Die Mammuts kommen zurück
Gigantische Mammuts, die durch die eisigen Weiten der Tundra streifen. Was wir nur aus Dokumentarfilmen kennen, könnte dank US-Forscher*innen bald Realität werden: Mittels konservierter Mammut-DNA und asiatischen Elefanten sollen die ausgestorbenen Eiszeitriesen „wiederauferstehen“.
Die Idee ist nicht neu. Seit mehreren Jahren widmet sich George Church, Professor für Genetik an der Harvard Medical School, dem Mammutprojekt. Nun soll ein neues Start-up mit dem Namen „Colossal“ und eine Finanzspritze von 15 Millionen US-Dollar das Vorhaben beschleunigen. Wem das nützt? Laut Church dem Klima. Doch Expert*innen zeigen sich skeptisch.
Ein Mammutprojekt
Seit Jahren wirbt Church mit der Idee, die ausgestorbene Tierart wieder zum Leben zu erwecken. Dass das ehrgeizige Vorhaben ausgerechnet jetzt Schlagzeilen macht, liegt wohl an seinen neuen Geldgeber*innen. Seit September diesen Jahres unterstützen namenhafte Investoren wie die Winklevoss-Brüder, bekannt für ihren Rechtsstreit mit Facebook-CEO Mark Zuckerberg, oder Thomas Tull, der Ex-Chef des Filmproduktionskonzern Legendary Entertainment, das Projekt, wie das Magazin TechCrunch berichtet.
Besonders skurril: Tulls Filmstudios waren für die Produktion der „Jurassic World“-Filmreihe verantwortlich. Colossal schreibt sich allerdings nicht die Gründung eines echten „Jurassic Parks“ auf die Fahne. Ziel des Projekts sei es vielmehr, die Artenvielfalt unserer Erde zu erhalten. "Das Aussterben ist ein kolossales Problem, mit dem die Welt konfrontiert ist", heißt es auf der frisch veröffentlichten Webseite.
Kälteresistente Elefanten
Das erste Mammutkalb soll 2027 geboren werden, verspricht Colossal. Von Wollmammuts gibt es einigermaßen gut erhaltene DNA, die im eisigen Boden der Arktis 4.000 Jahre überdauert hat. Das urzeitliche Genmaterial reicht zwar nicht aus, um Mammuts zu klonen, aber um damit die DNA eines nahen Verwandten, des asiatischen Elefanten, zu verändern. Dabei kommt eine Technologie aus der Gentechnik namens CRISPR-Cas9 zum Einsatz. Diese hilft dabei, das Erbgut von Mammuts mit jenem von Elefanten zu kombinieren. Das Ziel ist „einen kälteresistenten Elefanten zu züchten, der aber aussieht und sich verhält wie ein Mammut“, wie Church im Guardian festhält. Das Erbgut beider Säugetiere stimme zu 99,6 Prozent überein. Die restlichen 0,4 Prozent könnten mit CRISPR überbrückt werden, argumentiert Colossal.
„Ein solch genetischer Unterschied ist allerdings größer, als man glaubt“, sagt Thomas Kolbe, Professor für Biotechnologie an der Universität für Bodenkultur Wien gegenüber der futurezone. „Zum Vergleich: Das Erbgut des Menschen unterscheidet sich von jenem der Hausmaus um etwa zwei Prozent. Und beim Erscheinungsbild beider Arten bestehen augenscheinlich große Abweichungen.“
Experte äußert ethische Bedenken
Kolbe meldet nicht nur Zweifel an der gentechnischen Umsetzung des Projektes an, es werfe auch ethische Fragen auf. "Denn es werden viele Eizellen von Elefantenkühen und eine ganze Reihe von Ammenkühen benötigt, denen man die genetisch veränderten Embryonen einpflanzt", hält Kolbe fest. Ob diese mit den artfremden Kälbern überhaupt bis zur Geburt trächtig bleiben, sei ebenso ungewiss. Zudem bräuchten die Kälber später eine intakte Herde: "Die Mütter sind an warme Klimate gewöhnt, die Kälber an eine kalte Umgebung. Einer von beiden wird sich nicht wohlfühlen“, sagt Kolbe.
Gegen Abtauen des Permafrostbodens
Selbst wenn der Durchbruch gelingt, bleibt die Frage: Wozu das Ganze? Mammuts können den Klimawandel bekämpfen, lautet die kühne These. Heute erwärmt sich die Tundra und der Permafrost im arktischen Boden schmilzt, wodurch das dort gebundene Kohlendioxid entweicht. Als es noch Wollmammuts gab, haben die Eisriesen durch Scharren und Trampeln dafür gesorgt, dass die isolierende Schneedecke an der Oberfläche abgetragen wird. Dadurch kann Wärme aus dem Boden entweichen.
Das bestätigt auch Andreas Richter, Leiter des Zentrums für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaften der Universität Wien: „Die Ansiedelung von Großsäugetieren kann durchaus einen positiven Effekt auf den Erhalt der Permafrostböden haben“, erklärt er, gibt aber zu bedenken: „Das mit den Mammuts ist eine nette Geschichte, aber keine Lösung um die Temperaturerhöhung in der Arktis zu stoppen. Man ist sich den Dimensionen nicht bewusst. Wir sprechen hier von einer Fläche von über 22 Millionen Quadratkilometern. Da ist es mit einigen wenigen Großsäugetieren nicht getan.“
Das Wichtigste sei daher, so rasch wie möglich die globalen Temperaturen zu senken. Denn: „In der Arktis steigen die Temperaturen viel drastischer als in anderen Teilen der Welt. Wir brauchen Lösungen, die jetzt helfen.“