Amazon Luna und Controller im Test: So bequem geht Cloud Gaming
Cloud Gaming kann eine feine Sache sein. Man muss Spiele nicht erst herunterladen, sondern kann sofort losspielen. Und das theoretisch auf so ziemlich jedem Gerät.
Die Realität ist dann oft nicht so einfach, speziell, wenn man mit einem Controller zocken will. Ein fließender Übergang von Smartphone zu TV oder Tablet zu Computer ist manchmal eine Geduldsprobe, bei der einem die Lust auf Gaming vergeht. Und selbst wenn es dann klappt, versaut einem der Lag vielleicht das Spiel.
Amazon hat hier für seinen Cloud-Gaming-Dienst eine Lösung, die so gut funktioniert, dass es mich überrascht hat. Ich habe den Luna-Controller mit dem Amazon-Service Luna+ getestet.
Was ist Luna?
Luna gehört zu den hierzulande weniger bekannten Amazon-Diensten. Dabei handelt es sich um einen Cloud-Gaming-Service. Beim Cloud Gaming werden die Inhalte gestreamt, ähnlich wie wenn man sich etwas auf Netflix ansieht. Die Eingaben erfolgen, wie üblich, per Touchscreen, Maus und Tastatur oder Controller. Verarbeitet werden die aber nicht am Gerät, sondern am Server. Wenn das korrekt funktioniert, bekommt man als Spieler gar nicht mit, dass das Game irgendwo in einem Rechenzentrum läuft und nicht am Smartphone oder einer Spielkonsole.
Zur Nutzung von Luna wird lediglich ein Browser benötigt (Chrome, Edge, Safari). Das funktioniert auf PC, Mac, iOS, iPadOS und Android. Für Fire-TV-Geräte, Fire-Tablets, Samsung Smart-TVs und LG Smart-TVs gibt es eigene Apps. Empfohlen ist eine Internetanbindung mit mindestens 10 Mbit/s für die beste Performance mit 1080p. 4K wird nicht unterstützt, aber immerhin 5.1- und 7.1-Surround-Sound.
In der Basisversion ist Luna kostenlos für Prime-Mitglieder verfügbar. Aktuell sind 7 Spiele enthalten, die aber alle kostenlose Games sind, wie etwa Fortnite in 3 Varianten.
Es ist möglich, Zusatzpakete zu buchen. Derzeit gibt es 3 zur Auswahl. Einen Überblick über die Pakete seht ihr auf der Amazon-Website:
- Luna+ - 9,99 Euro pro Monat
- Ubisoft+ - 17,99 Euro pro Monat
- Jackbox Games - 4,99 Euro pro Monat
Ich habe von Amazon Luna+ für diesen Test zur Verfügung gestellt bekommen. Inklusive der Basis-Luna-Games stehen damit zum Zeitpunkt des Tests über 130 Games zum Streaming bereit.
Der Luna-Controller
Um Luna zu nutzen, ist kein spezieller Controller erforderlich. Maus und Tastatur werden unterstützt, ebenso wie die meisten Bluetooth-Controller. Über die Luna-Controller-App kann sogar das Smartphone als Touchscreen-Controller genutzt werden, wenn man z. B. auf dem Fernseher spielt.
Amazon hat aber einen eigenen Controller im Sortiment, der passenderweise Luna-Controller heißt (70 Euro bei Amazon). Der Clou daran ist, dass er nicht mit Bluetooth verbunden wird, sondern über das WLAN. Das heißt, die Eingaben müssen nicht erst vom Controller über Bluetooth zum Smartphone oder Smart-TV gehen, von wo aus sie über WLAN zum Rechenzentrum geschickt werden: Der Controller schickt direkt die Eingaben per WLAN zu den Luna-Servern.
Der offensichtliche Vorteil: Ohne den „Mittelsmann“ wird eine Verzögerungsquelle eliminiert. Es kommt dadurch nicht zu Eingabe-Lag, der einem das Spielerlebnis vermiesen kann. Vorteil Nummer 2: Es macht das Wechseln zwischen Geräten sehr bequem.
Einfaches einrichten, supereinfacher Wechsel
Zuerst wird der Luna-Controller über die Luna-Controller-App am Smartphone eingerichtet. Die Anleitung am Handy-Display ist einfach und in weniger als 5 Minuten (Firmware-Update inklusive) ist alles erledigt.
