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"Österreich muss als Standort für IT-Security sichtbar werden"

Österreich ist ein wichtiger Forschungsstandort für den Bereich IT-Sicherheit. Fachhochschulen und Universitäten bieten eigene Ausbildungen an. Wettbewerbe, wie die Austria Cyber Security Challenge (ACSC), fördern Nachwuchstalente und verknüpfen Bildungseinrichtungen und Industrie.

Ein gutes Beispiel für Zusammenarbeit im Bereich der IT-Security-Forschung ist SBA Research. Es ist die erste Forschungseinrichtung Österreichs für IT-Security. 2006 wurde sie von TU Wien, TU Graz und der Universität Wien gegründet. Später stieß auch das AIT dazu – Österreichs größte außeruniversitäre Forschungseinrichtung. Im Center for Digital Safety & Security des AIT forschen und arbeiten über 200 Expert*innen. Die futurezone sprach mit Helmut Leopold, der das Center leitet.

futurezone: Das AIT ist seit 2014 führender Partner von SBA Research. Wieso hat man sich für diesen Schritt entschieden?
Helmut Leopold: Das AIT hat sich mit dem Center for Digital Safety & Security in den vergangenen Jahren international erfolgreich zu einem führenden Lösungsanbieter im Bereich Cyber Security positioniert. Diese internationale Wettbewerbsfähigkeit kann nur durch eine klare Fokussierung auf spezifische Schwerpunktthemen erreicht werden. Um sowohl die kritische Masse, als auch die High-Tech-Kompetenz in speziellen Technologiebereichen in Österreich sicherzustellen und eine internationale Know-How- und Technologieführerschaft zu erreichen, ist zusätzlich die breite Kooperation mit verschiedensten Expertenorganisationen ganz wesentlich. In diesem Sinne kooperiert das AIT mit Universitäten, Fachhochschulen sowie Forschungsorganisationen mit speziellen Kernkompetenzen wie SBA Research.

Wie läuft es aus der Sicht des AIT mit SBA Research?
AIT und SBA ergänzen sich perfekt  - das AIT hat einen internationalen Industrie-Fokus und ist ein starker Akteur im europäischen Innovationssystem. SBA Research hat einen starken Schwerpunkt im österreichischen Innovationssystem und ein wichtiger Player in der Entwickler-Community. Gemeinsam unterstützen wir so den Standort Österreich in seiner globalen Wettbewerbsfähigkeit.

Helmut Leopold, Head of Center for Digital Safety & Security, am AIT

Wo ist Österreich in der IT-Security-Forschung Weltspitze?
Österreich hat im Bereich der industriellen Sicherheit (OT Security) und der hochsicheren Kommunikation eine technologische Vorreiterrolle eingenommen. So ist das AIT heute als IAEA Collaborating Centre das erste weltweit tätige Kompetenzzentrum, das Cyber Security Trainings für kritische Infrastrukturbetreiber im Auftrag der IAEA durchführt. Auch konnte sich das AIT durch ThreatGet erfolgreich mit einer international führenden Lösung zur sicheren Entwicklung von digitalen Systemen im Safety Bereich, wie beispielsweise für die Automobilindustrie, positionieren.

Ein weiteres Spezialfeld betrifft modernste Verschlüsselungstechnik „made in Austria“ für den Aufbau einer hochsicheren Kommunikations- und Dateninfrastruktur in der EU. Im Bereich Quantenforschung bzw. Quantenverschlüsselung ist das AIT heute ein global führender Know-How- und Technologielieferant und leistet einen wesentlichen und wichtigen Beitrag für den Aufbau einer hochsicheren Kommunikationsinfrastruktur einerseits, sowie auch einer neuen Herstellerindustrie in der EU.

Auch im Bereich des digitalen Identitätsmanagements hat sich das AIT als Schlüsselakteur für die Entwicklung modernster Sensorsysteme positioniert. In Kooperation mit dem Counter-Terrorism Centre des United Nations Office of Counter-Terrorism fokussiert das AIT in diesem sensiblen Feld auf ethische, rechtliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen, um sowohl die Entwicklung neuer Technologien, als auch deren Einsatz in einem verantwortungsvollen und wohldefinierten Kontext voranzutreiben und damit zum Schutz der Gesellschaft beizutragen. Weiters gibt es mehrere österreichische Betriebe mit besonderen global erfolgreichen innovativen Cybersecurity-Lösungen wie X-Net, fragmentiX und Ikarus.

