Verteilzentrum der Deutschen-Post-Tochter DHL: "Grundsätzlich gibt es in der Logistik einen hohen Bedarf an menschlicher Arbeitskraft", sagt DHL-Österreich-Chef Ralf Schweighöfer.
Verteilzentrum der Deutschen-Post-Tochter DHL: "Grundsätzlich gibt es in der Logistik einen hohen Bedarf an menschlicher Arbeitskraft", sagt DHL-Österreich-Chef Ralf Schweighöfer.
© REUTERS/RALPH ORLOWSKI

In 15 Jahren werden wir keine LKW-Fahrer mehr einstellen

"In 15 Jahren werden wir keine LKW-Fahrer mehr einstellen"

Die Digitalisierung habe DHL enorm verändert, sagt Ralf Schweighöfer. Der Österreich-Chef von DHL Express wird am 16. Mai bei der Konferenz Corporate Culture Jam in der Anker Brotfabrik in Wien erörtern, wie Unternehmen den digitalen Wandel bewältigen können. Die futurezone hat mit Schweighöfer im Vorfeld der Veranstaltung über selbstfahrende Autos, Drohnen, VR-Brillen und die Auswirkungen der Digitalisierung auf Arbeitsplätze gesprochen.

futurezone: Wie verändert die Digitalisierung DHL? Ralf Schweighöfer: Enorm. Wir haben schon seit Jahren nicht mehr nur den reinen Transport von A nach B. Der Datenfluss zu diesen Sendungen ist heute mindestens genauso kritisch. Damit der Kunde zu jeder Zeit darüber informiert ist, wann seine Sendung kommt.

Wie sieht es mit selbstfahrenden Autos aus? Wir gehen davon aus, dass innerhalb der nächsten zehn Jahre LKWs grundsätzlich in der Lage sein werden, ohne menschlichen Einfluss zu fahren.

Testen Sie bereits? Selbstfahrende Autos testen wir noch nicht, wir machen aber bereits erste Tests mit Zustellrobotern. Wir stellen fest, dass es immer mehr technische Komponenten gibt, die den unmittelbaren Arbeitsfluss beeinflussen.

Zum Beispiel? Wir pilotieren gerade in den Niederlanden in einem Lagerhaus Virtual Reality-Brillen. Sie sagen unseren Mitarbeitern, welche Artikel sie aus welchem Regal nehmen sollen. Das hat dafür gesorgt, dass wir Fehler um 25 Prozent reduziert haben.

Wie werden sich selbstfahrende Autos und Roboter auf die Arbeitsplätze auswirken? Grundsätzlich gibt es in der Logistik einen hohen Bedarf an menschlicher Arbeitskraft. Gerade bei der Zustellung ist es wichtig, dass Menschen zu Menschen fahren. Ich kann mir vorstellen, dass es einen Entlastung geben wird, aber hundert Prozent ersetzen können Roboter und Technik den Menschen nicht.

Wird Technik Arbeitsplätze kosten? Selbst wenn wir selbstfahrende LKWs einsetzen, wird noch viele Jahre ein Mensch als Begleiter dabei sein. Wir werden in 15 oder 20 Jahren aber sicherlich keine LKW-Fahrer mehr einstellen, weil das wahrscheinlich dann nicht mehr erforderlich ist. Auf der anderen Seite erleben wir, wie globaler Handel sich weiterentwickelt und wächst. Es werden sich Arbeitsbereiche verschieben und nicht notwendigerweise Arbeitsplätze abgebaut.

ABD0007_20141118 - HANDOUT - Eine Paketdrohne von der Deutschen Post fliegt am 18.09.2014 bei Norddeich (Niedersachsen) während eines Flugtests. Im Liniendienst beliefert die Drohne mehrere Monate lang eine Apotheke auf Juist mit Medikamenten. Foto: Nikolai Wolff/Fotoetage/dpa ACHTUNG: Nutzung nur zu redaktionellen Zwecken in Zusammenhang mit der aktuellen Berichterstattung und bei vollständiger Nennung der Quelle: Nikolai Wolff/Fotoetage/dpa (zu lni vom 18.11.2014) +++(c) dpa - Bildfunk+++

Wann werden Sie die ersten Pakete regulär mit Drohnen oder Roboter zustellen?Es gibt bereits erste sehr gelungene Versuche. Wir haben in Deutschland eine Apotheke auf einer Nordseeinsel mit einer Drohne beliefert. In Österreich haben wir im Sommer häufig Baustellen in Skigebieten. Da mit dem Zustellfahrzeug hinzufahren, ist nicht sehr wirtschaftlich. In solchen entlegenen Gebieten eine Drohne einzusetzen, macht Sinn. Wir werden innerhalb der nächsten fünf Jahre, wenn regulatorische Fragen geklärt sind, regelmäßige Einsatzbereiche in Nischen sehen.

