Ein Elektroauto wird an einer öffentlichen Ladestation mit einem blauen Kabel aufgeladen.

Ein Elektroauto wird an einer öffentlichen Ladestation mit einem blauen Kabel aufgeladen.

© Kurier / Gerhard Deutsch

Science

Neuartiges Gel verdoppelt Lebensdauer von Elektroauto-Akkus

Höhere Spannungen bedeuten bei Batteriezellen auch höhere Energiedichten. Auf Zellebene lassen sich Spannungen allerdings nicht beliebig erhöhen, denn sie sind an die Zellchemie gekoppelt. Zu hohe Spannungen sind zudem schlecht für die Lebensdauer der Batterie. Batteriezellen in Elektrofahrzeugen haben daher normalerweise eine Spannung von 3,6 bis 3,7 Volt

Sogenannte Hochvoltzellen würden E-Autos, E-Lkw und auch E-Flugzeuge mehr Reichweite bei gleichem Batteriegewicht liefern. Typischerweise liegt die Spannung bei HV-Zellen über 4 Volt. Mit der hohen Spannung werden aber auch die Herausforderungen größer. Neben der geringeren Lebensdauer können sich die Zellen auch stärker ausdehnen. Das stellt eine Gefahr dar, da sich die Zellen womöglich an spitzen Kanten punktieren und es zu einem Thermal Runaway kommen kann.

"Böser Sauerstoff"

Verantwortlich für die Probleme ist "böser Sauerstoff", der in der Batteriezelle entsteht. Normalerweise ist Sauerstoff relativ reaktionsträge, er kann aber auch als Singulett-Sauerstoff vorkommen. Diese Art von Sauerstoffmolekül entsteht durch Energieaufnahme von außen - etwa bei einer chemischen Reaktion - und ist dadurch sehr reaktionsfreudig. 

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Daneben können in der Batterie auch andere reaktionsfreudige Sauerstoffverbindungen entstehen, wie etwa Wasserstoffperoxide. All diese unerwünschten Nebenprodukte sind als ROS (Reactive Oxygen Species) bekannt und wirken sich negativ auf die Lebensdauer der Batterie aus.

Gel-Elektrolyt verhindert ROS

Südkoreanischen Forschern ist es nun gelungen, diese ROS zu verhindern. Anders als bei anderen Forschungen, die das Augenmerk eher auf die Zusammensetzung der Elektrode legen, konzentrierten sie sich auf den Elektrolyt. Ihr sogenannter "anthracene-functionalized cyanoethyl polyvinyl alcohol (An-PVA-CN) gel polymer electrolyte (GPE)" setzt gleich an mehreren Punkten an. Einerseits fängt das Elektrolyt-Gel Singulett-Sauerstoffmoleküle in der Batterie ein und macht sie unschädlich. Andererseits verhindert er gleichzeitig die Bildung von Singulett-Sauerstoff, indem er normale Sauerstoffmoleküle bindet.

Das An-PVA-CN-Gel und seine Funktion.

Das An-PVA-CN-Gel und seine Funktion.

Gleichzeitig stabilisiert das Gel das Nickelmetall in der Kathode und verhindert so dessen Auflösung und die Verformung während des Ladevorgangs. "Das Besondere an dieser Forschung ist, dass sie die Bildung von ROS direkt an der Quelle verhindert," sagt Forscherin Jeongin Lee in einer Aussendung. "Bisherige Ansätze neutralisierten ROS entweder nach ihrer Bildung oder manipulierten die Elektrode, um die Sauerstofffreisetzung zu unterdrücken."

Batterie-Prototyp hielt 500 Ladezyklen stand

Ein Batterie-Prototyp (4,55 V) mit dem Elektrolyt-Gel behielt nach 500 Ladezyklen immer noch 81 Prozent seiner ursprünglichen Kapazität. Bei einem "normalen" Elektrolyten fiel die Kapazität bereits nach 180 Zyklen auf unter 80 Prozent. Damit konnte die Lebensdauer mehr als verdoppelt werden. Gleichzeitig verringerte sich die Ausdehnung der Zelle von 85 Mikrometer auf 13 Mikrometer, was einer Reduktion um das Sechsfache entspricht.

Professor Hyun-Kon Song sagt dazu: "Diese Studie zeigt, dass Sauerstoffreaktionen in Hochspannungsbatterien bereits in der Entwicklungsphase des Elektrolyten kontrolliert werden können. Dieses Prinzip könnte zur Entwicklung leichter LIBs (Lithium-Ionen-Batterien) für Luft- und Raumfahrtanwendungen und groß angelegte Energiespeichersysteme genutzt werden." 

Vorher muss die Lebensdauer aber noch einmal erhöht werden. 500 Zyklen entsprechen dem unteren Ende der Lebensdauer von Elektrofahrzeugen. Moderne Lithium-Ionen-Akkus, wie sie hauptsächlich in E-Autos eingesetzt werden, kommen teilweise sogar auf 3.000 Zyklen.

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Marcel Strobl

marcel_stro

Ich interessiere mich vor allem für Klima- und Wissenschaftsthemen. Aber auch das ein oder andere Gadget kann mich entzücken.

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