Nachdem ich ein paar Runden auf dem Android-Smartphone gespielt habe, habe ich zum Smart-TV gewechselt. Das ist ein Samsung-Modell aus dem Jahr 2022. Direkt auf dem TV habe ich die Luna-App heruntergeladen. Nach dem Öffnen der App den QR-Code mit dem Smartphone scannen. Im Browser des Handys dann den Code eingeben, der am TV angezeigt wird und man ist angemeldet.
Gedanklich war ich schon darauf eingestellt, umständlich in den Menüs des TVs den Controller per Bluetooth zu verbinden. Aber in den Einstellungen der Luna-App wurde der Controller bereits angezeigt – weil er eben per WLAN mit dem Konto verknüpft. Also einfach nur mit der Fernbedingung „Verbinden“ am TV anwählen und fertig.
Der Wechsel zum Computer war sogar noch einfacher. Ich habe die Luna-Website in Chrome geöffnet und mich mit meinem Amazon-Konto angemeldet. Der Controller war sofort bereit, ohne, dass ich irgendwas extra tun musste.
Beeindruckend ist auch, dass dies trotz einer potenziellen Stolperfalle funktioniert. Mein Handy und mein TV sind in unterschiedlichen WLANs und der PC ist per Ethernetkabel mit dem Router verbunden. Für den Controller ist das egal, da er eben direkt mit den Luna-Servern verbunden ist.
Harte Tasten, rutschige Thumbsticks
Der Controller ist eine Kopie des Xbox-Controllers. Alle Bedienelemente sind da, wo sie beim Xbox-Controller auch sind. Nur gibt es statt einer Xbox-Taste eine Luna-Taste und der Share-Button wurde durch einen Alexa-Button ersetzt. Auch Form und Größe entspricht dem Xbox-Controller, wodurch er für die meisten Spielerinnen und Spieler gut in der Hand liegen sollte.
Die Aktionstasten A, B, X und Y haben einen merkbar höheren Widerstand beim Drücken, wodurch sie sich hart anfühlen. Das kennt man auch von einigen günstigeren Third-Party-Controllern. Das Steuerkreuz ist schwammig, die Druckpunkte kommen viel zu spät. Die Schultertasten sind etwas schwergängiger als beim Xbox-Controller. Dafür sind die L3 und R3 besser zu drücken. Der Anschlag ist zwar nicht leichter als beim Xbox-Controller, kommt aber direkter.
Misslungen ist die Form der Thumbsticks. Die Textur wurde nicht bis nach oben gezogen, d. h. die Ränder oben sind glatt. Das macht sie rutschig. Hier kann man sich helfen, indem man Silikon-Kappen aufsetzt. Diese gibt es auf Amazon von verschiedenen Anbietern und kosten, in brauchbarer Qualität, zwischen 8 und 13 Euro. Kappen für den Xbox-Controller sollten auch auf den Luna-Controller passen.
Die Rüttelfunktion ist stark. In der Luna-Controller-App kann sie nur ganz deaktiviert, nicht aber reduziert werden. Die Stärke der Vibration muss in den jeweiligen Spielen eingestellt werden.
Kein aufladbarer Akku
Eine Unart des Luna-Controllers, die vom Xbox-Vorbild übernommen wurde: Er verwendet 2 AA-Batterien anstatt eines Akkus. Es gibt zwar einen USB-C-Anschluss, der dient aber nicht zum Laden. Legt man aufladbare Batterien in den Luna-Controller ein, werden diese nicht per USB-C aufgeladen.
Der USB-C-Anschluss dient lediglich als Verbindungsmöglichkeit zu PC und Mac. Immerhin kann man so auch spielen, wenn die Batterien leer sind. Der Luna-Controller lässt sich auch als regulärer Bluetooth-Controller verwenden. Man kann so und per USB-C also normale Games damit spielen und nicht bloß Luna-Steaming-Spiele.
Abgerundet wird der Luna-Controller mit einem 3,5mm-Klinkenanschluss, so wie es bei Konsolen-Controllern üblich ist. Daran lässt sich ein Headset anschließen. Besonders, wenn man am Smart-TV zockt, die üblicherweise keine Headset-Verbindung vorgesehen haben, ist das eine bequeme Lösung.
So spielt es sich mit Luna
Im Testzeitraum haben die Games sofort gestartet. Sollten die Server ausgelastet sein, gibt es eine Warteschlange beim Start der Spiele – in dieser musste ich aber bisher nicht warten.
