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Digital Life

Gespanntes Warten auf den nächsten Bitcoin-Hype

Nach dem Hype um Bitcoin Ende 2017 inklusive Preisexplosion und -Absturz hatten viele das Thema abgehakt. Paradoxerweise könnte nun ausgerechnet die Corona-Krise die Wende bringen. Denn in der durch Corona ausgelösten Finanzmarktpanik zeigte sich Bitcoin unerwartet stabil. Zwar stürzte auch der Bitcoin-Kurs analog zur Börse ab, liegt mit rund 8.100 Euro (Stand Freitagnachmittag) aber wieder um 30 Prozent höher als zu Jahresbeginn.

Neuer Hype erwartet

In der Krypto-Welt rechnen jetzt viele damit, dass es zu einer mit 2017 vergleichbaren Rallye nach oben kommt. Auch die Vision, dass ein Bitcoin in einigen Jahren bis zu einer Million Euro wert sein könnte, haben viele Verfechter der Kryptowährung noch nicht aufgegeben.

Dass das Interesse weiterhin groß ist, bestätigt auch Paul Klanschek, Gründer der Wiener Kryptobörse Bitpanda, im futurezone-Interview. „In der volatilen Phase im März und April sind pro Tag 10 Millionen Euro frisches Geld auf die Plattform gekommen. Gerade private Anleger haben den vorübergehend niedrigen Preis als große Chance gesehen. Aber auch von Finanzinstitutionen ist in letzter Zeit extrem viel Geld in den Kryptomarkt geflossen“, erklärt Klanschek.

"Nicht mehr nur Nerds"

Auch wenn der Preis noch verhältnismäßig stark fluktuiere, sei die Situation heute eine ganz andere als 2017. „Seit damals sind Milliarden investiert worden. Die Technologien, die den Kryptowährungen zugrunde liegen, sind enorm weiterentwickelt worden. Die meisten Handelsplätze funktionieren heute so professionell wie die Wall Street. Und selbst große Banken investieren mittlerweile in Bitcoin und vergleichbare Projekte oder bieten es ihren Kunden an“, sagt der Bitpanda-Gründer.

Verändert habe sich auch die Zusammensetzung der Nutzer. „Die Zeiten, als Kryptowährungen etwas für junge Technerds war, sind vorbei. Die meisten unserer User sind jetzt zwischen 35 und 50 Jahren und haben schon ein bisschen Kapital angespart. Auch was die Ausbildung oder die Technikaffinität betrifft, ist das eher ein Spiegel der Gesellschaft“, sagt Klanschek. Lediglich Frauen seien weiterhin stark unterrepräsentiert, was aber auch ein grundsätzliches Problem der gesamten Finanzwelt sei.

„Man kann Bitcoin am ehesten als digitales Pendant zu Gold vergleichen. Menschen suchen stets etwas, was selten und schwer zu reproduzieren ist. Gold hat – wie übrigens auch jede Geldwährung – einen Wert, weil wir Menschen ihm einen Wert beimessen“, sagt Klanschek. Mit Bitcoin verhalte sich das ähnlich, anders als Gold sei es aber unendlich teilbar und könne in ein paar Sekunden als Zahlungsmittel durch die Welt verschickt werden.

Nur 21 Millionen Bitcoins verfügbar

Als größtes Argument für die langfristige Wertsteigerung von Bitcoin gilt der Umstand, dass der Bestand der digitalen Währung auf 21 Millionen Stück begrenzt ist. Knapp 18,5 Millionen Bitcoins sind bereits im Umlauf. Das technische Protokoll sieht zudem vor, dass die Erzeugung neuer Bitcoins über leistungsstarke Computernetzwerke immer aufwändiger wird. Das sinkende Angebot treibt den Preis in die Höhe, so die Theorie.

Alle vier Jahre sorgt ein eingebauter Mechanismus zudem dafür, dass die Belohnung für das Schürfen von Bitcoins halbiert wird. Dieses Ereignis fand zuletzt am 11. Mai statt und ist mit ein Grund, warum viele in der Szene in Kürze - spätestens aber 2021 - mit einer erneuten Preissteigerung rechnen. Doch es gibt auch kritische Stimmen, die vor der spekulativen Natur des Kryptomarkts warnen und die zuletzt enge Preis-Bindung an die traditionelle Börse als Gefahr sehen.

Dass der Preis noch relativ stark schwanke, ist Klanschek zufolge durch die immer noch geringe Marktkapitalisierung zu erklären. „Der gesamte Bitcoin-Markt ist 170 Milliarden Dollar wert – Apple steht an der Börse bei über 1,5 Billionen Dollar. Wenn eine Milliarde in Bitcoin investiert oder veräußert wird – eine Summe, die bei größeren Geldwährungen alle drei Minuten verschoben wird – schwankt der Preis natürlich gleich fünf bis zehn Prozent.“

Gold-Markt als Richtwert

Damit sich Bitcoin als stabile digitale Währung etablieren könne, müsse man über diese Preisfindungsphase hinwegkommen, erklärt Klanschek. Und das wiederum funktioniere nur, wenn man eine 100- bis 1000-fache Marktkapitalisierung erreiche. Als erstes Ziel auf diesem Weg wird in der Krypto-Fangemeinde stets Gold erwähnt, dessen Gesamtwert aktuell bei etwa 10 Billionen Dollar liegt.

Mammutverfahren zu «Goldfinger»-Steuersparmodell

Klar ist auch: Sollte tatsächlich einmal derart viel Geld in die Bitcoin-Währung fließen – etwa weil Großanleger und Finanzinstitute darauf aufspringen – wirken Summen von mehreren Hunderttausend oder einer Million Dollar für 1 Bitcoin nicht mehr völlig verrückt. Zuletzt hieß es, der Bezahldienstleister PayPal wolle seinen 325 Millionen Kunden den Direktkauf von und das Bezahlen mit Bitcoin über seine Plattform anbieten.

"Nie in etwas investieren, das man nicht versteht"

Ein derartiger Markteinstieg würde die Akzeptanz der Kryptowährung mit einem Schlag vervielfachen. Zum Vergleich: Bitpanda, die größte europäische Kryptobörse, verfügt aktuell über 1,2 Millionen Nutzer. Empfiehlt der Bitpanda-Gründer folglich, jetzt massiv in Bitcoin zu investieren? „Die Grundregel lautet: Man sollte nie in etwas investieren, das man nicht versteht. Das endet in der Regel schlecht“, warnt Klanschek.

„Wenn ich mich hingegen mit der Technologie beschäftigt habe, ihre Vorteile und möglichen Risiken verstehe und für mich zu dem Schluss komme, dass sie wohl auch in zehn oder 50 Jahren noch eine Rolle spielen wird, dann ist es vermutlich nicht das blödeste, neben anderen Anlegeformen zumindest einen kleinen Teil meines Portfolios mit Kryptowährungen wie Bitcoin zu bestreiten“, sagt Klanschek.

Der aktuelle Preis spiele in dem Fall dann auch nicht die allergrößte Rolle. Um den Preisschwankungen zu entgehen, könne man auch einen Ansparplan anlegen und Monat für Monat eine kleinere Summe von 25 Euro in Bitcoin investieren.

Warum Finanzexperte Valentin Hofstätter eine Investition in Bitcoin mit einem Casino-Besuch vergleicht, lest ihr am Sonntag auf futurezone.at

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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