Bei der Bundesrats-Enquete zum Thema Digitale Courage wurden Strategien gegen Hass im Netz erörtert.
Bei der Bundesrats-Enquete zum Thema Digitale Courage wurden Strategien gegen Hass im Netz erörtert.
© APA/dpa/Lukas Schulze

Digitale Courage

Tipps: Wie man Hass im Netz entgegnen kann

Barbara, lauf schnell in deinen Safespace und knuddel ein paar Teddys! Und lösch dich!“ Diese Nachricht erreichte mich als futurezone-Redakteurin auf Twitter, als ich von der Bundesrats-Enquete zum Thema „Digitale Courage“ berichtet hatte. Im Zuge der Enquete wurden Strategien diskutiert, wie man mit negativen Kommentaren und Hasspostings im Netz umgehen kann. Denn neben falschen Nachrichten ist auch die Verbreitung von Negativität, Gewalt und Aggression, oft auch im strafrechtlich relevanten Bereich, ein großes Problem in sozialen Medien wie Facebook und Twitter.

Nutzer ignorieren

Zuerst gab ich dem gehässigen Kommentar dieser Person, die nur 14 Fans auf Twitter hatte, eine noch größere Bühne, in dem ich die Nachricht mit meinen fast 4000 Fans teilte. Ich bin auf einen uralten Trick hereingefallen: „Nullen provozieren Accounts, die gut vernetzt sind und vertausendfachen dadurch sofort ihre Reichweite“, schrieb mir ein Besucher der Enquete und gab mir einen guten Tipp: „Lass ihn doch mit seinen 14 Fans allein.“ Damit habe ich eine gute Strategie gelernt: Statt derartigen Kommentatoren die Aufmerksamkeit zu schenken, die sie mit persönlichen Angriffen erreichen wollen, sollte man sie besser ignorieren.

Zusätzlich zur Nicht-Beachtung des Inhalts sollte man derartige Accounts außerdem bei den jeweiligen Plattformen melden. Das führt jedoch nicht immer zum Erfolg. Laut Statistiken aus Deutschland werden bei Twitter nur rund ein Prozent der gemeldeten Nachrichten gelöscht, bei Facebook sind es immerhin rund 45 Prozent.

Account melden

Die Postings der besagten Person sind, obwohl von mehreren Personen bei Twitter gemeldet, auch Tage später noch online. Eine ähnliche Erfahrung musste auch der Ex-Politiker Marco Schreuder machen. Schreuder, der die Enquete zum Thema Digitale Courage mitorganisiert hatte, war auf Facebook mit einem Aufruf zu seiner Erschießung konfrontiert worden. Das entsprechende Posting ist auch 240 Tage nach seinem Erscheinungstermin noch online zu finden.

Doch auch der Ex-Politiker hat bei der Enquete etwas gelernt: „Wenn wieder einer mit Morddrohungen kommt, dann zeige ich ihn an. Auch Anzeigen statt Schweigen ist digitale Courage“, sagte Schreuder der futurezone. Das Posting will er jetzt medien- und strafrechtlich prüfen lassen. Diesen Tipp gab Maria Windhager, Rechtsanwältin für Medien- und Persönlichkeitsschutzrecht.

Beweise sichern

„Am besten, man sichert das Posting sofort, so dass man im Streitfall einen Beleg für das Gericht hat“, so Windhager. Manchmal führe es außerdem zu Erfolg, die Person zur Löschung des Geschriebenen aufzufordern, so Windhager. Der Journalistin Barbara Kaufmann gelang es im Dialog mit einer Hassposterin etwa, dass diese ihre Beschimpfung als „hinterfotziger Schmierfink“ wieder gelöscht hatte. Viele der Wütenden seien sich oft gar nicht bewusst ist, dass sie im Netz in einem öffentlichen Raum agieren und nicht am Stammtisch, so Kaufmann.

Während Politiker im Kontext der Hasspostings gerne fordern, dass die Internet-Plattformen von selbst aktiv werden sollten, sehen dies die meisten Experten eher differenzierter. Die Strafrechtsexpertin Karin Bruckmüller von der JKU Linz riet etwa stattdessen, dass die Portale landesspezifische Informationen bereitstellen sollten, wo und wie man problematische Kommentare melden könne. „Facebook sollte seine Nutzer aktiv darauf hinweisen, dass Gewaltaufrufe und Verhetzung behördlich belangt werden können“, so Bruckmüller. Mehr Hilfestellungen für die Opfer wurden von den Experten mehrfach als Forderung genannt.

Offline-Räume schaffen

Doch Strategien gegen den Hass im Netz dürfen nicht im Netz aufhören. „Das Löschen von Hasspostings bedeutet nicht, dass der Hass gelöscht wird. Wir müssen daher auch Debatte darüber führen, was in der Gesellschaft passiert“, sagte etwa Staatssekretärin Mona Duzdar zu dieser Thematik.

Doch eine Debatte alleine wird wohl zu wenig sein. Sie kann lediglich ein erster Schritt sein, so der Tenor der Experten. Diese stellten bei der Enquete auch zahlreiche Maßnahmen abseits des Strafrechts und der Tipps für die Opfer bereit: „Wir müssen auch Offline-Informationsräume schaffen, die den Abbau von Vorurteilen fördern“, schlug etwa Irmgard Wetzstein, Kommunikationswissenschaftlerin an der Uni Wien, vor. „Zusätzlich braucht es Medien- und Kommunikationskompetenztraining und Aufklärungsprogramme im Bereich politische Bildung. Das geht freilich nicht ohne personelle und finanzielle Ressourcen.“

Bildung, Bildung, Bildung

Auch Maximilian Schubert vom Verband der Internet Service Provider Austria sprach sich bei der Enquete auch für mehr Bildung aus. „So wie Kinder lernen müssen, dass ein böses Wort am Spielplatz Folgen hat und das andere Kind dadurch eingeschüchtert ist, müssen wir lernen, dass auch Postings die gleichen Folgen haben, nur fällt uns all dies viel schwerer, da wir unser Gegenüber nicht sehen.“

Die Bildung, von der Schubert spricht, betrifft im Kontext der Hasspostings aber nicht nur Kinder, sondern uns alle. Denn oft gilt als guter und letzter Tipp an uns selbst: Bevor man im Netz etwas postet, sollte man sich immer überlegen, ob man dieselbe Aussage auch auf einer Riesen-Plakatwand auf einem Haus veröffentlichen würde, mit seinem Namen drunter.

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

mehr lesen
Barbara Wimmer

Kommentare