Einmal gestartet, haben die Spiele eine längere Ladezeit als wenn man sie auf einer aktuellen Spielkonsole oder einem Gaming-PC zocken würde. Beim Test liefen alle Spiele flüssig. Es gab keine Verzögerung bei den Eingaben, kein Ruckeln, keine Ton/Bild-Asynchronität.
Das ist zumindest der Normalzustand. An einem Tag am Nachmittag war mehrere Stunden lang die Verbindung schlecht, was durch eine ruckelige Darstellung sichtbar und vor allem durch einen ständig abgehackten Ton hörbar war. Das Problem trat bei PC, Smartphone und Smart-TV auf. Meine Internetverbindung hatte zu dem Zeitpunkt gemessene 310 Mbit/s – es lag also eindeutig an Luna.
Gibt man nach dem Spielen Feedback zu den Problemen, sagt Luna nur, man würde die besten Ergebnisse mit Ethernet oder einer 5GHz-Verbindung erreichen. Ja… danke für nichts. Diese Standardmeldung und ein Abschieben des Problems auf den Kunden ist frech. Ein Abrufen des Status des Luna-Dienstes ist weder in den Apps noch dem Web offiziell möglich. Wenn ich als zahlender Kunde mehrfach solche unbegründeten Aussetzer habe, war ich einmal ein zahlender Kunde.
Einbußen bei der Grafik
Wenn Luna keine Aussetzer hat und flüssig läuft, läuft es, wie bereits gesagt, richtig rund. Das wird aber mit einer starken Komprimierung erkauft, so wie es bei den meisten Cloud-Gaming-Diensten der Fall ist. Im Vergleich zu Games auf PC oder Konsole sieht die Darstellung verwaschen und blasser aus. Je aufwändiger die Grafik und je schneller man sich im Game bewegt, desto deutlicher wird das.
Wirklich schlimm ist das bei Rennspielen. Auf dem großen Smart-TV ist es schwer erträglich bis nicht akzeptabel, wie schlecht das aussieht. Bei älteren Spielen, düsteren Games und Titeln, bei denen es wenig Weitsicht gibt, fällt das weniger störend auf. Dazu zählen Batman Arkham Knight, Fallout New Vegas, Metro Exodus und Resident Evil 2.
Bei Spielen mit simplerer 2D-Grafik oder Indiegames fällt die Komprimierung am wenigsten auf. Hier ist die Illusion perfekt: Cloud Gaming ist nicht von regulärem Gaming auf der Konsole zu unterscheiden.
Je kleiner das verwendete Display, desto weniger stört die schlechtere Grafik. Am großen Smart-TV sieht man das natürlich weit stärker als z. B. am 15-Zoll-Notebook. Am iPad muss man dann schon sehr genau hinschauen, um die grafischen Abstriche bei Batman als störend zu empfinden. Am Smartphone fällt das gar nicht mehr auf, hier sehen sogar Rennspiele gut aus.
Fließende Übergabe
Amazon verspricht für Luna einen flotten Übergang zwischen verschiedenen Geräten. Das Versprechen wird auch gehalten. Spielt man am Smartphone und will das Game am TV fortsetzen, pausiert man am Handy. Man öffnet die Smart-TV-App und wählt das Game aus. Die App fragt, ob man das Spiel fortsetzen will, das gerade auf dem anderen Gerät läuft. Bestätigt man das, wird auch der Amazon-Controller automatisch auf den TV umgeschaltet – und nach ein paar Sekunden kann man genau da weiterspielen, wo man vorher auf Pause gedrückt hat.
Für das Spielen unterwegs ist die Kombination aus Luna und Luna-Controller nicht so gut geeignet. Prinzipiell geht Luna immer, wenn die Datenverbindung ausreichend schnell ist. Allerdings warnt Amazon, dass dabei bis zu 10 GB Datenvolumen pro Stunde verbraucht werden. Außerdem muss man unterwegs den Luna-Controller im Bluetooth-Modus nutzen oder mit einem anderen WLAN verbinden.
Selbst man nur zu Hause spielen will, ist der nahtlose Gerätewechsel sinnvoll, z. B. weil der Lebenspartner den Fernseher blockiert, um französische Serien auf Disney+ zu schauen. In diesem Fall kann man auf der Couch einfach am Smartphone weiterspielen. Damit das halbwegs bequem ist, gibt es eine Handyhalterung für den Luna-Controller (15 Euro bei Amazon).
