Coronavirus wird ansteckender, warnen Forscher
Eine Vorstudie zu COVID-19, die unlängst in der Los Angeles Times veröffentlicht wurde, sorgt für Kritik. Denn in dieser kommen die Autoren zum Schluss, dass das neue Coronavirus schnell mutiert und mittlerweile bereits ansteckender als die Ursprungsform aus dem chinesischen Wuhan ist. Zahlreiche Wissenschaftler sind diesbezüglich jedoch skeptisch.
Forscher des Los Alamos National Laboratory in New Mexico haben in einer Vorstudie, die am 30. April erschienen ist, die Entwicklung von SARS-CoV-2 untersucht. Dafür haben sie zwei Monate lang unterschiedliche genetische Sequenzen des Virus analysiert, die von COVID-19-Patienten stammen. Im Fokus war das sogenannte Spike-Protein, das eine Infektion der Zellen erlaubt.
Mutation D614
Die Wissenschaftler sollen erkannt haben, dass der Originalstamm des Virus aus Wuhan in manchen Fällen eine Mutation im Spike-Protein trage – genannt D614. Auch viele der frühen Infizierten in Europa, den USA, aber auch anderen Ländern sollen diese Mutation aufgewiesen haben.
Anfang Februar soll auch die Mutation G614 aufgetreten sein. Dieses würde D614 rasch verdrängen, oft innerhalb weniger Wochen. Dieses Muster sei in fast jeder Region weltweit erkennbar. Den Forschern zufolge sei die schnelle Verbreitung der G614-Form ein Indikator dafür, dass die nun grassierenden SARS-COV-2-Stämme ansteckender sind als die Ursprungsform.
"Keine Auswirkung"
Laut Harvard-Epidemiologe Bill Hanage besteht jedoch keine eindeutiger Zusammenhang zwischen der G614-Mutation und dem Verbreitungspotenzial des Virus. Die Mutation könnte lediglich eine Folge dessen sein, dass etwa in Europa relativ spät Maßnahmen ergriffen wurden. Das Virus dürfte so Zeit gehabt haben, um sich zu entwickeln und von der Ursprungsform aus China zu unterscheiden. G614 könnte infolgedessen in andere Regionen verbreitet worden sein.
Auch die Virologin Angela Rasmussen von der Columbia University ist skeptisch. Sie meint: „Die haben nicht ein einziges Experiment durchgeführt – das ist alles nur Vermutung“, sagt sie gegenüber Gizmodo. Auch ihr zufolge gebe es dadurch keinen Einfluss auf das Ansteckungspotenzial. „Sie haben nichts getan, um zu zeigen, dass diese Mutation funktionell bedeutsam ist“.
Kritik kommt auch von der Schweizer Forscherin Emma Hodcroft vom Biozentrum der Universität Basel. Sie gibt Rasmussen recht. Ihrer Meinung nach sei es von höchster Bedeutung, dass Wissenschaftler darauf achten, was sie vermitteln. Grundsätzlich mutieren Viren permanent. Die meisten Mutationen hätten jedoch keinen Einfluss auf die Verbreitung eines Virus.