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Mini-Satelliten: Breitband und Überwachung für alle

Durch Fortschritte in der Miniaturisierung von Kommunikationstechnik ist es heute möglich, kleine Satelliten, sogenannte Cubesats, relativ kostengünstig zu produzieren und ins All zu befördern. Kerry Cahoy, MIT-Professorin für Aeronautik und Astronautik, arbeitet mit ihrem Team an der Weiterentwicklung dieser Technologie. Bei der MIT Europe Conference, die von der Wirtschaftskammer Österreich ausgerichtet wird, hat die Forscherin in einem Vortrag erörtert, wie sich die Satellitentechnik in Zukunft entwickeln wird.

Cahoy glaubt, dass in Zukunft tausende Mini-Satelliten um die Erde kreisen werden, die für verschiedenste Zwecke genutzt werden können. Durch die große Zahl könnte ein dichtes Netz gesponnen werden, das beispielsweise eine fast lückenlose Beobachtung der Erde aus dem All ermöglichen könnte. "Je mehr Satelliten, desto weniger Lücken gibt es", sagt Cahoy. Die zentrale Steuerung aller einzelnen Satelliten wäre vom personellen und finanziellen Aufwand her allerdings nicht zweckmäßig. Deshalb sollen die Satelliten untereinander kommunizieren und ihre Aufgaben in autonomen Verbänden erfüllen.

Punktgenau

Die Satelliten könnten flexibel auf Anforderungen reagieren und so etwa auf Wunsch Bilder eines bestimmten Ortes liefern. Wenn das bildgebende Gerät gerade keinen Kontakt zu einer Bodenstation hat, könnten die Daten über die Verbindung zu anderen Satelliten trotzdem sofort weitergeleitet werden. Mit einem Verband aus 40 Satelliten, von denen zehn über dem Äquator verteilt sind und 30 sich in drei verschiedenen Ebenen in polaren Orbits befinden, könnte so eine sehr engmaschige Bodenbeobachtung erreicht werden.

"Ich könnte als Unternehmer zu Marktforschungszwecken prüfen, wie viele Autos auf dem Parkplatz vor meinem Geschäft stehen - oder auch bei der Konkurrenz. Das wirft allerding auch ethische Fragen auf", sagt Cahoy. Andere Dinge, die mit solchen Satellitennetzwerken überwacht werden könnten sind Verkehr, Wetter, Naturkatastrophen, Vegetationsentwicklung, Wüstenbewässerung, Schiffsverkehr oder militärische Einrichtungen. Der Punkt ist, dass die günstig verfügbare Information der Satelliten in Zukunft als Service für jeden verfügbar werden könnte. "Wer die Daten hat, gewinnt. Mit untereinander kommunizierenden Satelliten können wir die Informationen viel schneller auf die Erde bringen", sagt Cahoy.

Kubatur des Hypes

Gesteuert würden solche Netzwerke über smarte Software in einer Bodenstation, die die Bewegung der Satelliten je nach Anforderungen möglichst effizient organisieren könnte. So könnten etwa Satelliten mit verschiedenen Sensoren so verteilt werden, dass die gewünschten Daten möglichst schnell eingesammelt werden können. Bis es wo weit ist, muss sich technisch allerdings noch einiges tun. "Wir entwickeln am MIT kleine Triebwerke, die Satelliten flexibler machen sollen. Auch Laser-Kommunikation wäre mit höheren Datenraten bei weniger Stromverbrauch eine Verbesserung. Die Prozessoren in den Satelliten und die Software müssen auch noch besser werden", sagt Cahoy.

Mit ihrer Vision steht die MIT-Forscherin keineswegs alleine da. Das OneWeb-Konsortium, an dem Virgin, Qualcomm und Softbank beteiligt sind, plant derzeit, ein Netz aus größeren Satelliten ins All zu schießen, das weltweit Breitband-Internetverbidnungen erlauben soll. Elon Musks SpaceX und Boeing haben ähnliche Pläne, mit tausenden kleineren Satelliten. "Alle arbeiten an der Umsetzung. Dazu brauchen wir aber die Autonomie", sagt Cahoy. Wird diese Vision Wirklichkeit, stünde Unternehmen, Regierungsorganisationen und Privatpersonen plötzlich eine ganze Fülle an neuen Informationsquellen zur Verfügung. "Das wird wahrscheinlich von jedem Handy aus zugänglich sein. Eine Firma arbeitet derzeit - das ist kein Witz - an persönlichen Meteoritenschauern aus Mini-Satelliten, die Nutzer bestellen können sollen", sagt Cahoy. Auch für kommende Netzwerksanforderungen, etwa durch selbstfahrende Autos, die überall kommunizieren können müssen, könnten CubeSats eine wichtige Rolle spielen.

Datenschutz und Regeln

Die Regelungen zum Ausbringen von Satelliten sieht Cahoy nicht als Hindernis. "Die internationalen Telekom-Regulatoren vergeben Lizenzen, die sagen wer auf welcher Frequenz zu einem Satelliten sprechen darf. Aber Laserkommunikation ist derzeit überhaupt nicht reguliert. Ich würde also sagen: Auf geht's", sagt die Forscherin. Die bestehenden Regelungen haben allerdings auch Vorteile. "Eine Radiowellen-Lizenz bekommt nur, wer nachweist, dass seine Satelliten nach spätestens 25 Jahren in der Atmosphäre verglühen. Damit sie nicht Teil der Weltraummüll-Problematik werden.

Dass eine fast lückenlose Überwachung der Erde mit modernsten optischen Sensoren Datenschutzprobleme mit sich bringt, ist Cahoy bewusst. Ihr Lösungsvorschlag orientiert sich am Silicon Valley. "Die Firmen, denen die Bilder gehören, werden einen Prozess implementieren müssen - so wie es etwa Facebook macht - der verhindert, dass der Datenschutz missachtet wird. Ansonsten wird es hohen sozialen Druck und wohl auch einige Klagen geben", sagt Cahoy. In Zukunft werde das noch relevanter, weil die technische Entwicklung weitergehen wird. "Wir arbeiten bereits an noch kleineren Satelliten, die nur noch die Größe einer Briefmarke haben. Damit können wir noch größere Verbände noch günstiger in All schicken", sagt die Wissenschaftlerin.

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Markus Keßler

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