„Wir brauchen mehr Start-up-Gazellen“
100 Millionen Euro stellt die AWS als Förderbank des Bundes Start-ups im heurigen Jahr zur Verfügung - für Garantien, Kredite, Zuschüsse, Eigenkapital, Coaching und Beratung. „Wir sind stolz darauf, dass nach sechs Jahren 80 Prozent unserer Start-ups nach wie vor leben“, sagen die beiden AWS-Geschäftsführer Edeltraud Stiftinger und Bernhard Sagmeister im futurezone-Gespräch. „Im internationalen Durchschnitt sind es nämlich 63 Prozent.“ Montagabend fand in der AWS-Zentrale in Wien der erste Start-up-Event „Innovation konsequent fördern“ statt, bei dem sich künftig in regelmäßigen Abständen erfolgreiche heimische Start-ups präsentieren werden.
„Wir sind gut unterwegs, aber es ist empirisch belegt, dass wir zu wenig innovative Startups mit großem Wachstumspotenzial in Österreich haben, also Start-up-Gazellen, die rasch abheben“, sagt Stiftinger. Daher werde man künftig Start-ups vor den Vorhang bitten, um Roll-Models zu zeigen, die es geschafft haben. „Wir brauchen mehr Start-up-Gazellen.“ Wobei dieses „geschafft haben“ eine Definitionssache ist. „Das hängt immer vom Zeitpunkt ab, wann man das Start-up betrachtet und woran man es misst“, meint Sagmeister. „Wir propagieren auch die Kultur des Scheiterns, weil auch im Scheitern wahnsinnig viel Erfahrung liegt. Selbst wenn man gescheitert ist, hat man etwas geschafft. Aber das soll freilich nicht das Ziel sein.“
Motivation
Die positiven Unternehmensgründungen sollen Motivator für Menschen sein, die ebenfalls die Absicht haben, eine Firmenidee zu realisieren, sich bisher aber nicht getraut haben. „Wenn wir gründerfreundlichstes Land Europas werden wollen, müssen Innovationen konsequent gefördert werden“, sagte auch Staatssekretär Harald Mahrer, der bei der Auftaktveranstaltung sein in der Vorwoche veröffentlichtes Buch „Gründerland Österreich“ präsentierte. Und dass Innovationen nicht immer nur mit Hightech zu tun haben, zeigt das große Portfolio an Start-ups, die vom AWS unterstützt werden. Im Lifescience-Bereich sei Österreich gut vertreten. Stiftinger: „Wir merken, dass Big Data und Smart Data ein Thema wird. Das ist ein Bereich, den wir forcieren werden.“
Wertschöpfung für Österreich
„Wichtig ist uns, dass durch unsere Förderungsaktivitäten Startups entstehen, die Wertschöpfung in Österreich kreieren. Die Idealstory ist für uns, dass es eine nachhaltige Produktion hier in Österreich gibt“, so Sagmeister. Von den 35.000 bis 37.000 Firmengründungen pro Jahr sieht das AWS nur etwa zehn Prozent. Einer der Erfolgsfaktoren sei die Finanzierung und auch ein guter Business-Plan. Business-Pläne, die nicht durchdacht sind, werden quasi zurückgeworfen. Bis Schwachpunkte korrigiert werden. Ein weiteres Thema sind die Urheberrechte und Patente. „IPR ist ein ewig unterschätztes Thema“, sagt Stiftinger. In Österreich beschäftigen sich nur drei Prozent der Unternehmen mit IPR-Fragen. „Wir schauen bei Gründungen immer darauf, dass die Start-ups das Know-How auch besitzen, denn fehlende IPR sind oft ein Grund für ein Scheitern.“
Kooperation mit größeren Unternehmen
Eines der österreichischen Probleme war bisher, dass es zu wenig erfolgreiche große heimische Unternehmen gab, die Start-ups unter ihre Fittiche nehmen, wie es KTM, A1 oder der ORF über seine Tochter ORS tut. „Aber da tut sich in Österreich gerade einiges“, sagt Sagmeister. „Wir waren erst in der Vorwoche beim Arbeitskreis Forschung, Technologie und Innovation der Industriellenvereinigung (IV) und da haben wir die Creme de la Creme der heimischen Industrieunternehmen getroffen. Fakt ist, dass sich immer mehr Unternehmen mit dem Thema Innovation beschäftigen.“ „Beschäftigen müssen“, ergänzt Stiftinger, „denn es gibt neue Wettbewerber wie Google, Facebook oder Apple, die in die Bereiche der traditionellen Industrie und Betriebe vordringen, und darauf müssen Unternehmen reagieren.“ Ein großer Vorteil von Startups sei, dass sie schneller und flexibler seien und sich mehr „Spielereien“ leisten können, weil gewisse Abenteuer innerhalb von großen Unternehmen nicht geduldet sind.
Die Revolution ist möglich
Staatssekretär Harald Mahrer, der bereits als Mister Start-up bezeichnet wird, will Österreich als Gründerland Nr. 1 etablieren. Wien soll dabei sozusagen die Startup-Zentrale Europas werden und London und Berlin den Rang ablaufen. Sagmeister: „Das ist machbar, wenn wir wenn wir die Kräfte bündeln.“ „Wir müssen die Finanzierungsinstrumente bis hin zum privaten Venture Capital mobilisieren und man muss auf der Verwaltungsebene etwas tun, damit es einfach wird, ein Unternehmen anzumelden."