Hyperloop: In ultraschneller Kapsel ans Ziel
Auf der notorisch verstopften Autobahn I-5, die von der mexikanischen Grenze in Tijuana bis nach Vancouver führt, dauert die Fahrt von Los Angeles nach San Francisco gut fünf Stunden. Mit Hyperloop, einer neuen überirdischen Tunnelbahn, die sich Tesla-Mitbegründer und CEO Elon Musk ausgedacht hat, könnte die Reisezeit auf der 600 Kilometer langen Strecke mit Geschwindigkeiten zwischen 480 und 1220 km/h auf 35 Minuten schrumpfen. Das Vorhaben könnte mit etwas Glück bereits in zehn Jahren realisiert werden.
Nach einer durchgearbeiteten Nacht veröffentlichte Musk Montagnachmittag die mit Spannung erwarteten Pläne für Hyperloop: ein aufgestelztes Tunnelsystem, in dem Passagierkabinen knapp unter der Schallgeschwindigkeit die kalifornische Küste entlangdüsen. Das Design für Hyperloop ist Open Source, Anregungen und Kritik sind erwünscht (hyperloop@spacex.com und hyperloop@teslamotors.com).
Musk als Vorbild für „Iron Man" Tony Stark
Milliardär Musk ist bekannt dafür, keine halben Sachen zu machen. Reich wurde er nach Verkauf seines Unternehmens Zip2 an Compaq Ende der 90er-Jahre und später nach Börsengang und Verkauf von PayPal, dessen größter Aktionär er bei der 1,5-Mrd-Dollar-Übernahme durch eBay war. Mit Tesla machte Musk in der Vergangenheit zwar keine hohen Gewinne. Doch der Wert des Elektroautobauers wird auf drei Mrd. Dollar geschätzt. Als Mitbegründer von Space Exploration Technologies, kurz SpaceX, entwickelte er eine Rakete samt Raumschiff. Letzteres dockte im Mai 2012 als erster privater Frachter an der International Space Station an. Iron Man-Regisseur Jon Favreau, ein guter von Freund von Musk, erklärt, dass Ähnlichkeiten zwischen der Filmfigur Tony Stark und Musk nicht zufällig seien.
Entsprechend soll das neue Transportsystem nicht nur schnell sein. Es soll auch sicherer, billiger und bequemer als die derzeitigen Alternativen sein, dazu wetter- und möglichst erdbebensicher sowie solarbetrieben.
Nein zu Rohrpost und Magnetschwebebahn
Als einzige Möglichkeit für superschnelles Reisen auf mittleren Distanzen beschreibt Musk in seinem 57-seitigen Entwurf eine Röhre, die, ober- oder unterirdisch verlegt, spezielle Umgebungsparameter sicherstellt. Denkbar wäre etwa eine vergrößerte Version von Druckluftröhren, wie sie bei Rohrpostanlagen zum Einsatz kommen. Prinzipiell ließe sich Luft mittels Hochdruckventilatoren durch eine Röhre blasen, um damit kleine Passagierkabinen fortbewegen – wäre da nicht das Problem der Reibung. Eine knapp 600 Kilometer lange Luftsäule, die sich nahe der Schallgeschwindigkeit bewegt, würde Reibung in „gewaltiger Höhe" auf das Innere der Röhre ausüben.
Als weitere Option nennt Musk eine Art Magnetschwebebahn, die sich in einem luftleeren Tunnel bewegt. Die Schwierigkeit dabei sei, das Vakuum über lange Distanzen und Stationen hinweg aufrechtzuerhalten. Ein kleines Leck genügt, um die Kabinen zum Stillstand zu bringen.