Und im Massengeschäft? Mir fehlt die Phantasie, dass wir irgendwann in den nächsten zehn bis 20 Jahren im großen Umfang mit Drohnen zustellen werden.

Wie laufen Innovationsprozesse bei DHL ab? Arbeiten Sie mit Partnern oder Start-ups zusammen? Wir haben in Deutschland ein Innovationszentrum, wo immer nach neuen Methoden Ausschau gehalten wird. Wir arbeiten aber auch mit Partnern und haben beispielsweise bereits vor zehn Jahren gemeinsam mit der Universität Bremen Paketroboter getestet. Zuletzt haben wir das Start-up StreetScooter gekauft, das Elektrofahrzeuge für die Zustellung entwickelt.

Warum? Wir haben festgestellt, dass am Markt kein Anbieter wirklich in der Lage ist, reine Elektrofahrzeuge für die Zustellung anzubieten. Wir sehen aber vor allem im innerstädtischen Bereich großen Bedarf dafür.

ABD0021_20160823 - Streetscooter der Deutschen Post stehen am 22.08.2016 in Aachen (Nordrhein-Westfalen) auf einem Testgelände. Ab 2017 will die Post jährlich 10 000 Streetscooter in Aachen bauen, um ihre Zustellflotte in Deutschland durch Elektrofahrzeuge zu ersetzen. Foto: Oliver Berg/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++

Sie wollen die Fahrzeuge nun auch an andere Firmen verkaufen?Das ist der Plan. Im Moment ist es vom Output so, dass wir erst einmal unseren Bedarf decken müssen.

Sie begegnen den Herausforderungen der Digitalisierung vor allem mit Weiterbildung. Wie funktioniert das konkret? Wann immer wir eine neue Technologie einführen, neue Scanner zum Beispiel, ist es wichtig, die Mitarbeiter gut darauf vorzubereiten. Wir binden neue Technologien auch immer stärker in die Weiterbildung selbst ein. Teamleiter werden zur Weiterbildung mit Tablets ausgestattet, wir arbeiten auch sehr stark mit E-Learning-Modulen.

Was können andere Unternehmen von DHL lernen? Dass es nicht um Symbolik geht. Wir bieten zum Beispiel unseren Kunden mit "Straight to the top" die Möglichkeit, direkt an das Management Feedback oder Beschwerden zu schicken. Das ist ein gutes Werkzeug, es darf aber nicht isoliert stattfinden. Wenn ich Kundenorientierung stärker anpacken will, dann muss ich alle Kundenkontaktpunkte hinterfragen und alle Mitarbeiter darauf einstellen.

„Zukunft kann man nicht befehlen, man kann sie nur gemeinsam gestalten“, sagt Sonja Prodinger von SUCCUS | Wirtschaftsforen, das am 16. und 17. Mai in die Anker Brotfabrik zum Corporate Culture Jam lädt. Die Konferenz mit „Wow Faktor“ will Mut machen, Neues anzupacken und auszuprobieren und sich Themen wie Digitalisierung, Transformation und Agilität mit Leichtigkeit nähern.

Inspiration und Optimismus

Zahlreiche Unternehmen, darunter Amazon, AXA, BFI, Caritas, DHL und IBM geben Einblicke in ihre Wege zu einer agilen Unternehmenskultur. Beleuchtet werden aber auch Misserfolge, aus denen anderen Unternehmen lernen können. „Wir wollen Inspiration und Optimismus beim Jam versprühen – mit den jungen Wilden, aber auch besonders mit traditionellen Unternehmen“, erzählt Sabine Prettenhofer, Beraterin bei IDENTITÄTER, das das Forum für Unternehmenskultur mitveranstaltet. „Transformation ist nur dann erfolgreich, wenn Unternehmen agile Strukturen schaffen in denen eine Vernetzung und der Austausch mit anderen Unternehmensbereichen möglich ist.“

Bunt und anders

Als Vortragende haben sich unter anderem der Futurologist und Innovationsexperte Dietmar Dahmen, Jean-Philippe Hagmann on der Züricher Innovationsagentur Innopunk und Manfred Bluemel von Amazon.com angekündigt. „Der Corporate Culture Jam wird bunt, er wird anders und er wird konkret statt abstrakt“, sagt Herbert Zitter von Mitveranstalter M.O.O.CON.

Detaillierte Informationen zu Programm und Vortragenden des Corporate Culture Jam finden sich unter www.corporate-culture-jam.at.

Disclaimer: Dieser Artikel ist im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und dem Corporate Culture Jam entstanden.

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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