Wie E-Busse durch neue Heizsysteme mehr Reichweite bekommen
Der Winter ist für Elektrofahrzeuge nicht die beste Jahreszeit. Die kälteren Temperaturen machen Batterien weniger leistungsfähig, die aufgedrehte Heizung saugt kräftig Strom. Die Reichweite schrumpft gegenüber jener im Sommer um bis zu 30 Prozent.
Im Gegensatz zu einem Verbrennungsmotor erzeugt ein Elektroantrieb kaum Abwärme, die sich zur Heizung gut verwerten ließe. Das Problem wird manchmal beseitigt, indem man mit Benzin oder Ethanol betriebene Heizungen in E-Fahrzeuge einbaut. Dem klimaverträglichen Image ist das freilich abträglich.
20 Prozent mehr Reichweite
Besonders vom winterlichen Heizproblem betroffen sind elektrisch betriebene Busse. Ihre Türen werden an jeder Haltestelle geöffnet, der Ausgleich der Temperaturschwankungen erfordert viel Energie. Das vom Austrian Institute of Technology (AIT) koordinierte internationale Forschungsprojekt MINDED versucht nun, eine stromsparende Lösung dafür zu finden. Sie soll E-Fahrzeugen bis zu 20 Prozent mehr Reichweite im Winter verschaffen.
Nur besetzte Plätze heizen
In Elektroautos und Elektrobussen werden üblicherweise so genannte PTC-Heizungen eingesetzt. Strom wird dabei im Prinzip durch einen Draht geschickt, der zu glühen beginnt. Der positive Temperaturkoeffizient (englische Abkürzung PTC) führt dazu, dass sich das Heizelement selbst reguliert und nicht überhitzen kann. Es ist eine bewährte, sichere Technologie, aber sie ist nicht besonders effizient.
Wer sich schon einmal nach einer sparsamen Elektroheizung für Daheim erkundigt hat, ist wahrscheinlich auf Infrarotheizungen gestoßen. Sie erhitzen nicht die Luft, sondern senden Wärmestrahlung aus, die Menschen sofort auf der Haut spüren. Infrarotheizungen werden deshalb oft im Badezimmer eingesetzt. MINDED will Infrarotheizpaneele in E-Bussen gezielt einsetzen. "Man verwendet Sensoren, die erkennen auf welchem Platz Passagiere sitzen. Nur diese Plätze werden dann bestrahlt", erklärt Dragan Simic, Leiter der Forschungsgruppe Vehicle System Simulation am AIT.
Wärmepumpe hält Luft warm
Die Infrarotpaneele können in der Rückenlehne des Vordersitzes, in der Seitenwand des Busses, im Fußboden oder unter dem Fahrzeugdach untergebracht werden. Sie arbeiten viel effizienter als PTC-Heizungen und bieten Fahrgästen sofort ein wohliges Wärmegefühl. Die Luft im Bus muss dennoch aufgeheizt werden, sonst gibt es einen unangenehmen Kontrast zwischen Wärmestrahlung und Lufttemperatur. Dafür soll eine Wärmepumpe zum Einsatz kommen. Sie entzieht der Umgebungsluft des E-Busses Temperatur, um den Innenraum zu heizen. Mit relativ wenig Stromeinsatz erzeugt sie relativ viel Wärme.
"Die Lufttemperatur wird aber nur bei 16 bis 18 Grad Celsius gehalten", erklärt Simic - eine recht geringe Temperatur, die aber wegen der Infrarotheizung nicht als unangenehm empfunden wird. Das neue Heizsystem wird im Projekt MINDED durch den Umbau eines Iveco eDaily Minibusses auch in der Praxis getestet. Dem Bus wird auch zusätzliche Isolierung verpasst, um den Wärmeverlust zu minimieren.
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Isolierung bringt viel Energieersparnis
Elektroautos und -Busse seien üblicherweise schlecht isoliert, sagt Simic. Dreifach verglaste Fenster, wie man sie vom Wohnbau kennt, werde es bei E-Fahrzeugen nicht geben, aber man könnte Isolierschichten in den Fahrzeugseiten und unter dem Dach einbauen. "Die Schicht muss nicht mehrere Zentimeter dick sein, auch ein Zentimeter bringt viel", so Simic. Alleine durch bessere Isolierung könne man beim Heizen 10 bis 15 Prozent Energie einsparen.
KI hilft dem Energiemanagement
Bei MINDED wird auch erforscht, wie man das Energiemanagement von E-Fahrzeugen verbessern kann. Mit Hilfe Künstlicher Intelligenz will man den Fahrzeugbetrieb analysieren und sich daran anpassen. Bremst das Fahrzeug etwa vor einer Haltestelle, soll künftig die in Strom umgewandelte Bremsenergie (Rekuperation) direkt in die Heizung anstatt zunächst in die Bordbatterie fließen. Dadurch werden Umwandlungsverluste reduziert und der Businnenraum noch vor dem Öffnen der Türen ein wenig mehr aufgeheizt.
Während der Beschleunigung des Busses wird die Heizung dagegen abgedreht, damit mehr Leistung zur Verfügung steht. Durch die Verbesserung des Energiemanagements könne man laut Simic Spitzenleistungen vermeiden und Batterien kleiner dimensionieren.
Hypercar-Hersteller an Bord
An MINDED arbeitet, neben Forschungsinstitutionen und Zulieferern aus der Automobilindustrie, auch Rimac Technology mit. Das kroatische Unternehmen ist eigentlich für seine mehrere Millionen Euro teuren Elektro-Supersportwagen bekannt.
Durch die Spezialisierung auf Kleinserien habe es viel Erfahrung bei der Anpassung von extern zugekauften Bauteilen an eine Bordelektronik, verrät Simic. In diesem Fall gehe es um die Verknüpfung neuer Heizsysteme.
Potenzial auch für E-Autos vorhanden
Die Kosten für die Ausstattung eines E-Minibusses mit einer neuartigen Heizung seien laut Simic unterschiedlich hoch. Infrarotpaneele und Isolierschichten seien günstig, etwas aufwändiger sei es, Wärmepumpen einzubauen und damit bestehende Klimaanlagen zu ersetzen. Die eingesetzten Technologien seien laut dem Experten auch auf elektrisch betriebene Pkw anwendbar. Das Nutzungsspektrum sei dabei zwar komplett anders, das Potenzial, Energie einzusparen sei dabei aber ebenfalls riesig.