Rashmi Knowles, Chief Security Architect bei RSA Security
Rashmi Knowles, Chief Security Architect bei RSA Security
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Vorurteile

„Cybersecurity und Stöckelschuhe sind kein Widerspruch"

Die Britin Rashmi Knowles zählt zu den prominentesten Gesichtern des Sicherheitskonzerns RSA in Europa. Als Chief Security Architect entwirft sie gemeinsam mit Kunden Strategien, um Firmen vor Datenlecks und anderen Sicherheitsbedrohungen zu schützen. Um Mädchen zu einer technischen Ausbildung und einer Karriere als Security-Spezialistin zu ermutigen, besucht sie immer wieder auch Klassenzimmer und Hörsäle an Universitäten.

futurezone: Wie wird man eigentlich eine Security-Expertin?
Rashmi Knowles: Bei mir war es tatsächlich eher zufällig. Ich habe mit 14 einmal unter dem Jahr Schule gewechselt und dann waren nur noch Plätze bei den Fächern „Kinderbetreuung“ und dem damals neuen Fach „Computerwissenschaften“ frei. Letzteres hat mir so gut gefallen, dass ich es danach studiert habe. Über Jobs im Netzwerk- und Serverbereich bin ich schließlich vor 20 Jahren bei der Cybersecurity gelandet.

Die IT-Branche ist stark Männer-dominiert. Haben Sie in ihrem beruflichen Leben schon viele schiefe Blicke ertragen müssen?
Mein erster Job war als Netzwerk-Technikerin. Aufgrund meines Namens „Rashmi“ hat immer jeder mit einem Mann gerechnet. Wenn ich dann dort aufgetaucht bin und mein Tool-Kit ausgepackt hab, haben die Leute schon seltsam geschaut. (lacht) Bei einer Konferenz, zu der ich als Sprecherin eingeladen war, hat man mich am Eingang einmal gefragt, ob ich bei der Veranstaltung richtig bin. Stöckelschuhe, Kleid – weiß die, wovon sie spricht? Aber das ist eben kein Widerspruch, um bei Cybersecurity was drauf zu haben.

Rashmi Knowles
Was ist die schlimmste Erfahrung, die sie bezüglich derartigen Vorurteilen machen mussten?
Ein Topmanager einer Firma ließ mir mal ausrichten, dass eine junge Frau wohl kaum seinen Kunden sagen kann, wie sie ihre Netzwerke aufsetzen sollen. Das beste daran: Ich war im Raum anwesend. Vieles ändert sich allerdings auch mit der Zeit. Gerade mit Branchenkollegen gibt es nie Probleme. Da ist es im Gegenteil oft sogar von Vorteil, weil man hervorsticht und für Fernsehinterviews oder Konferenz-Vorträge bevorzugt gebucht wird – auch um zu zeigen, dass es eben nicht nur Männer in der Industrie gibt.

Woran liegt es, dass noch immer so wenige Frauen in der Security-Branche arbeiten?
Cybersecurity wie auch IT wird von vielen als geeky und nerdy wahrgenommen. Viele Mädchen trauen es sich einfach nicht zu bzw. glauben, dass das ein schwieriger Beruf ist, den man selbst mit Fleiß an der Uni nicht erlernen kann. Meiner Meinung ist das ein bisschen ein Image-Problem, da Frauen ja auch in anderen technischen Berufen längst Fuß gefasst haben. Aber viele naturwissenschaftlichen Fächer haben dieses Problem. Die Zahlen der Studentinnen in Mathematik, Elektrotechnik oder Informatik sind zuletzt wieder zurückgegangen.

Viele technischen Unis und Fachhochschulen beklagen, dass sie mit fehlendem Nachwuchs beider Geschlechter zu kämpfen haben. Wie könnte man junge Leute wieder stärker für technische Berufe begeistern?
Ich mache dafür an Schulen viel Werbung. Zuerst einmal muss man den Kindern und Jugendlichen bewusst machen: Schaut mich an – ich bin kein seltsamer Geek oder Nerd! Gerade in der Security-Branche gibt es so einen Bedarf und gleichzeitigen Mangel an Fachkräften, dass man mit der Berufswahl eigentlich nichts falsch machen kann. Serien wie CSI, die auch viele Mädchen schauen, helfen dabei, das Interesse junger Leute zu wecken. Viele Mädchen sprechen mich auf die Serie an.

Welche Fähigkeiten muss man für die Security-Branche mitbringen?
Ein technischer Hintergrund in Computerwissenschaften schadet nie. Man kann aber auch Karriere machen, wenn man keine reine IT-Ausbildung hat. Am wichtigsten sind analytische Fähigkeiten, mit denen man vier bis fünf nicht offensichtlich zusammenhängende Informationen zusammenführen und daraus seine Schlüsse ziehen kann. Viele Spezialisten haben mittlerweile auch eine militärische Ausbildung und kommen gar nicht so sehr von den Computerwissenschaften.

Immer wieder wird Kritik laut, dass Kinder viel zu wenig in der Schule auf die Gefahren im Web vorbereitet werden. Sollte Cybersecurity Teil des Lehrplans sein?
Ich denke schon, dass Kinder viel früher auf das Thema aufmerksam gemacht werden sollten – einerseits, um sie besser zu schützen, aber auch um ihr technisches Interesse zu wecken. Aber das Thema wird auch später generell vernachlässigt – egal, welches Fach man studiert, ob man eine Ärztin wird oder eine Ingenieurin – der Computer und die damit einhergehenden Sicherheitsrisiken werden im Job später immer eine wichtige Rolle spielen. Das sollte bei jeder Ausbildung berücksichtigt werden.

Was könnten Arbeitgeber tun, um Frauen bessere Chancen zu ermöglichen?
Ein Problem ist, dass selbst die Frauen, die ein technisches Studium vollenden, meist nicht lang in der Branche bleiben. Trotz allem Fortschritt glaube ich, dass es Frauen karrieretechnisch einfach immer noch schwerer haben. Viele Jobs werden gar nicht ausgeschrieben, Männer kommen auch schneller in den Genuss von Beförderungen.

Viele Technologie-Firmen bekennen sich öffentlich dazu, mehr Vielfalt in ihrer Belegschaft und einen größeren Frauenanteil anzustreben. Sind solche Initiativen vergeblich?
Bestimmte Programme existieren meist nur am Papier oder in schönen Worten – in der Realität sieht das leider immer noch ganz anders aus. Man muss junge Frauen folglich umso mehr ermutigen, dass sie selbstbewusst auftreten und ihren Karriereweg einfordern. Flexible Arbeitsoptionen, damit Frauen mit Familie Karriere und Privates leichter unter einen Hut bringen können, wären ebenfalls wünschenswert.

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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