Start-ups

Start-ups wollen sich echten Problemen widmen

Start-ups lösen nicht die wahren Probleme dieser Welt. Diese und ähnliche Kritik mussten sich viele Jungunternehmer in den vergangenen Jahren gefallen lassen. Statt sich wahrer Herausforderungen zu stellen, richte man den Fokus auf banale Gadgets und kopiere die Ideen anderer. Nun will sich auch die Branche von diesen Start-ups distanzieren. Nur wer selbst viel in Forschung investiert und eigene Technologien entwickelt, darf sich "Deep Tech"-Start-up nennen.

1,2 Millionen Menschen sterben jedes Jahr auf der Straße

Ebendiesen Start-ups will auch das Pioneers Festival, das dieses Jahr bereits zum sechsten Mal in der Wiener Hofburg stattfindet, eine Bühne bieten. Der erste Tag der Start-up-Messe stand ganz im Zeichen der lernenden Maschinen - eine Technologie, die vor allem die Automobilbranche derzeit vor große Herausforderungen stellt. "Menschen sind keine guten Fahrer, darum brauchen wir selbstfahrende Autos", erklärt Brad Templeton, ein früherer Google-Berater und Zukunftsforscher.

Er hebt die Vorteile der Technologie in einer Sprache hervor, die auch Manager großer Unternehmen verstehen: Geld. "Jedes Jahr töten wir 1,2 Millionen Menschen im Straßenverkehr. Diese Unfälle kosten in den USA mehr als der Treibstoff für die Autos." Daher würde autonomes Fahren nicht nur die Automobilindustrie auf den Kopf stellen, es wird ein Domino-Effekt in Gang gesetzt. Davon wären Krankenversorgung, Kreditwesen, Versicherungen, Essens-Lieferdienste und viele andere Bereiche betroffen.

Keine privaten Autos mehr

Ein entsprechendes Umdenken sei bereits in vielen Branchen und auch der Gesellschaft spürbar. Viele potenzielle Auto-Käufer würden zuwarten, weil sie nicht in alte Technologien investieren wollen. Dem stimmt auch Nikolaj Koster vom dänischen Start-up Spiri zu: "Wir sind sehr nah am Ende dieser Ära, in der es erforderlich war, ein Auto zu besitzen. In Zukunft werden uns unsere Kinder mit großen Augen ansehen und fragen: Ihr seid Autos selbst gefahren?"

Spiri arbeitet derzeit vor allem an der logistischen Lösung: Wie kann ein Fahrzeug möglichst viele Fahrgäste effizient aufnehmen und rasch zum Ziel bringen? Dafür hat man ein besonders effizientes Elektroauto entwickelt, das auf konventionelle Elemente, wie den Kofferraum, verzichtet. Über eine App können Mitglieder das Fahrzeug ausleihen oder es kostenlos mit Fremden teilen, die in die gleiche Richtung fahren möchten.

​"Auch heute noch mit Pferden unterwegs"

Das italienisch-chinesische Start-up OSVehicle entwickelt bereits seit mehreren Jahren sogenannte "Open Source"-Elektroautos: Jeder darf die Plattform nutzen, muss die Erkenntnisse und Entwicklungen aber auch mit der Gemeinschaft teilen.

Am Pioneers Festival stellte man mit dem EDIT auch ein selbstfahrendes Elektroauto nach dem Baukasten-Prinzip vor. Unternehmen können dieses lizenzieren und dürfen die Fahrzeuge dann vermieten oder verkaufen. Damit will man vor allem Taxi-Unternehmen und andere Transport-Dienstleister ansprechen.

Dass es plötzlich ein „allgemeines Fahrverbot“ geben und die Menschheit die Kontrolle vollständig an selbstfahrende Autos abgeben wird, glaubt Templeton nicht: „Ich kann mir eine Zukunft vorstellen, in der niemand mehr selbst fährt, aber es gibt auch heute noch Menschen, die auf Pferden reiten.“ Vollständig autonomer Straßenverkehr sei frühestens in 30 Jahren möglich.

Wetten auf die Zukunft

Die großen Fragen der Zukunft will Augur beantworten: Wird es einen Konflikt zwischen den USA und Nordkorea geben? Wird Donald Trump des Amtes enthoben? Die Mitglieder der Plattform wetten mit Geld auf den Ausgang der Ereignisse. Im Lauf der Zeit kann sich der Kurs der Wette ändern. Die Mitglieder können, wie bei einer Börse, Anteile ihrer Wetteinsätze vor dem Eintreten des Ereignisses weiterverkaufen, um so Gewinn zu machen – unabhängig vom Ausgang.

Daraus leitet Augur Vorhersagen ab. „Niemand hat das Monopol auf Information oder die Wahrheit, jeder besitzt nur ein Puzzleteil“, meint Perry Despeignes, einer der Entwickler des Start-ups.

Derartige Prognosemärkte gibt es seit längerer Zeit, doch sie erwiesen sich als fehleranfällig, da sie von wenigen kontrolliert werden. Augur ist dezentral organisiert – Fakten werden von vielen statt nur einer Instanz geprüft – und der Code liegt für jedermann offen. So will man sicherstellen, dass Manipulationsversuche sofort entdeckt werden. Zur Absicherung setzt man auf die Blockchain-Technologie, die auch bei Bitcoin zum Einsatz kommt.

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Michael Leitner

derfleck

Liebt Technik, die Möglichkeiten für mehr bietet - von Android bis zur Z-Achse des 3D-Druckers. Begeistert sich aber auch für Windows Phone, iOS, BlackBerry und Co. Immer auf der Suche nach "the next big thing". Lieblingsthemen: 3D-Druck, Programmieren, Smartphones, Tablets, Open Hardware, Videospiele

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