Science

Mars-Missionen setzen auf Werkzeug aus Wien

Im Jahr 2020 soll mit dem ExoMars-Rover der erste mobile europäische Roboter auf dem roten Planeten aufsetzen. An der Entwicklung des Rovers und der Missionsplanung beteiligt war ein Unternehmen aus Wien. Das Zentrum für Virtual Reality und Visualisierung - kurz: VRVis - hat sich darauf spezialisiert, Bilddaten zu 3D-Visualisierungen umzuwandeln. Eine eigene Abteilung, die Geospatial Visualization Group, widmet sich dem Raumfahrtbereich. Speziell für die Planetenwissenschaft hat VRVis ein eigenes Werkzeug entwickelt, das Wissenschaftlern einen räumlichen Eindruck von weit entfernten Gebieten vermittelt und so wichtige Entscheidungsgrundlagen schafft.

Satelliten- und Rover-Aufnahmen

"Unser Tool PRo3D bildet aus 2D-Bildern, die von Satelliten oder Rovern gemacht wurden, eine 3D-Oberfläche", erklärt Christoph Traxler, der Leiter der Geospatial Visualization Group. "Unser Partner, das Forschungsinstitut Joanneum Research, generiert aus Bildern per Photogrammetrie genaue räumliche Daten und wir bereiten diese Daten visuell auf." Was man mit solchen aufbereiteten Bildern machen kann, demonstrieren Traxler und sein Kollege Thomas Ortner beim Besuch der futurezone am VRVis-Standort in der Wiener Donaucity.

Das Wiener Unternehmen VRVis hilft bei der Visualisierung der Mars-Oberfläche

Remote Geology

Auf einem Computerbildschirm zu sehen ist etwa ein 3D-Modell der Gesteinsformation "Garden City" auf dem Mount Sharp, einer Erhebung auf dem Mars, die vom NASA-Rover Curiosity entdeckt wurde. Die Gesteinsformation, auf der unter anderem rippenförmige Strukturen zu erkennen sind, die auf frühere Wasserablagerungen schließen lassen, kann in PRo3D aus jedem beliebigen Blickwinkel betrachtet werden. Das Visualisierungswerkzeug erlaubt es Geologen, verschiedene Messungen durchzuführen und das Bild mit zusätzlichen Ebenen (etwa mit Linien, die dem Verlauf von Gesteinsschichten folgen) zu überlagern.

"Damit lässt sich so genannte Remote Geology durchführen", meint Traxler. "Geologen müssen eine 3D-Struktur betrachten können, um sie genau analysieren zu können. Bisher hat es dafür nur Werkzeuge gegeben, die auf Industrieanwendungen auf der Erde ausgerichtet waren, etwa für das Auffinden von Bodenschätzen. Für Weltraum-Anwendungen hat es so etwas noch nicht gegeben. Die meisten anderen Tools können auch nicht mit derart großen Datenmengen umgehen."

Missionsplanung

Ein weiteres Beispiel am Bildschirm zeigt einen mehrere Kilometer großen rechteckigen Ausschnitt einer besonders flachen Region am Mars. Die Bilddaten dafür stammten von einer Raumsonde. Der Abschnitt gilt als besonders aussichtsreicher Kandidat als Landeplatz für Sonden und Rover. Im Visualisierungs-Tool PRo3D sieht man darauf selbst kleinste Erhebungen. Planer von Weltraummissionen können so von der Erde aus auf die Suche nach möglichst idealen Landepunkten gehen.

Auch wenn es darum geht, wo genau man einen Rover am Mars hinschicken will, kommt PRo3D zum Einsatz. "Es geht dabei meistens um einen Disput zwischen Wissenschaftlern und Ingenieuren", meint Traxler. "Die Wissenschaftler wollen in das unwirtlichste Terrain fahren, die Ingenieure wollen, dass der Rover ganz bleibt." Mit dem 3D-Visualisierungswerkzeug kann man etwa genau jene Stellen anzeigen lassen, die zu hohe Steigungswinkel für den jeweiligen Rover aufweisen. Präzision ist in der Missionsplanung maßgeblich. Man schickt hunderte Millionen Dollar/Euro teure Rover nicht leichtfertig an den Rand eines Mars-Kraters.

Das Wiener Unternehmen VRVis hilft bei der Visualisierung der Mars-Oberfläche

Drei Raumfahrtprojekte

VRVis arbeitet derzeit an drei wichtigen Raumfahrtprojekten mit. Wie bereits erwähnt, ist das Unternehmen an ExoMars beteiligt. Die Vorbereitung auf die Mars-Rover-Landung der europäisch-russischen Weltraummission läuft bereits seit Jahren. VRVis war auch an der Entwicklung von Bordinstrumenten beteiligt, etwa von Kameras. Expertise in letzterem Bereich wendet VRVis auch beim Projekt Mastcam-Z an. Dabei handelt es sich um eine Foto- und Videokamera, die im Mars-2020-Rover der NASA (wie der Name schon sagt, soll der Rover im selben Jahr wie der Exomars-Rover am Mars landen) verbaut sein wird. Das Besondere dabei: Sie kann zoomen. Das konnten Rover-Kameras bisher nicht.

Das dritte Projekt nennt sich PRoViDE und steht für Planetary Robotics Vision Data Exploitation. Die ESA versucht dabei, eine zentrale Datenbank für 3D-Bilder von Raumfahrtmissionen zu anderen Himmelskörpern aufzubauen, die in räumliche Beziehung zueinander gestellt werden. PRoViDE will damit eine umfassende neue Grundlage für die Forschung schaffen. VRVis will mit seiner Expertise dazu beitragen.

Virtual Reality

Um Forscher aus aller Welt miteinander zu vernetzen, kann VRVis seine Daten auch für Virtual-Reality-Brillen aufbereiten. "Das macht die Sache noch immersiver als per Maus und Keyboard", meint Traxler. Die Idee ist, in einer virtuellen Umgebung kollaboratives Arbeiten zu ermöglichen. "Wissenschaftler, die an einem Projekt zusammenarbeiten, sind oft über die ganze Welt verteilt. In der Virtual Reality können sie so arbeiten, als befänden sie sich gemeinsam im Feld."

Das Wiener Unternehmen VRVis hilft bei der Visualisierung der Mars-Oberfläche

70 Mitarbeiter

Neben dem Weltraum-Bereich ist VRVis auch in anderen Disziplinen tätig, etwa in Medizin und Life Sciences, in der Infrastrukturplanung oder im Katastrophenschutz (z.B. Hochwassersimulationen, virtuelles Feuerlöschen). Das Unternehmen wurde im Jahr 2000 gegründet und wird von der FFG im Rahmen des COMET-Programms gefördert. Ziel des Unternehmens ist es, eine Brücke zwischen Wissenschaft und Industrie zu schlagen. Geliefert werden keine fertigen Produkte, sondern Prototypen und Software-Implementierungen. VRVis beschäftigt aktuell 70 Mitarbeiter.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Energie, Mobilität und Klimaschutz. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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