Wie kann gewährleistet werden, dass Österreich ein wichtiger Standort für die IT-Security-Forschung wird, bzw. bleibt?
Im Hinblick auf die unbedingt notwendige Verstärkung der Kooperation des gesamten Ökosystems ist es wichtig, insbesondere im Bereich der IT-Sicherheit auf eine Kombination von technischen Lösungen, effektiven Geschäftsprozessen aber auch Fähigkeiten der Mitarbeiter*innen und Benutzer*innen in den Unternehmen zu setzen. Vor allem muss die Entwicklung unserer immer komplizierter werdenden digitalen Systeme viel stärker einem „Security by Design“-Ansatz folgen, um mit entsprechenden Zertifizierungsprozessen viel zuverlässigere IT-Systeme und Produkte zu bauen, die uns dadurch einerseits eine bequemere und einfachere, aber gleichzeitig auch eine viel sicherere Benutzung ermöglichen.

Dabei spielen sowohl Regulierung, Standards, aber auch Gesetze eine wichtige Rolle. Eine enge Kooperation zwischen Wissenschaft und Forschung, Unternehmen sowie Behörden ist dabei unerlässlich, um effektive Lösungen zu erarbeiten. Durch eine solche Zusammenarbeit können innovative Ansätze entwickelt werden, die den aktuellen Herausforderungen in der IT-Sicherheit gerecht werden und dazu beitragen, ein höheres Maß an Schutz und Sicherheit zu erreichen. Wenn es gelingt, in Österreich eine enge Innovationskooperation mit einer gemeinsamen Vision aller Stakeholder zu etablieren, kann eine internationale Führungsrolle erreicht werden.

Wie erlebt das AIT aktuell den Fachkräftemangel und Frauenmangel in der IT-Security?
Beides stellt eine große Herausforderung dar. Wir haben am AIT bereits erfolgreich Maßnahmen umgesetzt, um junge Frauen und Männer für unsere attraktiven und global bedeutenden Projekte und die Technologieführerschaften des AIT in verschiedenen Bereichen zu begeistern. Dabei spielt die Attraktivität des Standortes Wien im Security-Bereich im internationalen Vergleich eine entscheidende Rolle. Wir sind überzeugt, dass Österreich und Wien weltweit als erfolgreicher Standort für Digitalisierung und IT-Security sichtbar werden muss, um neue internationale Talente für eine Karriere in Österreich zu begeistern. Das wollen wir auch durch gezielte Initiativen und Partnerschaften mit Forschungseinrichtungen, Universitäten und Unternehmen realisieren.

Wie können Bewerbe, wie die Austria Cyber Security Challenge, dabei helfen, hier etwas zu verändern?
Wettbewerbe wie die ACSC sind ein sehr wichtiger Motivator und schaffen Begeisterung bei jungen Talenten. Durch solche Initiativen wird ein wichtiger Beitrag geleistet, um einerseits die Kompetenzen des Standortes Österreich in der Welt zu präsentieren, und andererseits junge Menschen zu begeistern. Damit wird gleichzeitig demonstriert, dass eine Arbeit in der IT höchst spannend und interessant ist bzw. man damit vieles bewirken und voranbringen kann.

Welche sind aus der Sicht des AIT derzeit die spannendsten Trends in der IT-Security-Forschung?
Neue intelligente Verschlüsselungssysteme, um unsere Daten vor fremden Zugriff zu schützen, Prüfmethoden, um sichere Produkte in allen Anwendungsbereichen einsetzen zu können und der Einsatz von künstlicher Intelligenz, um digitale Systeme auch vor unbekannten Bedrohungen zu schützen, sind aktuelle Schwerpunkte in der globalen Sicherheitsforschung. Eine besondere Herausforderung stellt der Schutz unserer Daten dar, die unsere Maschinen und die wir auch als Personen laufend generieren. Wir brauchen neue Konzepte, um resiliente und robuste digitale Plattformen zu bauen und eine nachhaltige Datensouveränität zu erreichen. Indem wir auf diese Weise die Kontrolle unserer Daten wieder zurückerhalten, schaffen wir die Grundlage für die Entwicklung wettbewerbsfähiger Geschäftsmodelle und damit für eine funktionierende demokratische Gesellschaft.

Durch die steigende Abhängigkeit der Digitaltechnik in all unseren Lebensbereichen ist ein neues Bewusstsein für die Sicherheit von technischen Systemen für uns alle von grundlegender Bedeutung. Zusätzlich zu einer starken Forschungsaktivität sind Training und Ausbildung für die breite Arbeitswelt – für Entwickler*innen, Systemarchitekt*innen und, Servicebetreiber, sowie und vor allem auch Benutzer*innen von digitalen Systemen, enorm wichtig, um das notwendige Bewusstsein rund um einen verantwortungsvollen Umgang mit unserer Digitaltechnik zu erreichen. Dazu braucht es neue Ansätze und Methoden, um in einem wirtschaftlichen Kontext auch nachhaltige Ergebnisse zu erzielen.

 

Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und Cyber Security Austria.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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