Ertrunkener Bub: Charlie-Hebdo-Karikatur entzweit das Netz
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Der Karikaturist Laurent Sourisseau hat mit einem neuen Werk im Satiremagazin Charlie Hebdo für Schlagzeilen gesorgt. Bildlich gibt er eine Antwort auf die Frage, was wohl aus dem ertrunkenen Flüchtlingskind Aylan Kurdi geworden wäre, würde er noch leben: Po-Grapscher in Deutschland nämlich. Die Darstellung erregt nun die Gemüter im Netz, vor allem auf Twitter.
"Über den Tod eines Kindes und die Köln-Vorfälle sollte kein Satire-Magazin dieser Welt Witze machen", lautet etwa ein Kommentar, der für die eine der diametralen Sichtweisen, die auf Twitter vertreten werden, steht. "Charlie Hebdo prangert mal wieder westliche Doppelmoral an", lautet in etwa die andere Sicht der Dinge.
Stimmungsumschwünge
Vor rund einem Jahr sorgte der Anschlag auf das französische Satiremagazin Charlie Hebdo noch für weltweite Solidaritätsbekundungen. Auf Facebook wurde etwa das Profilbild "Je suis Charlie" ("Ich bin Charlie") massenhaft verbreitet. Die Verteidigung von Meinungs- und Redefreiheit schien der große gemeinsame Nenner aller Online-Kommentatoren. "Was lernen wir aus der Sache mit Charlie Hebdo? Satire ist nur, wenn andere in den Sack getreten werden!" kritisiert ein weiterer Twitter-Nutzer den plötzlichen Umschwung und Stimmungsmache gegen das Satiremagazin.
Während die Flüchtlingskrise 2015 eine noch größere Solidaritätswelle als im Falle des Charlie-Hebdo-Anschlags ausgelöst hat, kehrte nach Bekanntwerden der sexuellen Übergriffe in Köln und anderen europäischen Städten plötzliche Ernüchterung ein, stellt die Frankfurter Rundschau in einem Kommentar fest. Die mediale Berichterstattung läutete einen plötzlichen Umschwung der öffentlichen Meinung ein.
Satire oder Rassismus?
"Erst idealisieren wir an seinem [Anmerkung: Aylan Kurdis] tragischen Beispiel die Flüchtlinge. Dann verteufeln wir sie alle als Grabscher. Dann hätte der Satiriker keine bösen Mächte demaskiert, sondern uns westeuropäische Betrachter. Und eine Haltung, die oft gut gemeint ist, aber nicht immer frei ist von Widersprüchen und manchmal auch nicht frei von Heuchelei", schreibt der Autor Thomas Kröter. Er rät dazu, dem Satiriker Kurt Tucholsky zu folgen, der auf die Frage "Was darf Satire?" mit "Alles" antwortete.
Andere Kommentatoren attestieren freilich eine deutliche Grenzüberschreitung, wenn Satire zu rassistisch sei: "Charlie Hebdo erinnert uns, dass Rassismus in Ordnung ist, wenn du behauptest, dass es Satire ist und Redefreiheit schreist."
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