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Wie Google Maps Phantomstau verhindern will

Viele Autofahrer*innen kennen das Phänomen: Bei etwas dichterem, aber immer noch flüssigem Verkehr bremst ein Auto plötzlich und alle Autos dahinter sind gezwungen, das ebenfalls zu tun. Die Verzögerung ist bei jedem Auto ein wenig stärker, bis ein Auto schließlich völlig zum Stillstand kommt. Eigentlich gibt es kein Hindernis auf der Straße, aber wie eine Welle pflanzt sich der Stau nach hinten fort. Der Fachbegriff nennt sich „Stau aus dem Nichts“ oder „Phantomstau“.

Ausgelöst wird er manchmal durch ungestüme Spurwechsel, durch plötzlich irritierte Fahrer*innen oder durch ein Ignorieren des Rechtsfahrgebots. Oft ist nicht ersichtlich, was der Grund war. Phantomstaus können aber wachsen und zu großen Verzögerungen führen. Google hat eine Idee, wie man das verhindern könnte.

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Abstände sollen wiederhergestellt werden

Der Navigationsdienst Google Maps soll aufgrund von Bewegungsdaten seiner Vielzahl an Nutzer*innen plötzlich auftauchende Verzögerungen erkennen und andere Verkehrsteilnehmer*innen warnen. Auf dem Navigationsbildschirm – egal ob am Handy oder am Armaturenbrettdisplay – soll jede nachkommende Fahrer*in eine bestimmte individuelle Geschwindigkeit angezeigt bekommen. Halten sich alle daran, so können die Abstände zwischen den Autos innerhalb kurzer Zeit wiederhergestellt und der drohende Stau verhindert werden.

Dieses System zur Erkennung und Vermeidung von Phantomstaus hat Google patentieren lassen. Es könnte künftig zu einer Standardfunktion in Google Maps werden. Die Entwickler*innen der Lösung sehen darin eine echte Chance zur Vermeidung von Staus, andere sehen darin einen Wunschtraum. „Eigensinniges Verhalten wird man Menschen nicht abgewöhnen“, sagt Verkehrswissenschaftler Günter Emberger von der TU Wien. Auch wenn Google Maps von vielen Autofahrer*innen genutzt wird, es seien längst nicht alle. Selbst Nutzer des Navigationsdienstes werden sich nicht allesamt an die Vorschläge halten. „Kollektives Verhalten wäre sehr oft nutzenstiftend, aber der individuelle Vorteil steht immer im Fokus“, erklärt Emberger.

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Eine Abweichung reicht

Man kennt es vielleicht aus eigener Erfahrung: Man fährt auf einer Fahrspur, auf der daneben scheinen die Autos aber schneller voranzukommen. Wechselt man nun die Spur, um ebenfalls schneller zu sein, müssen die anderen Verkehrsteilnehmer*innen darauf reagieren und bremsen. Eine Verpflichtung, sich an die Geschwindigkeitsvorschläge eines Navigationssystems zu halten, gebe es freilich nicht. „Und auch wenn sich 99 Prozent aller Nutzer daran halten würden: Wenn es nur ein oder zwei Fahrer*innen nicht tun, versagt die Maßnahme zur Stauauflösung.“

Trugschluss einer technischen Lösbarkeit

Zur Bildung von Phantomstaus gibt es eine Menge Forschungsergebnisse. Eines lautet, dass es Menschen unmöglich ist, ein gefordertes gleichmäßiges Fahrverhalten umzusetzen. Für autonome Fahrzeuge wäre es hingegen kein Problem. Kann also die steigende Automatisierung von Fahrzeugen dazu beitragen, dass Phantomstaus gar nicht erst entstehen?

„Man muss bei dieser Frage aufpassen“, sagt Emberger. Technische Innovationen zielten darauf ab, die Kapazität des Straßenverkehrs zu erhöhen. „Je mehr man die Kapazität erhöht, desto mehr Menschen fahren mit dem Auto. Dadurch steigt die Gefahr von Staus. Das ist ein selbstverstärkender Regelkreis.“ Dass man mehr Autos auf die Straße bringen und dank neuer Technologien dennoch flüssigen Verkehr haben könne, sei ein Trugschluss.

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Neue Probleme entstehen

Durch Bemühungen, den Verkehr flüssiger zu gestalten, haben Google Maps und andere Kartendienste in der Vergangenheit auch neue Probleme geschaffen. Fahrer*innen werden etwa Echtzeitinformationen über die Verkehrslage geliefert und Ausweichrouten vorgeschlagen. Das hat mancherorts zu einem Anstieg des Verkehrs auf Nebenstraßen geführt. Durch bislang ruhige Viertel fuhren plötzlich viel mehr Autos. Es kam zu mehr Unfällen, Lärm und stärkerer Schadstoffbelastung.

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Anwohner*innen wehren sich gegen solche Auswüchse, indem sie in Navigations-Apps falsche Unfallmeldungen abschicken. Der Künstler Simon Weckert führte vor, dass man nur 99 Smartphones in einen kleinen, per Hand gezogenen Bollerwagen packen muss, um den Verkehr auf einer Straße zu reduzieren. Google Maps glaubt dann, dass dort ein Stau herrscht, und leitet Autofahrer*innen um. Weckerts Kunststück kann man übrigens im Technischen Museum Wien bewundern.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Energie, Mobilität und Klimaschutz. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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