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Kampfjet-Projekt "Tempest"

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Militärtechnik

Tempest hat doppelte Nutzlast der F-35 und "extreme Reichweite"

Bei der Entwicklung von Stealth-Fightern stehen meist China und die USA im Rampenlicht. Vor allem die chinesische J-36 wird regelmäßig auf Testmissionen gesichtet, was zu zahlreichen Spekulationen führt. Aber auch in Europa wird an einem Kampfjet der 6. Generation gearbeitet. 

Unter dem Projektnamen Tempest entwickeln Großbritannien, Italien und Japan einen Stealth-Fighter. Der ist quasi das Gegenstück zum NGAD-Programm der USA, aus dem die F-47 hervorging.

Regelmäßige Updates zu Tempest verkündet das britische Verteidigungsministerium in einem eigenen Podcast. In der aktuellen Folge wurde auf die Fähigkeiten der Tempest näher eingegangen. Reichweite, Waffenlast, elektronische Kriegsführung, anvisierte Missionen und andere Details kamen dabei zur Sprache.

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Was bedeutet 6. Generation?

Kampfjets werden in Generationen eingeteilt. Die aktuellste, die im Einsatz ist, ist die 5. Generation, die sich durch vor allem durch Tarnkappeneigenschaften auszeichnet. Dazu gehören etwa die F-22, F-35, Su-57, J-20 und J-35.

Zu den derzeit noch lose definierten Fähigkeiten eines Kampfjets der 6. Generation gehören:

  • Tarnkappeneigenschaften und interner Waffenschacht
  • Für Luftkämpfe und Bodenangriffe geeignet
  • Geeignet für elektronische Kriegsführung
  • Erweiterte Datenübertragungsfähigkeiten für das vernetzte Schlachtfeld und Datenübertragung direkt zu Satelliten
  • Kann optional ferngesteuert und mindestens teilautonom mittels KI agieren
  • Helm-Display ist mit Außenkameras verbunden, damit der Pilot „durch das Flugzeug“ durchschauen kann und so eine 360-Grad-Rundumsicht hat
  • Adaptives Triebwerk
  • Erweiterte Gegenmaßnahmen, wie Jammer, Infrarot-Blender und optional Energiewaffen – etwa um anfliegende Raketen per Laser zu zerstören

Tempest als Quarterback

Beschrieben wird der Kampfjet unter anderem als Quarterback. So soll die Tempest beispielsweise auf einer Mission zur zentralen Kommandoeinheit werden, wenn der Einsatz tief in feindlichem Gebiet stattfindet und die Kommunikation zur eigentlichen Basis dadurch erschwert wird.

Für diese Fälle soll Tempest über die notwendigen Kommunikationsmöglichkeiten und Software verfügen, um andere Gefechtsteilnehmer - etwa Drohnen - zu steuern und zu befehligen. Der Kampfjet soll auch mit den strategischen Fähigkeiten ausgestattet werden, die ermöglichen, qualifizierte Entscheidungen zu treffen.

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Kampfjet-Projekt Tempest

Hohe Reichweite, hohe Nutzlast

Der Einsatz tief im feindlichen Gebiet würde bedeuten, dass der Kampfjet ein Tank-Flugzeug weit hinter sich lassen müsste. Deswegen soll das Flugzeug eine hohe Reichweite erhalten - eine "wirklich extreme Reichweite" - heißt es in dem Podcast von Group Captain Bill. Er leitet das Team der Royal Air Force, das für die Anforderungen und das Konzept von Tempest zuständig ist.

Laut Bill soll Tempest in der Lage sein, mit seinem internen Tank den Atlantik bis Amerika zu überqueren. Ein Eurofighter Typhoon müsste für diesen Flug 3 bis 4 Luft-Betankungen durchführen.

"Wir bauen ein Flugzeug, das eine sehr große Reichweite haben wird", sagt Bill: "Aber ganz oben auf unserer Liste steht die Nutzlast." Tempest soll laut Bill ungefähr die doppelte Nutzlast einer Lockheed Martin F-35 Lightning II haben.

