektrifizierung weiter", ist Steiger überzeugt.

Unfaire Politik
Ungeachtet dessen, dass sich der Volkswagen-Konzern keine Sorgen macht, den für 2020 angestrebten Wert zu erreichen und sich auch für die längerfristige Zukunft vorbereitet sieht, fühlt man sich von der Politik ungerecht behandelt. "Derzeit ist es so, dass die Automobilindustrie offenbar alleine für die Reduzierung des CO2-Ausstoßes sorgen soll, die Energieversorger momentan aber völlig außen vor gelassen werden", sagt Steiger im Interview mit der futurezone. Wenn die Decarbonisierung, also die Reduzierung des CO2-Ausstoßes bei der Stromerzeugung nicht vorangetrieben werde, stehe man nach der Elektrifizierung der Fahrzeugflotten vor denselben Problemen wie jetzt.

Für die Autobauer könnte sich die nun in Angriff genommene Elektrifizierung dann erst recht als Bumerang erweisen, nämlich wenn bei der Berechnung des CO2-Austoßes von Autos der Stromwert nicht wie derzeit mit null, sondern mit den tatsächlichen Werten berücksichtigt wird. "Wenn der Strom-CO2-Austoß plötzlich mitgerechnet wird, geht sich die ganze Effizienzrechnung natürlich nicht mehr aus. Das wird dann vielen Autoherstellern tatsächlich das Genick brechen", so Steiger.

Viele Fragezeichen
Als Herausforderung für die Industrie gilt allerdings, dass die Antriebszukunft noch immer nicht klar ist. Während Verbrennungsmotoren mit Benzin und Diesel sowie das etwas emissionsärmere Erdgas für Langstrecken weiterhin eine Zukunft vorausgesagt wird, schaffen Lithium-Ionen-Batterien in serienmäßig hergestellten Elektroautos derzeit maximal 150 Kilometer. Bis 2020 soll dieser Wert auf 230 Kilometer angehoben werden können, was zumindest den regionalen Verkehr abdeckt. Auch Biokraftstoff- und Wasserstoff-Antriebe gelten noch als Hoffnungsträger, für die Hersteller wird es folglich umso schwieriger, in der Forschung auf das richtige Pferd zu setzen.

Um Experimentreihen und Tests einfacher und vor allem günstiger zu gestalten, kommt der Industrie entgegen, dass mächtige Simulationsprogramme die Forschung zunehmend in den

. "Die Möglichkeit, digitale Prototypen zu erstellen und das Gesamtfahrzeug viel stärker über Einzelkomponenten und deren Zusammenspiel abzubilden, hat dazu geführt, dass man schon in frühen Entwicklungsphasen viel genauere Aussagen treffen kann und auch nicht für jeden Test eine komplette Karosserie zusammenbauen muss", erklärt Jost Bernasch, Geschäftsführer des Grazer ForschungszentrumVirtual Vehicle. Simulationen seien der Schlüssel, um Entwicklungszeit und Kosten zu sparen und überhaupt die Entwicklung des Fahrzeugs von morgen finanzieren zu können.

"One size fits all" war einmal
Dem VW-Zukunftsforscher Steiger zufolge werde man sich in den kommenden Jahren mit verschiedenen Konzepten arrangieren: "Bisher galt `one size fits all` - in Zukunft werden wir Autos haben, die spezifisch auf ein bestimmtes Profil zugeschnitten sind. Also, Elektroautos für die Stadt, Plug-in-Hybride für den regionalen Raum, wo man zwischen reinem Elektroantrieb und Verbrennungsmotor umschalten kann sowie Verbrennungsmotoren und Full-Hybride für die Langstrecke." Öffentlicher Verkehr, Car-Sharing-Konzepte und die Fortbewegung zu Fuß und mit dem Rad runden das komplexe Mobilitätssystem der Zukunft ab.

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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