Sollte der Lebenspartner des Zockens nicht abgeneigt sein, kann man Luna auch im lokalen Mehrspieler-Modus nutzen, sofern es das jeweilige Game unterstützt. Dazu braucht man nicht unbedingt mehrere Luna-Controller. Man kann auch einen günstigeren Bluetooth-Controller zusätzlich verbinden. Dann hat man aber nicht die Vorteile der geringeren Verzögerung und muss sich mit der Bluetooth-Verbindung zu Smart-TV oder Notebook herumschlagen.
Die Schwachstelle von Luna
Die große Schwachstelle von Luna ist die Spielebibliothek. Bei den über 130 Spielen von Luna+ fällt es mir schwer, genügend zu finden, um zu rechtfertigen, dass ich 120 Euro pro Jahr dafür ausgebe – allerdings bin ich als Konsolenbesitzer die falsche Zielgruppe. Luna richtet sich an Menschen, die gelegentlich zocken, aber dafür nicht extra eine Konsole oder einen Gaming-PC kaufen wollen.
Die Triple-A-Spiele bei Luna+ sind mehrere Jahre alt. Das jüngste ist Ride 4, das 2020 erschienen ist. Bei den Indiegames fehlen die großen Hits der vergangenen Jahre. Dafür gibt es etliche kindgerechte Spiele, inklusive solcher, für die man vermutlich nie freiwillig Geld ausgegeben hätte, wie etwa Smurfs Kart und Garfield Lasagna Party. Das heißt nicht, dass diese Games nicht Spaß machen können. Aber es ist zumindest nichts, was nach einer Killer-Anwendung für Cloud Gaming und einen 70 Euro teuren WLAN-Controller aussieht.
Und dann sind noch ein paar Klassiker dabei, die etwas unmotiviert reingewürfelt wirken. Dazu gehören Clay Fighter, Earthworm Jim und Metal Slug. Es wirkt, als wollte Amazon möglichst viele Geschmäcker in einem Paket abdecken. Aber nur, wenn man ein bestimmtes Genre gut findet, heißt das noch lange nicht, dass man jedes Spiel mag, das diesem Genre zugeordnet wird.
Das teurere Ubisoft-Luna-Paket mit 17,99 Euro enthält viel mehr Triple-A-Spiele, darunter auch Star Wars Outlaws, das erst am 30. August 2024 erschienen ist. Das Paket schließt allerdings nicht das Luna+-Paket mit ein. Will man die Games aus beiden Paketen gleichzeitig zur Auswahl haben, muss man beide abonnieren.
Bevor man den Luna-Controller bestellt, sollte man sich sehr genau anschauen, welche Games aktuell in den Paketen verfügbar sind. Ist kein „Das wollte ich immer schon mal spielen!“-Game dabei, lässt man es besser bleiben.
Fazit
Amazon zeigt mit Luna und dem Luna-Controller, wie bequem Cloud Gaming sein kann. Das Einrichten ist schnell erledigt, das Wechseln zwischen mehreren Geräten spielend einfach. Und wenn Luna läuft, dann läuft es richtig flüssig – allerdings mit den üblichen grafischen Einschränkungen.
Ungut ist, dass Amazon keine Statusabfrage für die Luna-Spieleservices hat und man als User nicht erfährt, ob es aktuell Störungen oder eine Überlastung gibt. Wäre die mehrstündige Ruckelerfahrung mit Luna+ mein erster Kontakt mit dem Service gewesen, hätte ich den Luna-Controller zurückgeschickt und das Abo sofort gekündigt.
Daher die Empfehlung: 1) Schaut genau, ob genügend Games bei Luna dabei sind, die ihr spielen wollt. 2) Probiert den Service gleich nach Erhalt des Luna-Controllers aus, und zwar an mehreren Wochentagen zu den Uhrzeiten, wo ihr üblicherweise am häufigsten spielt. Kommt es da zu Rucklern und Aussetzern: Macht vom 14-tägigen Rückgaberecht Gebrauch und kündigt das Luna+-Paket, bevor der Gratiszeitraum zu Ende ist.
Warum wir Partnerlinks setzen
Unsere Artikel entstehen in redaktioneller Unabhängigkeit. Die futurezone kann aber eine Provision erhalten, wenn ihr über einen der verlinkten Shops etwas kauft. Was das bedeutet, erfahrt ihr hier.
Kommentare