Wie sich diese Nutzlast aus Treibstoff und Waffenlast zusammensetzt, wurde nicht erwähnt. Als Vergleich: Die F-35A kann an ihren Hardpoints an den Tragflächen Waffen mit einem Gewicht von bis zu 8.160 Kilogramm aufnehmen und gleichzeitig ihre internen Tanks mit 8.278 Kilogramm Treibstoff befüllen.

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Zuladung und Stealth-Fähigkeiten

Eine hohe Nutzlast und eine hohe Reichweite würde bedeuten, dass aus der Tempest kein kleiner Kampfjet werden wird. Gleichzeitig soll der Jet über Tarnkappeneigenschaften verfügen, die die Art und Weise, wie ein solches Flugzeug gebaut wird, grundlegend vorgeben. So können Waffen und Treibstoff-Tanks etwa nur bedingt sichtbar unter den Tragflächen oder unterhalb des Rumpfes angebracht werden.

Bei Stealth-Jets sind die Tanks im Rumpf und die Waffen in Waffenschächten verstaut, die sich nur kurz vor dem Abfeuern öffnen. Dadurch bleibt die spezielle Form erhalten, die den Radarquerschnitt verkleinert und den Jet so schwieriger zum Aufspüren für die Luftabwehr macht.

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Kampfjet-Projekt Tempest

Unklar ist, ob die Tempest überhaupt Hardpoints an den Tragflächen erhalten soll, so wie sie die F-35A hat. Wenn die internen Waffenschächte groß genug sind, könnte man sich das ersparen. Allerdings würde man so die Flexibilität einschränken.

So kann die F-35 etwa an den Hardpoints Zusatz-Tanks montierten, mehr Bomben tragen oder Marschflugkörper, die zu groß für den Waffenschacht sind. Wird ein Jet, besonders ein Stealth-Fighter, bis an die Zähne - oder in diesem Fall, bis zum letzten Hardpoint - bewaffnet, fliegt er im "Beast Mode".

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F-35I im Beast Mode

Eine israelische F-35I im Beast Mode

Aufklärer mit hoher Rechenleistung

Wenn die Tempest schon weit in feindliches Gebiet vordringen soll, dann soll sie auch gleich mit Sensoren ausgestattet werden, die den Kampfjet zu einem Aufklärungsflugzeug machen, erklärt Bill. Eine entsprechende Ausstattung, um sich ein Bild der Lage zu verschaffen, sei demnach geplant. 

Außerdem soll der Kampfjet zu einem fliegenden Rechenzentrum werden. Die Tempest soll als Server dienen, um andere Kampfjets und unbemannte Drohnen die notwendige Rechenleistung zur Verfügung zu stellen, wie es in dem Podcast bezeichnet wird. Demnach könnte die Tempest als eine Art Cloud-Rechenzentrum für halb-autonome oder vollständig autonome Angriffe dienen. Dadurch könnte man z. B. Kamikaze-Drohnen günstiger bauen, weil sie nicht selbst Hochleistungschips benötigen, um die KI-Berechnungen lokal auszuführen.

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Es wird noch dauern

Dabei fällt auch das Stichwort Künstliche Intelligenz. So würde ein Tempest-Pilot eher ein Waffenoffizier sein als ein traditioneller Pilot, sagt Group Captain Bill. Das heißt: Tempest fliegt, während sich der Pilot auf die Aufgabe als Quarterback konzentriert, bzw. der KI im Flugzeug die Befehle gibt.

Laut Bill sei man darauf vorbereitet, dass es auf künftigen Tempest-Missionen weitreichende Unterstützung von KI-Systemen geben wird. Am Ende ließ Bill noch mit einem nach hinten verschobenem Zeitplan aufhorchen. Das Ziel sei demnach, dass der Tempest-Kampfjet den Eurofighter Typhoon der britischen Royal Air Force ungefähr Mitte der 2040er-Jahre ablöst. Zuvor war meist von einer Indienststellung um 2035 die Rede.

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