eCall: In den Notrufzentralen werden die automatischen Anrufe entgegen genommen.
eCall: In den Notrufzentralen werden die automatischen Anrufe entgegen genommen.
© /Frequentis AGAPA-Fotoservice/Juhasz

Unfallhilfe

Auto-Notruf eCall erstmals in Österreich getestet

„Kommen Sie schnell! Hier gab es einen Unfall!“, „Wo sind Sie?“, „Irgendwo nach Schwechat auf der Autobahn.“ Wenn nach einem Unfall ein Notruf in der Leitzentrale eingeht, ist dieser in der Regel ungenau und es dauert für das geschulte Personal teilweise lange, um alle notwendigen Informationen einzusammeln, bevor ein Einsatzfahrzeug losgeschickt werden kann. Dabei geht nicht nur wertvolle Zeit verloren, sondern die Rettung findet aufgrund der ungenauen Angaben nicht immer sofort den korrekten Einsatzort. Dabei ist gerade die erste Stunde nach einem Unfall entscheidend für die Überlebenschancen eines Schwerverletzten.

Box mit SIM-Karte

Aus diesem Grund hat die Europäische Union mit dem eCall ein automatisches Notrufsystem initiiert, das ab April 2018 in allen Neuwägen verpflichtend eingebaut werden muss. Dieses besteht aus einer Box mit SIM-Karte und einem Notrufknopf, der auch händisch bedient werden kann. Durch den eCall soll die Reaktionszeit der Notdienste im ländlichen Raum um 50 Prozent und im bebauten Gebiet um 40 Prozent reduziert werden. Die Zahl der Verkehrstoten soll damit um bis zu zehn Prozent reduziert werden können, so die Zahlen der EU-Kommission.

eCall Grafik
Am Dienstag haben die Unternehmen Frequentis, A1 und Gemalto bei einem simulierten Testszenario erstmals gezeigt, wie der eCall in Österreich funktionieren wird. Wenn ein Auto etwa gegen ein anderes Fahrzeug oder eine Leitplanke prallt, wird automatisch ein Notruf ausgelöst. Dabei werden GPS-Daten zur präzisen Lokalisierung des Unfallortes, die Unfall-Uhrzeit und die Fahrzeug-Identifizierungsnummer per Sprachverbindung an die Notrufleitstelle übertragen. Diese schickt sofort den Einsatzwagen los und versucht parallel dazu, eine Sprachverbindung mit einem Insassen zustande zu kriegen. Über die Position der Sitzgurte kann auch festgestellt werden, wie viele Personen im Auto sitzen. Außerdem wird der Zentrale automatisch mitgeteilt, ob es sich um ein E-Auto oder einen Benzin- oder Diesel-Pkw handelt.

Datenschutz

„All diese Informationen werden aus Datenschutzgründen wirklich nur dann übertragen, wenn ein Crash passiert ist. Die restliche Zeit befindet sich die eCall-Box im Schlummermodus“, erklärt Thorsten Wiemann von Gemalto, dessen Unternehmen beim Test für die Kommunikationstechnik bei der Übertragung der Informationen gesorgt hat. Dafür hat das EU-Parlament gesorgt, als es der Einführung des neuen Notrufsystems zugestimmt hat.

Bei der Vorführung hat es rund 20 Sekunden gedauert, bis die Daten vollständige in der Leitzentrale angekommen waren und ein Einsatzfahrzeug losgeschickt werden konnte. „Gerade beim eCall spielt eine hohe Netzverfügbarkeit eine entscheidende Rolle. Notrufe bekommen immer die höchste Priorität zugewiesen, unabhängig vom jeweiligen Netzbetreiber“, sagt A1-Technikvorstand Marcus Grausam.

In Deutschland wurde die eCall-Lösung vom Technologie-Unternehmen Frequentis bereits in mehreren Notruf-Leitstellen implementiert. Ab Oktober 2017 müssen alle Leitstellen in der EU automatisch generierte Notrufe annehmen können. „Wir sind mit unserem Kommunikationssystem auch in Österreich gut aufgestellt“, sagt Frequentis-Technik-Vorstand Hermann Mattanovich.

Private Notrufsysteme

Zahlreiche Autohersteller haben allerdings bereits jetzt ähnliche Notrufsysteme in ihren Autos verbaut. Diese wurden von der EU ebenfalls zugelassen. In diesem Fall nimmt das Call Center des Fahrzeugherstellers Kontakt mit den jeweiligen Einsatzzentralen auf, nachdem ein automatischer Notruf abgesendet worden. Doch die privaten Systeme der Hersteller haben Nachteile für Konsumenten: „Über die im Auto verbauten Schnittstellen können von den Herstellern permanent Daten ausgelesen werden. Bei diesen Notrufsystemen wird das Ausmaß der Datenübertragung im Gegensatz zu gesetzlich vorgeschriebenen eCall nicht reguliert,“ warnt Bernhard Wiesinger vom Autofahrerclub ÖAMTC.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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