Vertikale Streifen bei einer Atomexplosion
© National Nuclear Security Administration

Science

Warum sieht man vertikale Rauchstreifen bei Atombomben-Explosionen?

Atombombenexplosionen sind, auf eine schreckliche Weise, faszinierend. Aufzeichnungen von Atombombentest lassen die zerstörerische Kraft erahnen, die diesen Massenvernichtungswaffen birgt.

Wer nicht nur der morbiden Faszination erliegt, sondern sich auch für die Physik dahinter interessiert, wird womöglich schon mal die vertikalen Rauchfahnen entdeckt haben. Bei vielen Videos und Fotos von Atombombentests sind diese unterschiedlich ausgeprägt zu sehen. In einem Video von Atomicarchive wird erklärt, was es damit auf sich hat.

Der Feuerball bei der Explosion entwickelt sich in mehreren Phasen. In den ersten Mikrosekunden nach der Atomexplosion, expandiert die Strahlung viel schneller als die innere Schockwelle. Mit der Ausbreitung des Feuerballs verlangsamt sich die Strahlung und die innere Schockwelle beginnt diese zu überholen.

Ein Zehntel einer Millisekunde nach der Explosion fällt die durchschnittliche Temperatur des Feuerballs auf 300.000 Grad Celsius. Die Schockfront, ein Wall aus stark verdichteter Luft, bewegt sich dann vor die Strahlungsfront. Die Schockfront komprimiert die Luft in der Umgebung und lässt sie glühend und undurchsichtig erscheinen.

Während sich der Feuerball weiter ausbreitet, beginnt die Temperatur der geschockten Luft stetig abzunehmen. Die Schockfront wird unsichtbar, da sie nicht mehr durch Hitze die Luft komprimieren kann. Dadurch wird die isothermale Sphäre des inneren Feuerballs sichtbar. Das passiert etwa 15 Millisekunden nach der Explosion und wird als „Breakaway“ (Durchbruch) bezeichnet.

Optische Illusion wird zur Messung genutzt

Diesen Prozess aufzuzeichnen und zu messen, ist sehr schwer. Druckmessgeräte liefern nur ungenaue Ergebnisse, da sie in Bodennähe aufgestellt werden müssen und dort zu viel Interaktion zwischen der Schockwelle und dem Erdboden entsteht. Eine Lösung dafür wurde bereits beim allerersten Atombombentest am 16. Juli 1945 getestet.

Eine 16mm Superzeitlupenkamera, die 10.000 Bilder pro Sekunde aufnehmen kann, filmte das Kabel eines Ballons hinter dem Feuerball. Als die Schockfront sich vor das Kabel bewegte, sah es so aus, als sei das Kabel durchtrennt. Diese optische Illusion ist durch die Lichtbrechung der komprimierten Luft hinter der Schockfront entstanden. Diese „Durchtrennung“ des Kabels in den Videoaufnahmen stimmte mit der Position der Schockfront überein. Durch das Analysieren der einzelnen Bilder konnte man also das Fortschreiten der Schockfront messen.

Erster Atombombentest 1945

Diese Bilder entstanden beim ersten Atombombentest am 16. Juli 1945. Auf der rechten Seite ist das scheinbar durchtrennte Kabel des Ballons zu sehen

Rauchraketen als Raster am Himmel

Das Forschungslabor der US Navy entwickelte daraufhin spezielle Rauchraketen, um dieses Phänomen für die Messungen bei weiteren Atombombentests nutzen zu können. Die Raketen wurden entlang einer Linie der Atombombe positioniert und Sekunden vor der Explosion gestartet. Diese Raketen erzeugen die vertikalen Rauchfahnen, die in den Himmel steigen. Das erste Mal wurden die Raketen 1952 bei einem Atombombentest genutzt.

Atombombentest 1952

Atombombentest 1952. Die Rauchfahnen der Raketen sind deutlich zu sehen

Durch die regelmäßigen Abstände, in der die Raketen abgefeuert werden, entsteht eine Art Raster. Bei der Atombombenexplosion sieht man, wie die Schockfront die Lichtbrechung nacheinander vor den Rauchfahnen verändert. So kann man die Zeit zwischen den Veränderungen messen und dadurch die Geschwindigkeit der Schockwelle berechnen.

Die Rauchfahnen sind also kein physikalisches Phänomen, sondern ein Teil der Messungen, um die Stärke einer Atombombenexplosion zu bestimmen.

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