Ein Niederdrucksystem als Ausgang
Musk schlägt schließlich ein Niederdrucksystem vor. Herkömmliche Pumpen sollten dabei ausreichen, um kleine Lecks auszugleichen, und für den Betrieb der durch die Röhre geschickten Kabinen dürften geringe Luftdichteveränderungen kein Problem darstellen. Problematisch ist allerdings die riesige Luftmenge in der Röhre. Liegen Tunnel- und Kabinenwand zu eng beisammen, käme es zu einem Effekt, ähnlich wie bei einer Spritze: es läge plötzlich an der Kabine, die Luft zu bewegen. Überwinden lässt sich dieses sogenannte Kantrowitz-Limit auf drei Arten: mit geringer oder extrem hoher Geschwindigkeit oder über einen großen Tunneldurchmesser. Riesige Tunnel geben ebenso wie Passagierkabinen, die auf mehrere tausend Stundenkilometer beschleunigt werden, mehr Probleme auf als sie lösen: von der intensiven Temposteigerung, über den Überschallknall in einer Röhre („eine fragwürdige Aussicht") bis hin zum starken Abbremsen.
Flachgedrückte Tesla-Motoren
Bequemer und sicherer sei hohe Unterschallgeschwindigkeit. Besagtes Kantrowitz Limit will Musk umgehen, indem er Druckluftventilatoren an der Vorderseite der Passagierkabinen anbringt, die die Luft an die Rückseite des Fahrzeugs ableiteten. Zusätzlich soll ein von der Kabine erzeugter Luftpolster – Musk zieht einen Vergleich mit einem Air-Hockey-Tisch – hoher Reibung vorbeugen.
Musk kalkuliert, dass eine Batterie den Ventilator betreiben kann, vorausgesetzt, dass diese nicht auch für die Beschleunigung zuständig seien. Hier kommt schließlich Tesla ins Spiel. Externe Linear-Fahrmotoren, eine Art flachgedrückte Version jener Induktionsmotoren, die Tesla bei seinem Modell S verwendet, würden etwa alle 100 Kilometer am Tunnel angebracht und die Kabinen beschleunigen. Der Strom für die Motoren kommt von Solar-Panelen an der Oberseite des Tunnels.
Der Hyperloop-Tunnel soll auf Masten entlang der Autobahn I-5 geführt werden. Da die Stahlröhre nicht starr auf den Masten fixiert ist, entsteht eine gewisse Erdbebensicherheit. Zusätzlich fangen horizontale und vertikale Dämpfer in den Masten die Auswirkungen von Hitze und Erschütterung ab.
Laut Musks Alpha-Design sind die Kapseln 1,1 Meter hoch und 1,35 Meter breit, fassen jeweils 28 Personen und sollen alle zwei Minuten von den Endstationen abfahren. In Stoßzeiten ließen sich die Intervalle auf 30 Sekunden erhöhen. Größere Kabinen, die Teil eines teureren Systems sind, könnten drei Autos und deren Passagiere unterbringen. Im Inneren der Kapseln soll den Fahrgästen ein Unterhaltungssystem die kurze Reisezeit vertreiben.
20 Dollar pro Fahrtrichtung
Geeignet ist Hyperloop nach Einschätzung von Musk für urbane Großräume, die bis zu 1500 Kilometer voneinander entfernt liegen. Für weitere Distanzen bevorzugt er Überschallflugzeuge.
Die Kosten für Hyperloop beziffert er mit knapp sechs Mrd. Dollar. Würden die Intervalle von zwei Minuten eingehalten, ließen sich jährlich 7,4 Mio. Personen transportieren. Unter Annahme von Auslastung und einem Ticketpreis von 20 Dollar pro Richtung, würde sich das System innerhalb von 20 Jahren amortisieren. Das derzeit für die Region geplante Schnellzugprojekt, das Musk immer wieder als wenig innovativ, überteuert und langsam kritisiert, ist mit 68,4 Mrd. Dollar veranschlagt.
Unklar ist, ob Tesla den Bau eines Prototyps übernimmt. Im Rahmen einer Telefonkonferenz am Montag schien Musk dies anzudeuten. Bei einem Telefonat mit Investoren im Juli hingegen versicherte er noch, dass er keine Pläne hätte, das Projekt selbst umzusetzen. Er nannte Hyperloop „extrem spekulativ", und Tesla würde sich erst einmischen, wenn es ein paar Jahre lang keine Fortschritte gäbe. Eine Alternative zu Hyperloop lässt Musk in seinem Entwurf schließlich doch zu – Teleportation: „Bitte, jemand soll das erfinden."
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