“Satellitenkamera, die Zeitung liest, ist Science Fiction”
Einige hundert Satelliten, die Aufnahmen von der Erdoberfläche in verschiedenen Bereichen des elektromagnetischen Spektrums machen, umkreisen ständig unseren Planeten. Von Radar- über Infrarotaufnahmen bis zu Fotos im für das menschliche Auge sichtbaren Spektrum reicht die Bandbreite der verfügbaren Systeme. Diese hochkomplexen Sonden werden für verschiedenste Zwecke eingesetzt, von der Vegetationsbeobachtung für die Landwirtschaft bis zur Spionage. Dementsprechend unterscheiden sie sich auch in ihren technischen Möglichkeiten.
Physikalische Schranken
Wie gut militärische Satellitenfotos sind, wisse niemand genau, so der ESA-Experte. Dass die Geheimdienste Menschen genau ausmachen oder noch kleinere Objekte identifizieren können, muss aber nicht befürchtet werden. "Dass Satelliten Zeitungen lesen oder eine Person als mehr als einen Punkt abbilden, ist Science Fiction. Es gibt physikalische Limits, die sich nicht umgehen lassen. Vielleicht kann die Auflösung von 30 auf 10 bis 20 Zentimeter gesenkt werden, aber hier wird das Atmosphärenflimmern zum Problem, dass sich nicht umgehen lässt", sagt Aschbacher. Feuchtigkeit und Schmutz in der Atmosphäre machen Spionen hier also einen Strich durch die Rechnung. Tiefere Orbits ändern daran nichts. "30 mal 30 Zentimeter pro Pixel klingt besser, als es ist. Realistischerweise muss ein Objekt 50 mal 50 Zentimeter messen, um gut identifizierbar zu sein. Einen BMW von einem Mercedes unterscheiden kann man damit nicht", so der Satellitenfachmann.
Dazu kommt, dass bei Aufnahmen mit extrem hoher Auflösung die Abdeckung immer schlechter wird. Deshalb werden für viele Zwecke auch niedrigere Auflösungen bevorzugt. "Bei 30 Zentimetern bis einem Meter Auflösung werden typischerweise 10 mal 10 Kilometer abgedeckt, manchmal etwas mehr. Bei 10 Meter schon 300 mal 300 Quadratkilometer und bei 300 Metern Auflösung etwa 1000 mal 1000 Quadratkilometer", erklärt Aschbacher. Weit verbreitete Erdbeobachtungssatelliten wie der Sentinel 2A decken bei Überflug auf dem Boden einen breiten Streifen von 300 Kilometer ab. Von zwei solchen Satelliten wird jeder Punkt auf der Erde mindestens alle fünf Tage abgelichtet. "Eine Stadt wie Wien wird ob der nördlicheren geographischen Lage sogar etwa alle zwei bis drei Tage aufgenommen, was natürlich nur bei wolkenfreiem Himmel möglich ist", sagt Aschbacher.
Google fragt an
Das soll auch Impulse für die Wirtschaft liefern. Basierend auf einer Studie von PricewaterhouseCoopers wird davon ausgegangen, dass ein Euro, der in das Copernicus-Erdbeobachtungsprojekt gesteckt wird, 10 Euro Wertschöpfung bringt. "Die Daten werden für vieles verwendet, vom Schiffsverkehr über den Katastrophenschutz bis zur Klimaforschung", sagt Aschbacher. Google hat ebenfalls schon bei der ESA angefragt, ob neue Aufnahmen verwendet werden dürfen. Die Aufnahmen für Googles Kartendienste sind - zumindest für gewisse Gegenden - zwar relativ gut, aber oft nicht sonderlich aktuell. "Die können durchaus bis zu einigen Jahren alt sein. Google prüft derzeit, wie es um die datenrechtlichen Aspekte einer möglichen Verwendung unserer Bilder für Google Earth steht", sagt Aschbacher.
Für die Zukunft erwartet sich die ESA, dass zusätzliche Satelliten die Überflugsfrequenz über jeden Punkt verbessern. "Das Maximum wären wohl ein bis zwei Überflüge am Tag. Wir brauchen ja keine Live-Bilder", sagt Aschbacher. An der Auflösung der Bilder werde sich hingegen nicht mehr viel ändern, weil man schon sehr nah am technisch Machbaren sei. "Für Live Überwachung gibt es mit Drohnen und Spionageflugzeugen bessere Mittel, die höherauflösende Fotos erlauben. Diese Technologie wird allerdings bei der ESA nicht entwickelt.", sagt Aschbacher.